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Motorblock fährt Seat Leon ST Cupra – Lustlaster

Motorblock fährt Seat Leon ST Cupra

Bosko, der Wachauring und der Seat Leon ST Cupra.

Text: Bosko Andjelic (@donbosko)
„Nein, die schwächere Ausführung (265 PS – z.B. in Deutschland lieferbar, Anm.) des Leon ST CUPRA nehmen wir gar nicht in Österreich“. Mag. Wolfgang Wurm, Geschäftsführer Seat Österreich, weiß, wie er sich uneingeschränkte Aufmerksamkeit der versammelten österreichischen Journaille sichert. Und dieses inhaltlich markige, jedoch – seinem unprätentiösen Naturell entsprechend – en passant eingeworfene Statement passt gut ins Bild. Seat darf einfach mehr. Innerhalb des VW-Konzerns, sei der Vollständigkeit halber hinzugefügt. Das gestaltet die Sache noch respektabler und zahlt kräftig auf den Erfolg der Marke in den letzten Jahren ein.

Testsiege und Verkaufsrekorde allenthalben, wobei die Heimat großer Söhne UND Töchter (Aufwachen, die Herren Gabalier und Hirscher!) eine Spitzenposition einnimmt: unsere 4,6% Marktanteil werden in Europa nur von Spanien (Heimvorteil, eh klar) und Portugal geschlagen. Der Seat Leon ist bei uns so etwas wie die Marken-Wunderwaffe – mehr Verkäufe als beim kleinen Bruder Ibiza sprechen eine deutliche Sprache hinsichtlich des automobilen Wohlstands in unserem Land.

Ein nennenswerter Prestige-(PR-)Erfolg gelang bereits der Flotten-Abteilung der Spanier, die eine namhafte Anzahl an Leon ST-Modellen in die italienische Polizia Stradale, den Carabinieris, reinverkaufte – ein echter upper cut für Alfa Romeo, das die Giulia angesichts solcher Nachrichten eigentlich nicht schnell genug auf den Markt bringen kann. Und dass Seat als Marke in Deutschland dieses Jahr die 100.000er-Marke knacken dürfte, unterstreicht weiters die Vielzahl der richtigen Entscheidungen, die derzeit vom Seat-Management getroffen werden.
Es steht außer Frage, dass der spanischen Ableitung der bei uns höchst erfolgreichen Konzerncousins Golf Variant und Octavia Kombi, selbst entgegen Kompakt-SUVlastiger Trends wohlwollende Anerkennung zuteilwerden wird – die angeschärfte, ab sofort verfügbare CUPRA-Variante, quasi Lustlaster der Baureihe, soll die langgehegte Tradition rasanter Kombis im Konzern fortsetzen. Pikanterweise wurde diese Rolle ja ursprünglich dem Herrn der Ringe zugedacht – man erinnere sich an die linksspurbeheimateten Kombiflitzer der Neunziger- und Nuller-Jahre. Audi ist auch soignierter und reifer geworden, luxuriöser und teurer ebenfalls. Exakt hier tut sich eine interessante Lücke auf, die Seat innerkonzernlich gut zu besetzen scheint und mit 35 bis 40% Anteil an den Leon CUPRA Verkäufen wird der Kombivariante auch dementsprechendes zugetraut. Zutrauen tut er sich selbst einiges, der Chili-Transporter – und das gänzlich zu Recht, wie 280 höchst dienstbereite Pferde in Kombination mit 350Nm Drehmoment, die knapp über Leerlauf-Drehzahl permanent bis in die hohen Fünftausender anliegen, unterstreichen. Maschin´!

Wir haben es hier mit keinem Papiertiger zu tun, sondern mit einer ernsthaften Waffe – noch dazu einer, die sich problemlos rasch und äußerst handlich führen lässt. Die hügelig und über Land mit unterschiedlichsten Kurvenradien gestalteten Wege durch pittoreske landscapes in Wachau wie auch Waldviertel geraten zu einer eindrücklichen Demonstration, wie viel Komfort sich in einem everyday sportscar einnisten kann – gänzlich ohne das sportliche, satt liegende Fahrverhalten zu kompromittieren. Koexistenz von geht, liegt und tut net weh in Reinkultur – sauber!

