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Renault Clio R.S. Trophy: Motorbiene

Motorbiene

Der Renault Clio R.S. Trophy

Wie eine Biene versessen den süßen Blütennektar sucht, so jagt der Renault Clio R.S. Trophy tollwütig Kurven. Herzig wie ein Bienchen und genauso giftig ist der kleine schwarzgelbe Racer, der mir eine Woche lang den Rücken massiert hat.

Text: Jakob Stantejsky
Denn wo selbst hochpreisige Luxuslimousinen noch gesalzene Zuschläge für Komfortextras wie Massagesitze fordern, sind die beim Renault Clio R.S. Trophy bereits serienmäßig dabei. Die funktionieren außerdem nicht elektrisch, sondern rein mechanisch. Sobald die Straße nicht hundertprozentig spiegelglatt ist, gönnt die Motorbiene allen Insassen eine Handkantenmassage für Rücken und Hintern, die sich gewaschen hat. Ihr habt es wohl schon erfasst – ich rede nicht wirklich von Komfortfeatures, sondern von der brettlharten Federung des Clio. In der Trophy-Variante, die auch noch 220 Pferde mitbringt, mutiert der kleine R.S. nämlich zur Pistensau und gibt einem mehr Feedback als der ungeliebte Deutschlehrer beim Goethe-Referat. Für den gemütlichen Alltag vielleicht nicht so ideal, aber das ist auch nicht der natürliche Lebensraum dieses Boliden. Wer den Clio R.S. Trophy jedoch als Spaßauto versteht und dementsprechend mit ihm umgeht, der kriegt eine fette Portion Spaß auf vier Rädern geliefert.
Wie die fleißigen Honigmacher flitze ich im Clio R.S. Trophy durch die Gegend, wenn auch nicht durch die Luft. Die Lenkung ist exakt und reagiert schlagartig, die Automatik gönnt sich besonders im Rennmodus keine Verschnaufpause und orgelt munter die Tonleiter rauf und runter – wahrlich ein Musterexemplar ihrer Gattung, so muss das in einem Sportwagen ausschauen! Wobei mir der Schalthebel im Endeffekt doch fehlt, den kann einfach kein Fortschritt der Welt ersetzen. Apropos orgeln! Der Sound des Vierzylinders lässt nichts zu wünschen übrig und hat alles im Repertoir, was vier Töpfe nur spielen können. Zur Racingatmosphäre tragen außerdem die Sportsitze bei, die einen fast schon schraubstockartig umklammern und mir permanent das Gefühl vermitteln, dass ich JETZT SOFORT am letzten Zacken unterwegs sein sollte. Leider ist das nicht immer möglich, doch auch moderat ausgefahren macht der Clio viel Spaß, man hat aber immer ein wenig das Gefühl, etwas zu verpassen. Was nicht unbedingt negativ gemeint ist.
In der Motorbiene herumzusummen, sorgt also schon mal ordentlich für Freude. Doch wie sieht es im Inneren des Wunderwuzzis aus? Renault zieht auch hier die markentypische weniger-ist-mehr-Philosophie durch. Im Cockpit findet sich wirklich nur das allerallernötigste an Tasten, auch das Lenkrad bleibt fast komplett verschont. Was auf den ersten Blick super ausschaut, entpuppt sich nach einer Weile jedoch ein wenig als Handicap. Denn ich erwische mich einige Male dabei, dass ich mir für diese oder jene Funktion eine simple Tastensteuerung herwünsche. Der Weg, den die Franzosen gehen wollen, macht Sinn, aber im Sinne der Feinabstimmung wäre anzumerken, das ein kleines Bisschen mehr hier doch mehr gewesen wäre. Davon abgesehen fühlt man sich im Clio R.S. Trophy aber sehr wohl und das Cockpit macht Lust aufs Fetzen. Was könnte besser sein in einem kleinen Racer wie diesem?

In seiner kleinen Gesamtheit steht der Renault Clio R.S. Trophy schlussendlich mit einem Stein im Brett bei mir da. Denn solch ein kompromissloses Spaßauto findet man im Kompakt- und Kleinwagensegment selten, meistens werden auch bei den Sportvarianten diverse Zugeständnisse an den Komfort gemacht – was ja auch völlig in Ordnung ist. Doch da finde ich es eben umso erfrischender, wie die rasende Motorbiene an ihr Werk geht und mit dem Honig nicht kleckert, sondern klotzt.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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