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Bentley Continental GT: Mit TSI durch die VAE

Mit TSI durch die VAE

Der neue Bentley Continental GT

Bentley treibt es auf die Spitze! Und zwar sprichwörtlich, denn in einer Welt, in der schnöder Mammon Nebensache ist, holt man den Connaisseur des kulinarisch-automobilen Savoir-vivre nur mehr mit Dingen hinterm Ofen hervor, die man mit Geld nicht kaufen kann.

Text: Gregor Josel

Mich persönlich hätten die Briten bei der Ankündigung dieses einzigartigen Luxus-Events ja schon nach den beiden Schlagworten „Neuer Bentley Continental GT“ und „Höchster Berg der Vereinigten Arabischen Emirate“ gehabt. Mehr hätte ich als bekennender Auto-Freak und Bentley-Fan im Speziellen nicht gebraucht als Trigger, um in den nicht minder beeindruckenden Emirates A-380 800 nach Dubai zu steigen. Doch es wäre nicht Bentley, hätte man sich für den neuen Continental GT nicht etwas ganz Besonderes für den honorigen Kundenkreis der britischen Kultmarke überlegt. Der Konnex liegt auf der Hand: Der Speerspitze des Bentley-Portfolios, eben dem neuen Continental GT, stellt man einerseits eine höchste Bergspitze und andererseits die Spitze des Genusses in Form der Kunst eines hochdekorierten englischen Haubenkochs gegenüber. Und all das nicht an irgendeinem der üblichen Plätze in Europa, sondern eben am Jebel Jais, dem höchsten Gipfel der Arabischen Emirate. Das Resultat: „The peak of luxury“, also der Gipfel des Luxus, für den Bentley an diesem außergewöhnlichen Ort für wenige Tage und noch weniger auserwählte Bentley-Kunden und VIPs ein Pop-up-Haubenrestaurant aufgebaut hat.

Wer sind also die Protagonisten dieser einzigartigen Kombination aus Automobil, Kulinarik und Umgebung? Allen voran natürlich der neue Bentley Continental GT, den Bentley Ende 2017 präsentierte. Der Continental GT ist nicht nur ein Auto, der Continental ist ein Erlebnis. Und zwar eines der Extraklasse, denn mit dem neuen Modell macht Bentley in Sachen Design einen für britische Verhältnisse durchaus großen Schritt in die Zukunft. Hat er doch optisch bis auf die Bentley-typischen vieräugigen Frontleuchten eigentlich nicht mehr viel von seinem Vorgänger. Geblieben ist jedenfalls die Design-DNA, doch wie sich das neue GT-Flaggschiff aus Crewe präsentiert, ist höchst aufregend. Er wirkt dynamischer, feister, irgendwie aggressiver, aber ohne dabei die Aufmerksamkeit mit plumpen Designkunstgriffen auf sich ziehen zu wollen. So sexy war England noch nie und die nunmehr erhältlichen Farb- und Interieur-Kombinationen tun all dem keinen Abbruch. Man könnte sich stundenlang an den Details dieses Meisterwerks erfreuen, begonnen bei den Scheinwerfern, die bei genauerer Betrachtung an edle Whiskey-Schwenker aus Kristallglas erinnern. Oder sich an die handgenähten Lederbezüge im Interieur schmiegen, um sich daraufhin flugs in den hölzernen Weiten des Innenraums zu verlieren, für die rund zehn Quadratmeter Holzfurnier verarbeitet werden.

Technisches wie optisches Highlight ist die rotierende Konsole im Armaturenbrett, welche einen Touchscreen beheimatet und auf Knopfdruck drei analoge Armaturen zum Vorschein bringt, die Zeit, Temperatur und Himmelsrichtungen anzeigen; auf einer dritten Seite befindet sich ein blankes Holzpaneel. Purer Luxus ist natürlich auch das Herzstück des neuen Continental GT, der komplett überarbeitete W12-TSI- Motor mit sechs Litern Hubraum, der unglaubliche 635 PS leistet und dem Fahrer ein Drehmoment von 900 NM anbietet, mit dem der Continental GT in 3,7 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt und eine Spitze von 333 km/h erreicht. Zylinderabschaltung, Start/Stop- System, verringerter Verbrauch von 12,2 Litern im Durchschnitt, all das sind Features, die man für ein Fahrzeug wie dieses ohnehin voraussetzt. Doch viel mehr als die Technik fasziniert die Performance des neuen Continental GT. Entspanntes Gleiten auf dem Highway sowie Stop-and-go in der Dubai-Rushhour sind ebenso möglich wie messerscharfes und präzises Kurvenwetzen am Weg zum höchsten Berg der Vereinigten Arabischen Emirate, dem Jebel Jais auf 1.934 Metern über dem Meer, wo sich zwischenzeitlich schon der zweite Hauptdarsteller dieser extravaganten Veranstaltung eingefunden hat, nämlich ein weiterer Brite im Bunde namens Colin Clague, der seinerseits als Executive Chef des mehrfach prämierten Restaurants Rüya in Dubai tätig ist und mehr als 30 Jahre Erfahrung in der in- ternationalen Spitzengastronomie auf den Tisch bringt.

