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So springen Sie aus einem fahrenden Auto

So überleben Sie den Sprung
von Rainer Behounek, Foto: Fast & Furious 6

Es gibt Momente im Leben, da macht’s plötzlich BOOM. Mann oder Frau erfährt, dass er/sie ein Baby bekommt, eine Schlägerei ist nur einen Blinzler entfernt, auf dem Weg in die Abgeschiedenheit der Berge geht das Smartphone-Ladekabel verloren, was besonders entspannend ist, wenn man alleine unterwegs ist. 160 Kilometer lang. Umringt von Bergen und Stille. Oder aber es steht ein Sprung bevor – ohne Netz und doppelten Boden. Ein Sprung aus einem fahrenden Auto um genau zu sein. Warum auch immer, sei es weil einer der Insassen das Auto vollreiert, man einen Heiratsantrag vom Bruder bekommt oder aus Spaß an der Freude.
Mister Adam Kirley, besser bekannt als Daniel Craigs Stuntdouble im James Bond-Streifen „Casino Royale“ (die legendäre Kran-Sprung-Szene… war er. Der unrealistische Aston-Überschlag auch.) erklärt, wie es (raus)geht, wenn’s fährt.

Als Jugendlicher bin ich von zu Hause abgehauen und zum Zirkus gegangen. Was nach einem Klischee klingt ist wahr, ich ließ mich als menschliche Kanone in einem Wanderzirkus durch die Luft schießen und fuhr mit Monster Trucks. 16 Jahre springe ich nun schon ein, wenn’s für den Darsteller brenzlig wird, die Erfahrung, die ich dabei sammeln konnte, hat mir auch im richtigen Leben die Haut gerettet. Einmal war ich auf meinem Mountainbike unterwegs. Ich schoss mit vollem Karacho einen Berg hinunter, als ein Auto vor mir aus der Kreuzung fuhr. Ich habe fast die Bremshebel abgerissen, so fest drückte ich sie gegen den Lenker. Half nichts, ich prallte mit voller Wucht gegen das Heck des Wagens, schaffte es aber, vom Bike runterzuspringen und landete (kein Scheiß!) mit meinen Füßen auf dem Dach des Wagens.

Der beste Weg, solche Situationen heil zu überstehen, ist, sie gar nicht erst passieren zu lassen. Wenn aber doch mal der Hut brennt, weil vielleicht die Bremsen versagen oder sie sich in einem Taxi befinden wo sie mit den Gedanken „Ich werde meine Familie nie wieder sehen!“ nichts als raus wollen, dann hab ich ein paar Tipps für sie.

1. Runter vom Gas

Die beste Lösung wäre wohl, den Taxler rauszuschmeißen, wenn das nicht geht, lenken sie ihn ab, damit er die Geschwindigkeit reduziert. Selbst hinterm Steuer ist es das Beste, runter zu schalten und auf steilen Straßen auszuweichen. Nie die Handbremse ziehen, was den Wagen ins Schleudern bringen kann.

2. Improvisieren

Wir Stuntmen tragen stets Gelenkschoner, für uns so wichtig wie die Messer für den Koch. Nehmen sie, was sie kriegen können und stopfen sie es sich überall hin. Zeitungen um die Ellbogen, Pullover und/oder Jacke an, Tasche rein in die Hose – auch wenn es sich komisch anfühlt, immer noch besser als der unnachgiebige Asphalt.

3. Timing ist alles

Vergewissern sie sich, dass sich weder andere Verkehrsteilnehmer noch Hindernisse vor ihnen befinden. Im Falle des verrückten Taxifahrers: Kurbeln Sie das Fenster runter, schätzen sie wie schnell sie unterwegs sind, sie werden instinktiv wissen, ob’s klappen könnte oder nicht. 40 – 50 km/h geht mit normaler Kleidung. (Anm. Redaktion: Das ist die Meinung des Stuntman… 50 mit normaler Kleidung? Wer ist der Typ, Wolverine? Wahrscheinlich federn seine melonengroßen Eier den Sturz ab) Warten sie auf eine Kurve, so verringern sie das Risiko vom eigenen Auto erfasst zu werden. Als Fahrer im Linkslenker: Rechtskurve. Als Insasse im Fond: Je nachdem.

4. Selbstschutz

Verlassen Sie das Fahrzeug so nahe am Boden und so flach wie möglich, damit der Aufprall auf den gesamten Körper verteilt wird. Also: auf alle Viere und runter am Boden. Der erste Instinkt ist, die Hände nach vorne zu strecken. Glauben sie mir, das möchten sie nicht tun, die brechen sofort. Alle kantigen Körperteile – Knöchel, Ellbogen, Knie, Hüfte – tun weh. Platzieren sie ihre Fäuste unter ihrem Kinn, legen sie die Ellbogen fest an und pressen sie das Kinn runter zur Brust. Wichtig: Zähne zusammen. Der beste Ort, hart aufzukommen, ist die Schulter- und Rückenpartie. Nur auf die Schulter allein und sie ist hin, deshalb flach raus auf so viel Fläche wie möglich.

5. Der Sprung

Jetzt kommt alles zusammen: der Blick auf den Schwangerschaftstest, die Faust in die Fresse, Akku leer – der Sprung aus dem fahrenden Auto. Ist die Autotür verschlossen, dann treten sie das Fenster ein und versuchen, sie von außen zu öffnen. Und wir kommen auch schon zum Teil: Drehen sie den Rücken in Fahrtrichtung. Im Linkslenkerfall: Springen sie, dem Boden so nahe wie möglich, mit der rechten Schulter zuerst raus und rollen zur linken Schulter. Sobald sie den Boden berühren gilt: je länger sie über die großen Körperteile rollen, desto besser. Um die Energie zu kompensieren, behalten sie ihre Körperspannung und Hände und Beine zusammen und nahe am Körper. Versuchen sie nicht, vorzeitig abzubremsen, lassen sie sich einfach rollen.

Hoffentlich tragen sie lediglich ein paar Schürfwunden und Schnitte davon. Eines kann ich ihnen zum Abschluss noch mit auf den Weg geben: Das zweite Mal ist bedeutend einfacher.“

Rainer Behounek

War bis 2017 Teil der Motorblock-Redaktion.

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