FeatureTest

Land Rover of the Free

Mit einem großen Geländewagen durch die USA zu fahren ist so etwas wie die Essenz von purer Freiheit. Eine Mischung aus Schwermütigkeit und Abenteuer – ein Roadmovie, wie es im Buche steht.

Text: Gregor Josel

Früher war alles besser! Wie oft habe ich diesen Satz schon gehört. Von den verschiedensten Erna- bis Mitzi-Tanten, aber spannenderweise auch des Öfteren von durchaus jüngeren Leuten in meinem Alter. Wobei, jung? Okay, lassen wir das. Jedenfalls stelle ich mir in letzter Zeit immer öfter die Frage, ob das denn wirklich wahr ist. War früher tatsächlich alles besser? Ich glaube nämlich nicht. Es war vielleicht alles nicht so schnelllebig wie heute, aber das muss nicht unbedingt positiv sein. Diktatoren und solche, die es werden wollen, entlarvt man heute dank Social Media wesentlich schneller als noch vor 50 Jahren, und auch der Lobbyist hat’s heute deutlich schwerer als damals, unentdeckt dahinzuwurschteln.

Was früher auf keinen Fall besser war, sind Autos. Ich erinnere mich noch an die erste Version des Land Rover Discovery, der im Jahr 1989 als Zwischenschritt zwischen dem rustikalen Defender und dem Luxus-Geländewagen Range Rover auf den Markt geworfen wurde. Für damalige Verhältnisse war er ja recht hübsch und vielseitig. Aber was das Fahren betraf, fühlte man sich da eher wie auf einem wankenden Passagierschiff, so weit oben lag der Schwerpunkt. So gesehen hat der damalige Disco auch gut zu Amerika und seinen elendslangen Geraden gepasst, auf denen man sich ums Kurvenfahrverhalten nur wenig Sorgen machen musste. Damit hat der brandneue Discovery rein gar nichts mehr zu tun. Um ehrlich zu sein, hat die neue Generation auch nicht mehr viel mit dem direkten Vorgänger zu tun, außer dass sie sich den Namen teilen und der Disco 4 ebenfalls über sieben Sitze verfügte, diese aber auf rund 14 Zentimeter geringerer Fahrzeug- länge unterbringen musste. Dementsprechend höher ist der Sitzkomfort in der dritten Reihe im neuen Disco 5, was Knie- und vor allem Kopffreiheit betrifft.

Für die Präsentation des neuen Disco hat sich Land Rover einen Roadtrip durch Utah und Arizona ausgesucht, und das ist auch nicht weiter verwunderlich. Denn der neue Discovery passt als Fullsize SUV perfekt zum American Way of Life und will künftig auch in den einheimischen Gewässern von Chevy oder Cadillac fischen, also den Einstieg in die luxuriöse Oberklasse-SUV-Welt der Briten preislich erleichtern. Denn den Gap zwischen den Range Rovers und der Discovery-Reihe hat der neue Disco nicht nur optisch erheblich verkleinert.

Trotz wesentlich gefälligerer und dynamischerer Optik als zuletzt ist der neue Discovery aber auf keinen Fall eine weichgespülte Evolution seines Vorgängers. Ganz im Gegenteil. Die unendlichen Weiten der Highways zwischen Utah, Arizona und Kalifornien nimmt er souverän und bequem. Auf dem Weg in Richtung des nicht enden wollenden Horizonts lässt man sich vom Bordentertainment berieseln, genießt die Aussicht vom hohen Ross und hört dem Motor beim entspannten Dahinblubbern zu.

Egal ob Vier- oder Sechszylinder, das Kilometerfressen beherrscht er perfekt. Dank erheblicher Gewichtsreduktion von bis zu 480 Kilogramm wuselt der neue Disco aber auch dynamischer denn je durch kurviges Terrain.

Vorbei an unzähligen Trailerparks und kleinen Städten, deren urbane Highlights oft nur aus Filialen von McDonald’s, Wendy’s oder Subway bestehen, geht es durch beeindruckende Landschaften, die man einfach selbst erlebt haben muss. Denn kein Foto und keine Erzählung können auch nur ansatzweise beschreiben, wie die ewige Weite dieses Landes von einem Besitz ergreift und sich in einer Mischung aus Schwermut und Entdeckertrieb äußert. Wie muss es für die Siedler wohl gewesen sein, als sie sich von Osten aufmachten, um das Land zu erforschen, ohne zu wissen, was sie erwartet und wie viele tausend Kilometer noch vor ihnen liegen? Doch wo Handysignale versagen und das Ende der Wüste am Horizont nicht mehr erkennbar ist, dort fühlt sich der neue Discovery ebenso wohl wie auf dem Highway oder in einer der US-Metropolen. Dank des vollautomatischen Terrain-Response-Systems hat man auch nicht mehr allzu viel zu tun. Einzig das Gaspedal gilt es behutsam zu betätigen, den Rest erledigt der Disco von ganz alleine. Ob im heavy Offroad-Modus auf nacktem, heißem Fels oder auf nassem Dünensand: Der Discovery ist praktisch nicht zu stoppen.

Ein passendes Feature für echte Eroberer ist jedenfalls auch das neue Activity-Armband, das man als modisches Wristband tragen kann und das bei sportlichen Aktivitäten den Schlüssel des Discovery ersetzt, ohne dass man selbigen irgendwo wasserdicht verstauen müsste. Mit all seinen neuen Features, wie dem frei konfigurierbaren Touchscreen mit Online-Navigation und App-Store oder dem WLAN-Hotspot für bis zu acht Endgeräte, den neun USB-Buchsen und sechs 12-Volt-Anschlüssen oder einer Smartphone App, mit der man die Sitze im Auto sogar vom Bildschirm des Handys aus umlegen kann, ist der neue Discovery nun auch endgültig im Zeitalter der digitalen Eroberer angekommen. Eroberer, die all die neue tolle Technik zu schätzen wissen, aber im tiefsten Inneren ein Auto an ihrer Seite wissen wollen, das sie niemals hängen lässt. Egal ob es gerade WLAN- Empfang gibt oder nicht.

:Infoporn
Land Rover Discovery 2,0 TD4
Hubraum: 1.998 ccm
Leistung: 180 PS
Verbrauch: 6,0 l / 100 km
Drehmoment: 430 Nm
Beschleunigung v. 0-100 in: 6,3 Sek.
Spitze: 189 km/h
Gewicht: 2.174 kg
Preis: ab 56.950 Euro





Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

Weitere Beiträge

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"