Und ja, selbstverständlich metert der Combi-CUPRA tierisch an, was der Lenker des Spiegeleier-Porsches, der uns – bei selbstverständlicher Einhaltung der StVO, hüstel – nicht aus dem Rückspiegel bekam, sicherlich bestätigen würde. Verlorene, fragende Blicke waren das Resultat – die Gewissheit, es könne kein durchschnittlicher Pampers-Bomber sein, sofort da. Freundlich winkend verabschiedeten wir uns mit einem wohltemperierten Gruß aus der doppelflutigen Auspuffanlage, als wir unseren Weg von Melk weiter in Richtung Ottenschlag fortsetzten. Sei immer freundlich, sei immer nett – hat seinerzeit schon die Mama gesagt.

…die angeschärfte, ab sofort verfügbare CUPRA-Variante, quasi Lustlaster der Baureihe, soll die langgehegte Tradition rasanter Kombis im Konzern fortsetzen.

…der Freizeit-Racer in uns würde aber als erstes das Performance Pack ankreuzeln und sich so u.A. zu den bussifeinen Brembo-Stoppern verhelfen, die die Negativbeschleunigung nochmals unterhaltsamer gestalten.

Das ansprechende Design von Chefzeichner Donnerwolcke wirkt extrem organisch und wertig, was wir bei zahlreichen stop-overs, in unterschiedlichsten Lichtstimmungen, nur bestätigen können. Wer ganz genau schaut, sieht die eine oder andere Sicke oder Lichtkante am Leon ST CUPRA, die durchwegs aventadorisch rüberkommt. Gewollt. Die emotionale Formensprache ist eine der Stärken der Leon-Familie – der Wechsel von sauber modellierten Flächen und knusprig gesetzten Linien wirkt dynamisch, was besonders für den Leon ST (Sports Tourer im Ausgeschriebenen) gilt. Der um 27 Zentimeter gestreckten Karosserie sei´s gedankt. Die Designsprache bildet nicht zuletzt einen der wichtigsten Kaufgründe für die Leon-Familie, weiß Seat-Pressechef Rudi Glass zu berichten und wir glauben ihm das aufs Wort.

Für den Leon ST CUPRA wurde ebendiese Designsprache weiterdekliniert – kraftvolle Elemente rundum lassen schon auf den ersten Blick Rückschlüsse auf das zu erwartende Donnerwetter unter der Motorhaube zu. So gesehen hat sich der 996er-Heizer als nicht sehr aufmerksam herausgestellt, denn große Lufteinlässe und Gittereinsätze in Wabenform sichern ausreichend Kühlluft für das performante Triebwerk und die bestens aufgelegte Bremsanlage. Das müsste dem Kenner eigentlich auffallen – non-car-guys werden darüber hinwegsehen und den CUPRA-BesitzerInnen eventuell leichtsinnig entgegentreten. Knackig definitiv auch der Popsch des mit schwarzem Einsatz im Stoßfänger inklusive angeformtem Diffusor sowie den beiden ovalen, außen liegenden Endrohren dramatisierten Familienspaniers.

Die serienmäßigen Voll-LED-Scheinwerfer arbeiten mit ihrer Pfeil-Form an der charakteristischen Lichtsignatur – heutzutage bewiesenermaßen die Lieblingsdisziplin der zeichnenden Zunft. Was, bitteschön haben die ganzen Designers den lieben langen Tag gemacht, bevor Audi auf die Idee kam, man könnte auch Scheinwerfer in die Designsprache einbeziehen. Mann, Mann.

Exklusive 19-Zöller, rot lackierte Bremssättel und privacy-getönte Scheiben ab der B-Säule unterstreichen die innerfamiliäre Spitzenposition des KombinationsKRAFTwagens – CUPRA-Schriftzüge auf Bremssätteln sowie schwarz lackierte Gehäuse der Außenspiegel schaffen eine weitere Differenzierung zu den härter arbeitenden Familienmitgliedern. Da wurde overall geschmackvoll geklotzt, nicht gekleckert. Mit optionalen Color-Packs, die jeweils in weiß/schwarz/orange kontrastieren können, kann man die Personalisierung noch weiter treiben – der Freizeit-Racer in uns würde aber als erstes das Performance Pack ankreuzeln und sich so u.A. zu den bussifeinen Brembo-Stoppern verhelfen, die die Negativbeschleunigung nochmals unterhaltsamer gestalten.

