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BMW M5: Power-Business

Allrad-M

Power-Business im BMW M5

Der Terminkalender quillt über, die Kollegen wollen nicht spuren und die Aktienkurse kommen auch nicht aus dem Keller – als Manager hat man es auch nicht leicht, seine gute Laune zu behalten. Es sei denn, man ist BMW-Fahrer, hat rechtzeitig seinen Kaufvertrag unterschrieben und bekommt demnächst seinen neuen M5. Denn als ultimativer Business-Express mit 600 PS, 750 Nm und bis zu 305 km/h schafft er nicht nur ein bisschen Freiraum zwischen den Terminen, sondern kann auch einer einsamen Landstraße oder gar einer Rennstrecke auch die nötige Entspannung vom harten Job des Entscheiders bringen.

Von Thomas Geiger
Und weil BMW endlich dem Beispiel von Audi und Mercedes folgt und den M5 erstmals mit Allradantrieb bestückt, geht das jetzt erstens das ganze Jahr und zweitens mit deutlich weniger Risiko. „Nur so kann man das volle Potential unseres weiterentwickelten 4,4-Liter-V8-Motors jederzeit und überall bedenkenlos genießen“, sagt Frank van Meel, der die Scharfmacher anführt und den Sinneswandel zu verantworten hat.
Das neue System nennen sie in Garching M xDrive und machen damit nicht nur auf dem Heckdeckel ihre Eigenständigkeit deutlich. Denn statt einfach die Standardsoftware des Fünfers zu übernehmen, haben sie das Steuergerät neu programmiert und zur zentralen Schaltstelle für den maximalen Fahrspaß aufgerüstet. Bis zu 4.000 Stellgrößen von der Längssperre nach der achtstufigen Automatik über die Quersperre an der Hinterachse bis zur Kennlinie des Gaspedals werden nun alle fünf Millisekunden ausgelesen und mit einer völlig variablen Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse so optimiert, dass man das Potential des M5 jederzeit optimal auskosten kann. „So kombinieren wir die Agilität und Präzision des Standardantriebs mit der Souveränität und Traktion des Allradantriebs,“ sagt van Meel: „Damit lässt sich der neue BMW M5 sowohl auf der Rennstrecke wie auf der Straße auch bei besonderen Witterungsbedingungen gewohnt sportlich und zielgenau dirigieren.“
Die erste Testfahrt gibt dem M-Chef recht: Egal ob kurvige Landstraße mit feuchtem Asphalt, eine trockene Passroute im Mittelgebirge oder die linke Spur einer leeren Autobahn – auf der Geraden stürmischer denn je, fühlt sich der M5 in Kehren und Schikanen immer und überall bisschen sicherer an, ohne dass der Spaß auf der Strecke bleibt. Man kann vor Kurven etwas später bremsen, sich enger an den Innenrand herantrauen und nach dem Scheitelpunkt früher wieder aufs Gas steigen, ohne dass die Kehrseite der Limousine ein gefährliches Eigenleben entwickelt. „Das schafft im Alltag das nötige Vertrauen in so einen leistungsstarken Antrieb und bringt auf der Rundstrecke wertvolle Zeitvorteile“, sagt van Meel, der nichts vom Wettrüsten bei Leistung und Beschleunigungswerten hält. „Von 0 auf 100 beschleunigt man bei einem Rennen nur einmal, doch von der besseren Querdynamik profitiert man in jeder Kurve.“ Trotzdem muss man auf den Kick beim Kickdown natürlich nicht verzichten: Immerhin absolviert der M5 den Standardsprint im besten Fall in 3,4 Sekunden und wem der Mut oder die Gerade nicht ausgeht, der kann mit dem M Drivers-Package auf bis zu 305 km/h beschleunigen. Dass allerdings auch das nur ein willkürlicher Wert ist und man aus dem M5 noch viel mehr rausholen kann, zeigen die Kollegen von Alpina. Dort heißt der M5 B5 und schafft sogar 330 Sachen.
Nach schon jetzt über zwei Jahren Entwicklung und Abstimmung hat BMW für den M xDrive zwar eine Abstimmung gefunden, die eigentlich immer passt. Erst recht für eine potente Business-Limousine, die vom Nürburgring in der Regel doch nicht mehr sieht als den VIP-Parkplatz. Doch weil immer ein bisschen Playstation mitspielt bei solchen PS-Protzen und weil man dem Kunden zumindest das Gefühl lassen will, er wisse und könne es besser als die Elektronik, gibt es gleich fünf unterschiedliche Modi für das Zusammenspiel der beiden Antriebsachsen und die Gewichtung bei der Kraftverteilung.
So lässt sich der Spaß schon im Standardmodus mit einer etwas längeren Leine für ESP & Co steigern, man kann die Kraftverteilung im Setup 4WD Sport ein wenig weiter nach hinten verlagern und parallel dazu den Einfluss der Stabilitätssysteme beschränken. Und man kann den M5 auf Knopfdruck ein paar Generationen zurückversetzen und ihn sehr zur Freude seines Reifenhändlers zu einem reinen Hecktriebler ganz ohne elektronisches Fangnetz machen. Werden die Schwimmwinkel dabei Schritt für Schritt etwas weiter und der Einfluss des Gaspedals auf die Lenkung etwas größer, wird die Limousine dann zu einem quirligen Querschläger, der keinen Spaß mehr versteht und dafür umso mehr Spaß bereitet.
Dann allerdings fährt man mit erhöhtem Risiko und empfindet den neuen M5 viel ungestümer und weniger gut beherrschbar als seinen Vorgänger – obwohl sich die beiden in der Theorie plötzlich ganz nahe sind. Vor allem aber lernt man die Limousine dann plötzlich aus einer neuen Perspektive kennen. Und das kann man ganz wörtlich nehmen: Denn spätestens wenn man das Heck im Seitenfenster statt im Rückspiegel sieht, so langsam aus der Kurve getragen wird und am Ende der Testfahrt froh ist, wenn man den Schaden mit einem Rechen und einem Rasenmäher wieder gerade ziehen kann, weiß man, dass Allradantrieb bei 600 PS und mehr als 700 Nm wirklich keine schlechte Idee sind.
Power ohne Ende, mit dem Allradantrieb bestens beherrschbar und auf Knopfdruck trotzdem im höchsten Maße vergnüglich und fordernd und dazu ein Design, das mit seiner Kraft zwar nicht hinter dem Berg hält, aber anders als etwa ein E63 von Mercedes-AMG noch immer der Business-Etikette entspricht und auch auf dem Vorstandsparkplatz nicht peinlich ist – so wird der M5 zur ultimativen Geschäftslimousine und zum vielleicht faszinierendsten Firmenwagen dieser Zeit. Doch die Sache hat wie so oft einen Haken: Den Preis. Denn man muss schon richtig großes Business machen, wenn man sich die 117.900 Euro leisten will.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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