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Genf 2015 – Klasse trifft Masse

Der Motorblock-Messerundgang am Genfer Autosalon 2015

So bunt war das Feuerwerk schon lange nicht mehr: Die Autobranche ist im Aufwind und feiert auf dem Genfer Salon eine PS-Party ohne Gleichen

Text: Thomas Geiger / FJS
Beflügelt von guten Absatzzahlen, niedrigen Kreditzinsen und Benzinpreisen in der Baisse schießen die Hersteller beim Branchengipfel in der Schweiz aus vollen Rohren und geben sich so selbstbewusst wie nie zuvor. Und zum ersten Mal seit langem gilt das fast ohne Einschränkung: Waren es zuletzt vor allem die Luxusmarken und Premiumhersteller, die allen Konjunkturzyklen trotzen konnten, reicht der Optimismus diesmal durch alle Segmente. Klasse trifft Masse, lautet deshalb das Motto, wenn brandheiße Kleinwagen wie der Opel Karl auf Supersportwagen wie den Audi R8 treffen und Showcars wie der handliche Nissan Sway ähnlich viel Aufmerksamkeit genießen wie ein eleganter Mittelklasse-Kombi von Kia oder der Prologue als Luxus-Avant am Audi-Stand.

Genf 2015 ist Sport: Jede Menge Leistung

Am meisten Aufsehen erregen natürlich trotzdem die Neuheiten mit jeder Menge Leistung – von denen es vor allem IM VW-Konzern viele zu feiern gibt. Nicht umsonst stellt Audi auf dem Salon die zweite Generation des R8 ins Rampenlicht. Porsche baut zwar mittlerweile mehr Gelände- als Sportwagen, beweist aber mit straßenzugelassenen Rennversionen wie dem Cayman GT4 und dem 911 GT3-RS, dass die Marke ihre Herkunft nicht vergessen hat. Und Lamborghini sichert sich mit dem Aventador Superveloce einen weiteren Superlativ. Denn stärker und schneller als der 750 PS-Bolide für die Liga 350+ war bislang kein anderes Serienmodell. Dazu noch Neuheiten wie die Corvette Z06, den überarbeiteten Ferrari Italia mit Turbo-Power oder der McLaren 675 LT und waschechte Rennwagen wie der Mercedes AMG GT3 oder der Aston Martin Vulcan – schon hat man ein heißes Stechen im PS-Quartett beisammen.

Auch Luxus steht in Genf wieder hoch im Kurs: Für alle, die bei Preisen jenseits von 100 000 Euro zur Leistung auch einen gewissen Komfort und etwas Distanz zum schnöden Volk erwarten, gibt es deshalb zum Beispiel am Mercedes-Stand die auf 6,50 Meter gestreckte Pullman-S-Klasse oder den auf mehr als zwei Meter aufgebockten G 500 4x4hoch2.

Genf 2015: Brot und Butter

Zwar mögen Sportler und Luxusliner in der Publikumsgunst ganz vorne stehen. Doch die eigentlichen Stars des Salons sind die vielen neuen Brot- und Butter-Autos, die bald das Straßenbild prägen werden. Dazu zählen Großraumlimousinen wie der neue VW Touran oder der Gran Tourer auf Basis des Zweier BMW genauso wie Geländewagen vom Stil eines Seat 20V20, der als etwas gestreckter Vorbote des ersten spanischen Serien-SUV gilt. Und dazu zählen Kleinwagen wie der Opel Karl oder das Hyundai i20 Coupé. Aber auch das Bürgertum schmückt sich mit ein bisschen Glanz und Gloria. Für den neuen Luxus in der Mittelklasse steht deshalb der noch einmal deutlich aufgewertete Skoda Superb und für die Lust an der Leistung stehen Messepremieren wie ein 320 PS starker Ford Focus RS, ein Opel Corsa OPC mit 207 PS oder ein Honda Civic Type R, der es auf für einen Fronttriebler ziemlich grenzwertige 310 PS bringt.

Zwar mögen Sportler und Luxusliner in der Publikumsgunst ganz vorne stehen. Doch die eigentlichen Stars des Salons sind die vielen neuen Brot- und Butter-Autos, die bald das Straßenbild prägen werden.





Genf 2015. Im Westen nichts neues.

Während die deutschen Hersteller und ihre ausländischen Töchter groß auffahren, sieht es bei den anderen Auto-Nationen nicht ganz so rosig aus: Volvo zehrt noch vom Neuheitenwert des XC90, Jaguar-Land Rover gönnt sich mit dem Facelift für den Evoque eine kleine Verschnaufpause und launcht immerhin die endgültige Produktionszusage für das erste SUV-Cabrio beim Evoque, bevor die Pace schon zur New York Autoshow wieder anzieht und Aston Martin sendet mit einer eigenwilligen Cross-Over-Studie mal wieder ein Lebenszeichen. Doch sieht man einmal vom Qashqai-Klon Kadjar bei Renault ab, haben zum Beispiel die Franzosen nur ein paar dünne Modellpflegen zu bieten, und aus Italien gibt es gar keine Neuheiten.

Auch die Asiaten wirken lange nicht so stolz und souverän wie die deutschen Hersteller: Ein Facelift für Auris und Avensis bei Toyota, eine Kleinwagenstudie bei Nissan, zwei kompakte SUV-Vsionen bei Lexus und Infiniti, der dritte Premierenaufguss für Civic Type-R und Jazz bei Honda und die Europa-Premiere des CX-3 bei Mazda – das reicht allenfalls für die zweite Liga. Und während Hyundai mit dem neuen Tucson groß auffährt und VW schon mal vorab die Tiguan-Premiere im Herbst versaut, muss auch Kia offenbar erst einmal durchschnaufen und zeigt nur die Studie eines kommenden Optima Kombi.

Genf 2015: Ein paar Überraschungen

Starke Deutsche, nicht ganz so starke Marken aus dem Rest der Welt und Premieren, die schon seit Wochen durch die Gazetten geistern – also eine Motorshow wie jede andere? Nicht ganz. Denn nicht nur die Stimmung in Genf ist besser als in den Jahren zuvor. Sondern sogar für ein paar Überraschungen hat es noch gereicht. Zwar nicht bei der Comeback-Marke Borgward, weil die tatsächlich statt neuer Modelle nur ihr neues Logo gezeigt hat. Aber einen neuen, kleinen Sportwagen von Bentley, der in drei vier Jahren zum meistverkauften Modell der Marke werden könnte, hatte man genauso wenig auf den Zettel wie ein luxuriöses Coupé von VW, das die Lücke zwischen Passat und Phaeton schließen soll: Klasse trifft Masse auch da – allerdings diesmal mit umgekehrten Vorzeichen

Franz J. Sauer

Liebt Autos, weiß auch ein bissl was, schwurbelt schön drum herum und springt für SUV in die Bresche.

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