Apropos unterhaltsam – so gestaltete sich auch der Ausflug an den Wachau-Ring am zweiten Tag der CUPRA-Festspiele. Perfekte Laborbedingungen quasi, um dem sportlichsten Vertreter der Leon-Bruderschaft auf den steilen Zahn zu fühlen. Gleichfalls perfekt, die Wetterbedingungen – diese ließen erst gar nicht den Wunsch nach Allradgetriebenheit verspüren und erste Testrunden auf abgesperrtem Geläuf unterstrichen den bereits zuvor gewonnenen Eindruck der ausgesprochen guten Traktion des Leon ST CUPRA. Die Abkürzung EDV steht in nicht IT-affinen Circuli ja bekanntlich für Ende der Vernunft und so überrascht es auch nicht, dass Seat zwar klarerweise auf elektronische Helferleins rundum vertraut, die Hauptverantwortung für Traktion auf der Vorderachse aber einem – na klar –  Sperrdifferential überträgt. Was das bringt, lässt sich in ambitioniert an- und ausgefahrenen Kehren im Waldviertel gleichfalls wie auch am Wachau-Ring erfahren. Richtig, richtig gut tut das.

Das ESP ist stufenweise von der Leine zu nehmen, lässt sich aber nicht gänzlich deaktivieren, was in den meisten Fällen auch als vorteilhaft einzustufen ist, handelt es sich schließlich nicht um ein Rennfahrzeug bzw. wird es nicht ausschließlich von Rennfahrern bewegt. Einspruch zumindest zum ersten Argument – der Rekord für die schnellste Runde eines frontangetriebenen Serienfahrzeugs auf der legendären Nordschleife wurde einige Zeit vom fünftürigen Leon CUPRA gehalten. Hinter vorgehaltener Hand war zu vernehmen, dass Seat bereits Testfahrten veranstaltet, um auch die Krone des schnellsten Frontler-Kombis nach Martorell zu holen. Everyday sportscar auch hier. Konsequent.

Auch dem zivilen Kunden steht die adaptive Fahrwerksregelung Dynamic Chassis Control (DCC) aufmerksam Gewehr bei Fuß und lässt sich zu variierenden Arbeitsauffassungen überreden – je nachdem welche Modi gerade vorgespannt sind. Von CUPRA über Sport, Komfort bishin zu einer individuell festlegbaren Einstellung, was die wichtigsten Parameter Fahrwerk, Lenkung, Sounddesign und Innenbeleuchtungsakzente anbelangt, ist der Lenkers Wunsch Befehl. Dergestalt haben dann die definitiv vollständig versammelten 280 Ponies mit den unter eineinhalb Tonnen relativ leichtes Spiel, wobei auch der Verzicht des Allrads – im Vergleich mit der Wolfsburg – Gewinn an Agilität bedeutet und sozusagen einen zielführenden Downsizing-Beitrag darstellt. Seat-interne Tests haben gezeigt, dass ceteris paribus mit all-wheel-drive mindestens 350 PS notwendig wären, um idente Fahreigenschaften zu erzielen. Ay, caramba!

Mit Preisen ab EUR 37.190 für die knackig selbst zu verarbeitenden sechs Gänge und EUR 39.090 für die arbeitsreduzierte DSG-Variante ist der Leon ST CUPRA selbst im österreichischen, leistungsunfreundlichen KFZ-Universum ein echter bargain und wird wenig Schwierigkeiten haben, im Rumpfjahr 2015 die vom Importeur erwarteten Exemplare im Markt unterzubringen. In der ein bisserl anders besteuerten Schweiz ist die CUPRA-Ausführung übrigens der Top-Seller der Leon-Familiethat much to the Thema.

Dass Seat bestvorbereitet in die Zukunft blickt, hat nicht zuletzt die SUV-Studie 20V20 eindrucksvoll bewiesen, die super rückgemeldet wurde und – gut informierten Quellen zufolge – dann 2016 im Serientrim sehr nah an der knuffigen Studie liegen soll. Bereits dieses Jahr sollen erste Früchte der Kooperation mit dem Unterhaltungselektronik-Riesen Samsung sichtbar werden – gemeinsame App-Entwicklung und Überlegungen zum Thema connected drive an sich sollen die junge Kundschaft wieder verstärkt in den Focus, äh Fokus, rücken.

Obwohl es definitiv spannend bleibt – Seat dürfte dank seiner Übersetzung und Performance einer der Player sein, die der Zukunft freudig entgegenblicken können.

Dergestalt haben dann die definitiv vollständig versammelten 280 Ponies mit den unter eineinhalb Tonnen relativ leichtes Spiel, wobei auch der Verzicht des Allrads – im Vergleich mit der Wolfsburg – Gewinn an Agilität bedeutet und sozusagen einen zielführenden Downsizing-Beitrag darstellt.

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