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Mit Rex wie König: SsangYong Rexton

Neuer Angriff der Klonkrieger

Mit Rex wie König: SsangYong Rexton

von Thomas Geiger

Rodius, Actyon, Kyron – wenn überhaupt, dann hat Ssangyong bei uns bislang mit seinem schrägen Design von sich Reden gemacht. Doch das ist jetzt über ein Jahrzehnt her und seit der kleinste der vier koreanischen Hersteller vor fünf Jahren den Neustart in Europa gewagt hat, geht es in kleinen Schritten steil bergauf: Die Modelle werden wie zuletzt der Tivoli und der XLV ansehnlicher, das Händlernetz wächst und die Zulassungen klettern langsam aber stetig. Auch in Korea registriert man den Aufwärtstrend, meldet global ein zweistelliges Wachstum, peilt für dieses Jahr immerhin eine Gesamtproduktion von 160 000 Fahrzeugen an und träumt vom Aufstieg in die nächste Liga. Diese Hoffnung ruht vor allem auf dem neuen Rexton, der jetzt seine Weltpremiere auf der Motorshow in Seoul feiert und bei uns zum Jahresende in den Handel kommt.

Das SUV-Flaggschiff der vom indischen Mahindra-Konzern gesteuerten Koreaner, dessen Namen Exportchef Daniel Rim als „irgendwas mit König“ übersetzt, wächst dafür buchstäblich über sich hinaus. Die vierte Generation streckt sich um zehn Zentimeter und kratzt nun mit 4,85 Metern beinahe schon an der Oberklasse der Geländewagen. Diesen Eindruck vermittelt das als Fünf- oder Siebensitzer lieferbare SUV, das selbstbewusst auf 20-Zöllern steht, zumindest auf den ersten Blick auch im Innenraum: Schmucke Leder mit auffälligen Nähten, hochwertige Kunststoffe und ein 9,2 Zoll großer Touchscreen stechen bei der ersten Sitzprobe ins Auge. Und auf der Ausstattungsliste finden sich nun tatsächlich Positionen wie neun Airbags, eine Spurführungshilfe, eine Notbremsautomatik oder eine Verkehrszeichenerkennung. Und ja, auch die Smartphone-verrückten Koreaner können jetzt Apple CarPlay oder Android Auto.

Unter dem Blech folgt allerdings eine gewisse Ernüchterung: Dass der Rexton auf einem klassischen Leiterrahmen steht, mag man den Koreanern noch durchgehen lassen. Schließlich reklamieren sie für sich genau wie Jeep in den USA und Land Rover in England als reine SUV-Marke ernsthaftere Absichten als Kia & Co und wollen sich nicht mit halbgaren CrossOvern zufriedengeben. Deshalb gibt es für den Rexton auch eine echte Untersetzung und als Alternative zum Allrad den klassischen Heckantrieb. Doch die Motoren wollen irgendwie nicht so recht Aufstiegsplan passen. Denn der bekannte 2,2 Liter Diesel leistet mäßige 178 PS und wenn im Frühjahr 2018 ein 2,0 Liter Turbobenziner folgt, ist bei etwa 220 PS Schluss. Das ist zu viel für einen niedrigen Verbrauch und zu wenig für hohe Geschwindigkeiten. Erst recht nicht, wenn Rim zu den direkten Konkurrenten neben dem Ford Edge oder dem Hyundai Santa Fe auch den Land Rover Discovery zählt.

Den Preis für die Aufstiegsphantasien zahlt zum einen Mahindra. Schließlich haben die Inder ihrer Tochter 900 Millionen Dollar bewilligt, mit denen neben dem Rexton noch ein davon abgeleiteter Pick-Up, der nächste Korando in der Klasse darunter sowie für das Jahr 2020 ein elektrisches SUV entwickelt werden sollen. Und zum anderen werden ihn die Kunden zahlen müssen – auch in Deutschland. „Denn den Einstieg von 27 190 Euro werden wir wohl kaum halten können“, heißt es beim Importeur und unter der Hand hört man, dass sie froh sind, wenn der Preis zumindest unter 30 000 Euro startet.

Natürlich fehlen dem Rexton ein paar Gimmicks, die ihm zumindest den Anschluss ans Mittelfeld sichern könnten, von einem Aufstieg in die Spitzengruppe des Segmentes ganz zu schweigen. Denn man muss gar nicht zu den Premium-Marken zählen, damit zum Beispiel LED-Scheinwerfer oder eine automatische Abstandsregelung erwartet werden. Und alternative Antriebe oder zumindest ein bisschen mehr Leistung würden auch nicht schaden.

Doch für einen Ssangyong ist der königliche Kraxler nicht nur ausgesprochen gut ausgestattet und mit dem großen Touchscreen oder dem kreuzweise gesteppten Leder nobel ausgeschlagen. Sondern vor allem sieht er gemessen an Rodius & Co mit einem gefälligen Gesicht und stark konturierten Flanken sogar richtig gut aus. Und ist erst der Anfang einer kleinen Stilrevolte aus Korea. Denn seit gut einem Jahr gehört dem Mutterkonzern Mahindra auch das legendäre Designstudio Pininfarina, das sich nun verstärkt um Ssangyong kümmern und dem gerade mal 100 Mann starken Designteam in Pyoentaek unter die Arme greifen soll. Die Zeit der hässlichen Autos dürfte damit dann wohl bald endgültig vorbei sein.

Bernhard Katzinger

War bis 2017 Teil der Motorblock-Redaktion.

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