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Alex Hofmann im Interview

Alex Hofmanns Ausblick auf die MotoGP-Saison 2017

„Stärkste MotoGP aller Zeiten“

Interview: Hannes Kropik / Fotos: Red Bull Content Pool, ServusTV

Alex Hofmann war Testfahrer für KTMs Einstieg in die MotoGP und wird als Experte alle WM-Rennen auf ServusTV kommentieren. Für motorblock.at analysiert der 36-jährige Schwabe schon jetzt die kommende Saison, erklärt die Chancen von KTM und verrät, auf welchen Außenseiter er als Weltmeister wetten würde.

Motorblock: In eine Debüt-Saison startet man ja nicht mit der Ansage: „Wir werden Weltmeister“. Was kann der Anspruch von KTM fürs erste volle Jahr in der MotoGP sein?

Alex Hofmann: Wenn man realistisch ist, und das ist KTM, dann hat man auch realistische Ziele. Ein Projekt wie die MotoGP muss man auf fünf Jahre anlegen. KTM hatte in der Vorbereitung im Vergleich zu anderen neuen Teams ein sehr sportliches Programm: Suzuki hat drei Jahre getestet, bevor es zuletzt richtig losging; Aprilla testet seit zwei Jahren im Rennbetrieb und war davor in der Super-Bike-WM schon auf sehr hohem Niveau unterwegs. KTM hatte relativ wenig Vorbereitungszeit und somit ist die erste Saison eigentlich ein reines Lernjahr.

Das heißt aber auch, dass die zwei Sekunden Rückstand in den ersten Tests nicht weiter beunruhigend sind.

Ganz im Gegenteil! KTM war zum allerersten Mal in Malaysia und das ist eine der längsten Rennstrecken im WM-Kalender. Wenn man irgendwo größere Abstände hat, dann dort. Man darf aber nicht außer Acht lassen: Sie haben eine Mammut-Aufgabe vor sich. Die Konkurrenz hat drei, vier Jahrzehnte Vorsprung an Erfahrung auf höchstem Niveau. Diese Erfahrung kann man nicht kaufen.

Du kennst alle Strecken des WM-Kalenders ganz genau: Wo könntest du dir positive Überraschung durch KTM vorstellen?

Es werden eher die flüssigen, schnellen Rennstrecken sein. Beim Saisonauftakt in Katar muss man abwarten, wie die Reifen mitspielen, aber generell könnte KTM dort schon gut funktionieren. Schwieriger wird es auf den kurvenreichen, komplizierten Strecken wie in Jerez werden, wo die Fahrbarkeit der Maschine gefragt ist. Auf solchen Kursen muss jedes Detail perfekt sitzen.

Ein besonderes Highlight für KTM wird natürlich der Heim-GP am Red Bull Ring sein. Das Rennen findet am 13. August statt, die Saison wird also schon ein Stück fortgeschritten sein – was wird man sich beim Österreich-GP von den Lokalmatadoren erwarten können?

Der Test im Vorjahr war gut, die Rennstrecke liegt dem Bike. Die Maschine wird bis zum Sommer noch viele weitere Evolutionsstufen durchlaufen, aber schon bei den ersten Tests in Spielberg war sie recht schnell. Ich denke, dass KTM vor heimischem Publikum ein gutes Wochenende haben könnte.

Aber die Konkurrenz schläft ja auch nicht …

Fakt ist: Die MotoGP wird 2017 aus technischer Sicht das stärkste Feld aller Zeiten haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass so viele Werke auf so hohem Niveau waren. Die privaten Teams fahren mit 2016er-Ducatis, also mit Bikes, die vergangenes Jahr noch Rennen gewonnen haben! Man kann sich vorstellen, dass es nicht einfach sein wird, gegen Privatteams wie gegen das spanische Aspar-Team (Anm.: mit dem Spanier Alvaro Bautista und dem Tschechen Karel Abraham im Sattel) oder die Avintia-Truppe (mit Hector Barbera) anzutreten. Und was das reine Talent der Fahrer angeht: Wahrscheinlich haben wir nie ein besseres Feld gesehen, mehr Weltmeister sind nie in einer Klasse gefahren und mehr schnelle Motorräder waren nie dabei – deshalb wird es nicht leicht für KTM. Aber: Wenn man gefordert wird, dann rennt man auch schneller. Die Motivation, ganz oben mitzuspielen, ist extrem groß.

