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Infiniti Q50: Was der Bauer nicht kennt

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Infiniti Q50: Was der Bauer nicht kennt

Mit dem Infiniti Q50 will Nissans Nobelmarke den Platzhirschen im Mittelklasse-Limousinen-Segment aus München, Stuttgart und Ingolstadt den Rang ablaufen. Was die Japaner dabei besser machen und wo sie sich durchaus etwas von der deutschen Konkurrenz abschauen könnten, klärt unser Test.

Text: Maximilian Barcelli

Oh ja, schon beim ersten Blickkontakt stach uns das emotionale, exzentrische Exterieur-Design des Infiniti Q50, der uns mit V6 und Elektromotor zwei Wochen lang beglückte, ins Auge. Eine zarte Linienführung zieht sich über das gesamte Vehikel, Sicken lassen sich allerorts finden. Dennoch sieht der Q50 nicht gezwungen futuristisch aus, wie man es ja von einigen anderen asiatischen Hersteller gewohnt ist. Nein, die gehobene Mittelklasselimousine von Infiniti macht einfach eine schlanke Figur, ohne dabei zu aufdringlich zu werden. Auch ein Wiedererkennungswert ist gegeben. Ob der hübsche Knick in der C-Säule oder der markentypische Grill: Man identifiziert den Q50 eindeutig als Infiniti – vorausgesetzt, die Marke ist einem überhaupt bekannt.
Denn im Jahr 2017 wurden in Österreich lediglich 47 Modelle des Herstellers neuzugelassen. Zum Vergleich: 33 Lamborghinis wurden letztes Jahr hierzulande neuzugelassen und Bentley konnte sogar 73 Neuzulassungen verbuchen. Sogar SsangYong schlägt die Nobelmarke von Nissan um Längen. Doch dass Infiniti dem Durchschnitts-Österreicher relativ unbekannt ist, war uns nicht erst beim Durchforsten der Statistik Austria klar. Ein Strafzettel, in dem angeben wurde, dass unser „Tesla“ ohne Parkschein in der Kurzparkzone stehe, war schon so ein erstes, klitzekleines Indiz.
Also nein, die Nobelmarke von Nissan kennt man hierzulande nur bedingt. Doch ist Exklusivität ja eigentlich kein Nachteil, ganz im Gegenteil. Die Leute drehen sich um und fragen sich, welcher blaue Blitz denn da gerade an ihnen vorbeigezogen ist (Wir stellen uns das zirka so vor: „He, den feschen Tesla do grod gsehn?“ „Des woa kana! Host ihn Motor ned gheat?“). Dass tun die Menschen bei 3er BMW, Audi A4 oder Mercedes C-Klasse bestimmt nicht.
Also der Infiniti Q50 macht optisch eine schlanke Figur und kann mit Exklusivität punkten – doch auch der Motor hat sechs gute Argumente in petto. Auf so vielen Zylindern rennt der Benziner, den wir zum Testtanz baten, nämlich, was nach etlichen 4-Zylinder-Motoren wieder mal ein privates Vergnügen war. Der Sound war auch hübsch anzuhören. An Längsdynamik mangelt es dem Allradler, welcher neben V6 auch noch einen E-Motor intus hat, der sein Drehmoment ab Drehzahl Null liefert, kaum. In 5,4 Sekunden preschen die 364 Pferde die Limousine von 0 auf 100, an der Ampel braucht man sich also nicht verstecken. Auf der kurvigen Bergstraße schon.
Denn wirklich sportlich zu fahren ist der Infiniti Q50 nicht. Die Elektronik regiert totalitär und lässt selbst (halb)ausgeschalten sehr wenig zu. Dass der Verbrenner sogar im Sportmodus immer und immer wieder seine Arbeit niederlegt und den E-Motor alleine hackeln lässt, zeigt, dass ein Sportmodus nicht gleichbedeutend mit sportlichem Fahrverhalten ist.
Unterm Strich hatten wir im Q50 dennoch Freude am Fahren. Nicht ganz so viel, wie in Fahrzeugen des Herstellers, der diesen Slogan in die Welt gerufen hat, aber es war schon okay. Der Infinit Q50 ist eben mehr der ruhige Gleiter, denn der impulsive Hetzer. Was sich auch bei der Lenkung wiederspiegelt: Die gibt nur sehr bescheiden Feedback und ist eben auch eher auf Bequemlichkeit getrimmt.
Etwas abgestaubt müsste das Interieur werden. Zwar sind die zwei Touch-Displays recht praktisch, weil man sich beispielsweise für das Wechseln des Radiosenders nicht von der Navigation abwenden muss, nur hätte es ein einziger, großer Bildschirm inklusive Splitscreen-Funktion auch getan und dabei sogar eine bessere Figur gemacht. Das schnellste Infotainmentsystem findet man auch wo anders. Über die Materialien, die den Innenraum zieren, waren wir allerdings begeistert: Sehr hochwertig!
Mit einem edlen Innenraum, einem exzentrischen Exterieur und feiner Hybridtechnik, die den Verbrauch auch bei forcierter Fahrweise trotz 3,5 Liter Hubraum auf unter 10 Litern/100 km hält, stellt der Infiniti Q50 eine spannende Alternative abseits des Mainstreams dar. Ganz mit der deutschen Konkurrenz mithalten kann er dann, zumindest was das Fahrverhalten angeht, doch nicht. Dafür aber mit einem üppig ausgestatteten Einstiegsmodell. Preis? Ab 40.285 Euro beginnt das exklusive Vergnügen.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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