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Surfbretter – der größte Coup der Autoindustrie

von Rainer Behounek

Mann, was muss das für ein Aufwand gewesen sein. Bringen Sie mal alle Autohersteller an einen Tisch! (Manche sitzen nicht nur bei Tisch am gegenüberliegenden Ende) Und dann noch dazu an einen Strang ziehen? Ich bitte Sie! Aber Sie einigten sich. Rappelten sich zusammen. Und suchten sich Ende der 1950er ein paar skinny dudes, die nichts zu tun hatten.

„Hier, Jungs, äh, das ist ein Brett. Wir dachten uns, ihr könntet damit auf den Wellen übers Wasser fahren…“

„Wie jetzt? Wir sollen mit der Platte raus ins kalte Wasser? Habt ihr sie noch alle?“

Aber die Autobauer wussten, was sie taten. Mit Gras und feschen Mädls ließen sich die Jungs überreden. Der erste, kleine Grundstein eines riesig großen Plans war gelegt. Die Burschen sprangen drauf auf, als Gegenleistung bekamen sie einsame Strände, jede Menge Bier und Brüste, eine eigene Band, die ihnen Titelsongs schrieb und vor allem diese Bretter, Surfbretter nannten sie sie, weil man auf den Wellen im Meer surfen konnte. Wieder ein Schritt geschafft, der Name war geboren – das SURFBRETT.

Die Jungs lebten das Brett und übertrafen die Erwartungen der Autohersteller bei weitem. Lange Haare, ein leichtes Lächeln auf den Lippen, nur surfen im Kopf – sie und ihr Board waren der Inbegriff für den Ausbruch aus der Gesellschaft, für den zügellosen Spaß, kurz: Die neuen Playboys waren da. In den wöchentlichen Sitzungen klatschten alle. Dacia und BMW lagen sich in den Armen, Land Rover und Jeep lachten gemeinsam um die Wette, Audi, Ford, Citroën und Cadillac kullerten am Boden rum – sie hatten es geschafft. Volkswagen stand auf und schraubte die Freude runter: „Wir müssen darüber sprechen. Das können wir nicht ewig rausschieben, irgendwann wird ein Surfbrett an den Strand gespült und kein Hahn kräht mehr danach.“ „Jetzt mach’ dir keinen Kopf, Volki! (so nannten sie den übereifrigen Wolfsburger) Wirst sehen, nach dem Hype kommt der ernsthafte Zugang zum Thema. Meisterschaften, Magazine, Merchandise. Das Brett muss jeder noch so kleine Wicht verstehen können, sonst ergibt der ganze Zinnober ja gar keinen Sinn. Geben wir dem Spaß noch zwei, drei Jahrzehnte.“ Das taten sie auch, ließen den mittlerweile zum Sport ausformulierten Trend reifen.

Bis Anfang der 2000er die Autohersteller die Reißleine zogen.

GO GO GO!

Es war ein Fest sage ich Ihnen. Girlanden hingen von den Wänden, ein bisschen Sekt gab es auch. Es war geboren, ach was, geboren! Aufgezogen, in die Schule geschickt und wieder zurück geholt worden, um nun seine eigentliche Arbeit aufzunehmen… als Maßbrett für Innenräume!

Die Hersteller genossen es in vollen Zügen, jetzt ernteten sie die Früchte ihres langen Wartens. Nie wieder Koffer auf den Pressebildern! Nie wieder ächzende Kinderwägen, die mehr an angegurtete Schreie und Tritte durch den Sitz erinnern, als an zügellose Freiheit. Das Surfbrett löste all die lahmen Gegenstände ab und weil sie sich bewusst lange Zeit gelassen haben, versteht das Brett auch jeder. Wir können daraus viel von den Autoherstellern lernen – eine Idee verfolgen, auch wenn sie noch so weit hergeholt erscheinen mag. Heute fragt sich niemand, warum selbst im Aixam ein Surfbrett liegt… gut gemacht!

„Wie jetzt? Wir sollen da raus ins kalte Wasser und mit der Platte auf den Wellen Richtung Strand treiben? Habt ihr sie noch alle?“

Rainer Behounek

War bis 2017 Teil der Motorblock-Redaktion.

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