KTM hat mir Pol Espargaro und Bradley Smith zwei Fahrer geholt, die im Vorjahr auf Yamaha gefahren sind. War das Kalkül, weil der Umstieg von der Yamaha auf KTM einfacher sein könnte als von anderen Maschinen?

Sie haben sicher die besten Fahrer geholt, die am Markt waren. Die Top-Leute wollen jedes Wochenende um den Sieg kämpfen und sagen: Ihr müsst erst beweisen, dass das Bike siegfähig ist, dann können wir über einen Wechsel reden. Pol Espargaró war vergangenes Jahr einer der besten Privatiers im Feld, Bradley im Jahr davor. Und beide hatten extrem großes Interesse, einmal auf Werksmaterial zu fahren und endlich einmal Werksbetreuung zu bekommen.

Du hast deine Testfahrer-Karriere endgültig beendet und konzentrierst dich während der Saison auf deine Rolle als MotoGP-Experten auf ServusTV. Wie wirst du deine Rolle heuer anlegen?

Im Vorjahr hat sich das Team eingespielt, die Zuschauer mussten sich auch erst an uns gewöhnen und deshalb bin ich bei meinen Themen noch nicht ganz so in die Tiefe gegangen.

Heuer bekommen wir vor und nach den Rennen etwas mehr Sendefläche haben und mein Job wird sein, den Zuschauer der Technik und den Fahrern ein bisschen näher zu bringen.

Du hast ja einen sehr guten Draht zu den Fahrern – in welchen Sprachen kannst du dich mit ihnen unterhalten?

Vor der Kamera auf jeden Fall auf englisch. Das ist die Hauptsprache und gibt meinem Kollegen Christian Brugger die Möglichkeit, schnell zu übersetzen. Und zur Not könnte ich die Interviews auch auf spanisch, französisch und italienisch führen.

Vergangenes Jahr haben wir in der MotoGP neun verschiedene Sieger gesehen, die Weltmeisterschaft war sehr lange sehr spannend. Was wird uns heuer erwarten?

2017 wird von der Spannung her nahtlos an 2016 anschließen, wie ein super Hollywood-Film, der neu gedreht wird – aber tendenziell sogar mit einem besseren Drehbuch. Die neun verschiedenen Sieger werden eine Ausnahme bleiben, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass wir sechs Sieger sehen werden. Das Feld ist auf jeden Fall dichter beisammen als je zuvor.

Wenn wir dir einen Euro in die Hand drücken und bitten, damit für uns auf den Weltmeister 2017 zu wetten: In wen würdest du investieren?

Klar, Marc Maquez gilt es zu schlagen, er ist der Titelverteidiger. Aber wenn wir ein bisschen mehr riskieren wollen: Lass uns doch auf Maverick Vinales setzen, den jungen Teamkollegen von Valentino Rossi. Bei ihm ist die Quote besser und wir könnten vielleicht ein bisschen mehr verdienen …

Die MotoGP-Saison 2017 beginnt am 26. März auf dem Losail International Circuit mit dem Großen Preis von Katar. Alle 18 Rennen werden auf Servus TV übertragen. Highlight aus heimischer Sicht ist der GP von Österreich am 13. August am Red Bull Ring.

Die Konkurrenz hat auf KTM drei bis vier Jahrzehnte Vorsprung.

Ich denke, dass KTM vor heimischem Publikum ein gutes Wochenende haben könnte.

Bernhard Katzinger

War bis 2017 Teil der Motorblock-Redaktion.

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