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BMW 220d xDrive Gran Tourer: Sport ist Mord

Werterhaltung

BMW 220d xDrive Gran Tourer: Sport ist Mord

Mit dem 2er Gran Tourer wirft BMW sämtliche Traditionen über Bord. Um sie mit dem selben Auto wieder aus dem Wasser zu fischen. 

Text: Maximilian Barcelli

Tatort: Höhenstraße. Waffe: Der BMW 220d xDrive Gran Tourer. Eigentlich, so sollte man meinen, nicht das richtige Gerät für die Kurven im Westen Wiens. Der Van aus München ist mehr so Buttermesser denn Präzisionsgewehr. Zumindest dem ersten Anschein nach. Das dem allerdings nicht so ist, eröffnet sich schon bei der ersten Sitzprobe.
Es gibt Sportwagen, die ein bequemeres Gestühl aufweisen können. Nicht, dass man im BMW 2er Gran Tourer ungemütlich sitzt – sobald man mal drinnen ist, wird auch die ganz große Strecke kommod runtergefahren. Wir sprechen aus Erfahrung, immerhin sind wir mit dem Münchner in den tiefsten Osten der Slowakei gereist. Doch ist es durchaus verblüffend, welch großen Seitenhalt die Sitze zur Verfügung stellen. Klar ist man anfangs ein wenig irritiert. Sitzt man gerade wirklich in einem Van? Und auch fiel das Feedback von vielen verschiedenen Personen nicht nur positiv aus. Aber eben nur bei der ersten Sitzprobe. Nach den ersten fünf Minuten fühlt man sich nicht mehr eingeengt, sondern viel mehr wie eine Raupe in ihrem Kokon.
Die vorderen Sitze sind nicht der einzige, sportliche Akzent. Auch das dicke, sehr griffige M-Lenkrad – im 7.088 Euro teuren M-Paket mit dabei – vermittelt Sportlichkeit. Via Schaltpaddles am Lenkrad kann die 8-Gang-Automatik sortiert werden, wirklich häufig kamen diese aber nicht zur Verwendung.
Zurück zum Tatort. Die Serpentine kommt gemütlich auf uns zu. Leicht anbremsen, die Kurveninnenseite anpeilen und rausbeschleunigen. Der bayrische Van folgt spurtreu den Lenkbefehlen, wankt kaum. Kurze Gerade, nächste Kurve. Wir gehen’s ungehobelt an. Die Reifen ächzen und suchen nach Grip. Das M-Sportfahrwerk, eher auf der steifen Seite, trägt dazu bei, dass sie ihn finden. Ebenso wie der Allradantrieb, eh klar. Und dann, da beim rausbeschleunigen, lässt sich tatsächlich ein kleiner Schmunzler in unserem Gesicht erkennen. Der 2 Gran Tourer macht Spaß. Logisch: Wir lachen nicht ungehemmt los, wie in einem M2 oder so. Aber in seinem Segment, da ist der Münchner derzeit sportliche Benchmark. Natürlich bohrt man in Stuttgart nicht nur in der Nase, ausruhen sollte sich BMW angesichts der kommenden B-Klasse nicht.
Nicht ganz so glänzen kann der BMW 2er Gran Tourer beim Platzangebot. Der Kofferraum fasst zwar üppige 645 Liter, andere können allerdings mit noch mehr Volumen aufwarten. Die hinteren Passagiere sitzen ganz gut, Ablagen gibt’s insbesondere vorne genug. Für einen Kompakt-Van weist der Münchner recht hochwertige Materialien auf – darf man bei einem Einstiegspreis von fast 45.000 Euro aber auch erwarten. Die Verarbeitung ist gewohnt hervorragend. Ebenso wie der Selbstzünder, der 190 PS erarbeitet. Das Aggregat ist durchzugsstark und sparsam. Dass er ein Vierzylinder-Diesel ist, kann er akustisch aber auch nicht verleugnen.
Jetzt kann man natürlich diskutieren, ob die ganze Sportlichkeit bei einem Van wirklich sein muss. Das härtere Fahrwerk, die direkte Lenkung – harmoniert das mit dem Zweck eines solchen Automobils? Ist das nicht ein bisserl eine Themenverfehlung? Schon, nur kann man dieser leicht ausweichen, indem man kein Kreuzerl beim M-Paket macht. Außerdem hat BMW einen Ruf zu verlieren. Und auch wenn dieser mit dem 2er Gran Tourer sowieso flöten geht, so halten die Münchner doch ein paar Werte in Ehren.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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