Also heizen wir mal mehr, mal weniger im Konvoi aus Dubai kommend gen Norden, in das Emirat Ras Al Khaimah, das im Norden der Vereinigten Arabischen Emirate liegt und nebst wunderbaren Stränden eben auch den höchsten Gipfel Jebel Jais beherbergt. Und hinauf auf den Gipfel des Luxus schlängelt sich eine teils mehrspurige Passstraße, denn hierher flüchten die Emiratis, um eine Auszeit zu nehmen von der böllernden Hitze unten auf Höhe des Meeres. Hier oben ist es zwar noch immer heiß, doch mit 33 Grad doch um rund sechs bis acht Grad kühler als in der Metropole Dubai, wo man es bei diesen Temperaturen hauptsächlich in den umfangreichen Shoppingmalls und Hotels aushalten kann. Am Weg hinauf entfaltet der neue Continental GT seine wahre Größe, denn er ist nebst all dem Luxus und der Extravaganza vor allem auch ein reinrassiger Gran Turismo mit sportlichem Anspruch, so man das möchte. Beeindruckend, wie agil sich dieses Fahrzeug bewegen lässt, trotz des nicht unwesentlichen Gewichts von rund 2,2 Tonnen.

Oben angekommen schmiegt sich das Pop-up-Haubenlokal von Colin Clague als kleine, aber autarke Zeltstadt in die kahlen Gebirgszüge ein und bietet eine atemberaubende Aussicht auf die westliche Küste des Emirats, das erst als siebtes und letztes im Jahr 1972 in die Vereinigung der Arabischen Emirate eintrat. Bei smoothem Jazz und klimatisiertem Ambiente im Inneren reicht der britische Starkoch ein sechsgängiges Menü, das traditionell britische Küche mit internationalen Einflüssen, die so typisch für die Emirate sind, verbindet. Auf schottischen Lachs vom Loch Fyne folgen eine indisch-britische Mulligatawny-Suppe in perfekter Schärfe mit Wachtelfilet sowie ein Sirloin-Steak im traditionellen Yorkshire Pudding an libanesischem Za’Atar-Salat und Krendressing. Es geht weiter mit pochiertem Schellfisch auf kernweichem Ei und Pommery-Senf, um den Abschluss in einem Holunderblütengelee auf Himbeersorbet zu finden.

Der Bentley Continental GT ist derweil immer im Blickfeld und man zieht sofort Vergleiche zwischen den perfekt inszenierten Speisen und den ebenso perfekt dargebotenen Details im Auto. So fände das wunderbare Dessert aus Holler und Himbeeren beispielsweise auch perfekt im an eine edle Schale erinnernden Drehschalter der Konsole, der auch den Start/ Stop-Knopf beherbergt, Platz. Das gülden-minimalistische Besteck hingegen erinnert in Aufmachung und Platzierung an die edlen Einstiegsleisten des GT, die Lust auf das luxuriöse Performance-Menü des neuen Continental GT machen. Wohingegen das perforierte dunkle Leder der Türverkleidung in Nahaufnahme wie feinste dunkle Schokolade wirkt, die man in Form von Petit Fours dann zu Kaffee und traditionellem Tee reicht; die Luftdüsen des GT könnten in Form und Präzision durchaus als Serviettenring den Weg in die Haubenlokale dieser Welt finden, während knapp darüber die perfekt gewürzte Mulligatawny-Suppe Farbgeber für die Holzinlays der oberen Hälfte des Armaturenbretts im Continental GT zu spielen scheint.

Einzig der gute Tropfen zum edlen Menü blieb uns an diesem so speziellen Ort verwehrt, denn der Continental GT ist kein Auto, in dem man chauffiert werden möchte, diese Komposition aus Luxus, Perfektion und Performance möchte man ausnahmslos immer selbst fahren. So bleibt am Ende dieser einmaligen Begebenheit abermals die Erkenntnis, dass Geld alleine nicht glücklich macht. Denn wer schon alles hat und alles gesehen hat, den kann freilich nur mehr beeindrucken, was er mit all dem Geld der Welt nicht kaufen kann.

Bentley Continental GT

Motor: W12 TSI Twin Turbo
Hubraum: 5.959 ccm
Leistung: 635 PS
Drehmoment: 900 NM / 1.350-4.500 U/min
Verbrauch: ja, durchaus
Beschleunigung: 0-100: 3,7 s
Spitze: 333 km/h
Gewicht: 2.252 kg
Preis: ab 259.635 Euro

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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