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Audi Q2 – Vive la Revolution!

Audi Q2

Mit einem kleinen SUV holt man heutzutage niemanden mehr in die Schauräume, da muss man sich schon mehr einfallen lassen. Bühne frei für den Audi Q2.

Text: Thomas Geiger
Das neue Einstiegsmodell für die Q-Familie, geht bei uns im November an den Start. Warum die Präsentation ausgerechnet im sonnigen Kuba stattfindet? Projektleiter Jens Kosyna sieht im Q2 für Audi einen ähnlichen Aufbruch wie man ihn gerade auf der Insel spürt und die jungen Designer aus seinem Team lieben die Kontraste, die sich im Straßenbild genauso wiederfinden wie im Q2 selbst. Schließlich ist der Audi Q2 nicht einfach nur ein weiteres, austauschbares Q-Modell, das sich von Q3, Q5 und Q7 nur durch seine Größe unterscheidet.
Sondern Audi wagt mit diesem Auto tatsächlich einen glaubwürdigen Neuanfang, zeigt endlich mal wieder Ecken und Kanten und lässt sich nicht mehr in eine Schublade pressen. Fast sinnbildlich dafür ist dafür das Polygon – jenes scharfkantige Dreieck auf der hinteren Tür, in dem sich die Tornadolinie teilt und so eine neue Formensprache einführt.  Dass damit die Flanke schlanker wird, die Kotflügel weiter hervortreten und Assoziationen mit dem Ur-Quattro wecken, ist ein gern genommener Nebeneffekt. Und dass sich die neuen Ecken auch im Single-Frame-Grill wiederfinden, könnte zu einer Mode für alle kommenden Q-Modelle werden.

… Audi wagt mit diesem Auto tatsächlich einen glaubwürdigen Neuanfang, zeigt endlich mal wieder Ecken und Kanten …





Auf zu neuen Ufern – das gilt beim Q2 aber nicht nur für die Form, sondern auch für das Format. Denn mit 4,16 Metern Länge ist der Q2 noch einmal 20 Zentimeter kürzer als der Q3 und fällt zudem 15 Zentimeter kürzer aus als der A3 Sportback, mit dem er sich die Plattform teilt. Und auch Konkurrenten wie den Mercedes GLA oder den BMW X1 unterbietet der Q2 um mehr als eine Handbreit und einige Tausend Euro. Kein Wunder, dass Kosnya vor allem den nächsten Mini Countryman als Wettbewerber sieht.

Aber nur, weil der Q2 außen klein und kompakt ist, spart Audi nicht an innerer Größe. In der ersten Reihe fühlt man sich deshalb besser aufgehoben als in einem A3 – was nicht zuletzt an der insgesamt acht Zentimeter höheren Sitzposition liegt. Und selbst in der zweiten Reihe können Erwachsene noch halbwegs ordentlich sitzen, nach dem sie sich erst einmal durch die schmale Tür gezwängt haben. Genau wie beim Kofferraum mit 405 bis 1.050 Litern Fassungsvermögen sticht der Q2 damit auch größere Konkurrenten wie den GLA locker aus.

Auch bei der Ausstattung wird nicht gekleckert, sondern gekotzt. Zwar gibt es den Neuling mit Blick auf den attraktiven Einstiegspreis auch nahezu nackt mit antiquierten Halogen-Scheinwerfern und manueller Sitzverstellung. Doch weil Audi im Kleinwagen längst keine Verzichtserklärung mehr sieht, bedienen sich die Bayern ansonsten ganz oben und packen den Q2 voll mit Technik aus dem Q7. Das gilt für das coole Virtual Cockpit mit seinem riesigen Digital-Display genauso wie für das Heer der Assistenzsysteme, die Musikanlage von Bang & Olufsen, die LED-Scheinwerfer oder das Online-Navigationssystem mit WLAN-Hotspot und kabelloser Ladeschale für das Smartphone: Es gibt kaum ein Technik-Feature, das es nicht gibt im Q2 – selbst wenn sich der Preis damit wahrscheinlich glatt verdoppeln lässt. Und dann sind da ja auch noch die vielen modischen Extras wie die farbigen und zum Teil sogar hinterleuchteten Zierkonsolen oder die unterschiedlichen Abdeckungen der C-Säule, die alle anderen Q-Modelle plötzlich ein bisschen trist und spießig erscheinen lassen.

Während Audi bei der Ausstattung ganz nach oben geschielt hat, schauen die Bayern bei der Fahrdynamik zur Konkurrenz nach München – nicht umsonst spricht Projektleiter Kosyna sogar vom Go-Kart-feeling und spendiert dem Q2 dafür serienmäßig die Progressivlenkung aus dem S3. Dazu die stramme Abstimmung für Federn und Dämpfer, das geringe Gewicht von bestenfalls 1.205 Kilo und einen niedrigen Schwerpunkt – fertig ist der neue Chef-Dynamiker unter den SUV-Zwergen. Allerdings macht Audi nicht den Fehler, Sportlichkeit mit Härte zu übersetzen. Sondern selbst auf den miserablen Straßen von Havanna wahrt der Q2 noch einen gewissen Restkomfort und rumpelt entsprechend sanftmütig durch die vielen Schlaglöcher – spätestens da erscheinen auch die fünf zentimeter mehr Bodenfreiheit sinnvoll, die den Q2 buchstäblich über den A3 heben.

Zu diesem Kompromiss aus knackigem und komfortablem Fahrverhalten passt auch die Motorenauswahl. Schließlich beginnt die Palette mit einem Dreizylinder-Benziner, der aus nur einem Liter Hubraum 116 PS schöpft. Darüber rangiert der 1,4-Liter große TFSI-Motor mit Zylinder-Abschaltung und 150 PS, der bei der ersten Ausfahrt einen ausgesprochen munteren Eindruck macht und wohl den größten Verkaufsanteil erreichen wird. Und an der Spitze steht ein 2,0 Liter großer Turbo, der es auf 190 PS bringt und serienmäßig mit Allrad ausgeliefert wird. Bei den drei Dieseln ist die Leistungsabstufung identisch und auch dort gibt es die stärkste Version obligatorisch als Quattro. Dabei muss es aber nicht bleiben, sagt Projektleiter Kosyna: „Mit dem MQB als Basis für den Q2 haben wir schließlich noch Luft in jeder Richtung.“ Das gilt für rein elektrische Varianten oder einen Plug-In-Hybrid genauso wie für einen SQ2 oder gar einen RSQ2 mit dem 400 PS starken Fünfzylinder aus dem TT RS.

Wendig, handlich und leicht – davon profitiert man nicht nur auf einer kurvigen Landstraße, sondern auch im Stadtverkehr, dem natürlichen Habitat des Q2. So kurz, wie der kleine Kraxler gezeichnet ist und so knackig, wie er sich fahren lässt, surft man mit ihm förmlich durch die Rushhour und zirkelt ihn mit dem kleinen Finger in die Parklücke – wenn man dabei nur ein bisschen mehr sehen würde! Denn die ganze gute Aussicht durch die erhöhte Sitzposition hilft nicht viel, wenn einem hinten die breiten C-Säulen den Blick verstellen. Aber vielleicht ist Rücksicht nicht die wichtigste Tugend bei einem Auto, das vor allem den Aufbruch markieren und den Blick nach vorne richten soll. Und zumindest bei der Jungfernfahrt in Havanna gibt es außer Schmutz und Elend ohnehin nicht viel zu sehen.

Rainer Behounek

War bis 2017 Teil der Motorblock-Redaktion.

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