DriveHotTest

BMW M850i: Das Ende der Fahnenstange

Die M8 ist mit dir

BMW M850i: Das Ende der Fahnenstange

Wenn BMW bei der Modellbezeichnung dem M mehr als nur eine Zahl nachstellt, ist das Ergebnis oft semi-radikal. Beim M850i xDrive ist dies nicht der Fall.

Text: Maximilian Barcelli

Umso erschreckender ist dann die Erkenntnis, dass dieser 8er noch nicht das Ende der Fahnenstange markiert. Es kommt ja noch was nach – und da stehen dann keine Zahlen und Buchstaben mehr hinter dem M8. Aber damit einem die Wartezeit gar doch nicht so lange vorkommt, stellt man sich einstweilen eben einen 530 PS starken M850i vor die Tür.
Das klingt jetzt zwar so, als würde man das Fahrzeug so ganz nebenbei bewegen, quasi Bagel essen, Nägel schneiden und fahren, tatsächlich braucht der M850i aber überraschend viel Aufmerksamkeit. Soll nicht heißen, dass er eine Zicke ist. Im Gegenteil, ein Fahrschüler könnte mit der Fuhre wohl ohne Probleme mit 40 durch die 50er Zone schleichen. Doch vom Allradantrieb spürt man bei forciert genommenen Kurven herzlich wenig – zumindest so lange, bis es nicht dringendst notwendig ist.
Aber keine Sorge: Der M850i hat dort Grip, wo er Grip haben soll – also an der Vorderachse – und rutscht dort, wo er rutschen soll – also an der Hinterachse. Überhaupt ist das Luxus-Coupé ein sehr fahraktives Automobil. Somit schießt auch jedweder Vergleich mit dem AMG S-Klasse Coupé komplett ans Ziel vorbei. Denn während die in Sachen Luxus den 8er links liegen lässt, kommt sie querdynamisch gar nicht mit.
Wobei in erster Linie natürlich die Langstreckentauglichkeit wichtig ist. Gleiten statt hetzen lautet die Devise. Auch, wenn der Münchner zweiteres richtig fein beherrscht. Für die große Reise wartet der BMW 8er jedenfalls mit einem überraschend üppigen Kofferraum auf. Hinter der kleinen Lucke warten nämlich 420 Liter darauf, gefüllt zu werden.
Klar, das Fond – falls man die Rückbank so überhaupt betiteln sollte – hat wenig mit der opulenten, vorderen Reihe gemein. Aber dass zusätzliche Sitzplätze nicht schaden, weiß nicht nur Porsche. Wo sollen die Jacken von Fahrer und Beifahrer sonst schwungvoll hingeschmissen werden? Außerdem kommt der Moment, wo plötzlich drei Personen ein paar Kilometerchen chauffiert werden müssen. Mehr als 50 sind zwar nicht zumutbar und dürften wohl auch gegen die Menschenrechtskonventionen verstoßen, aber in dieser bestimmten Situation wird man sich der hinteren Sitzreihe erfreuen. Ähnlich verhält es sich ja auch mit dem Allradantrieb. Da brauchst du ihn an 364 Tage im Jahr nicht und plötzlich – BUMM – Frau Holle findet sich in einer Polsterschlacht wieder, Helms Klamm nix dagegen.
Weil wir eben den ausufernden Luxus des S 63 AMG angesprochen haben, der uns ja vor ein paar Monaten einen Besuch abstattete: Natürlich findet man auch im 8er alles andere als eine Plastiklandschaft vor. Viel Leder, viel Softtouch und eine Verarbeitung zum Niederknien. Besonders fesch ist der kristalline Wählhebel fürs großartige Automatikgetriebe und der iDrive-Controller. Die kennt man schon aus dem X5. Ein größeres Unterscheidungsmerkmal in puncto Innenraumdesign ist die vom Beifahrer abgeschottete Mittelkonsole, die kristallklar deutlich macht, wer Kapitän und wer nur Passagier ist. Was uns ein bisserl fehlt, ist eine Dekorleiste oder ähnliches, die den Bereich vor dem Beifahrer noch etwas aufhübscht.
Beim Exterieur scheiden sich die Geister. Nicht aber bei uns – wir stehen ohne zu zögern hinter dem 8er – doch die Autocommunity im Netz sieht das teilweise ganz, ganz anders. Bevor wir unsere Fotos begutachteten stand zur Debatte, ob der 8er eventuell abgelichtet einfach weniger hergibt, als wenn er in all seiner Pracht vor einem steht. Jetzt wissen wir: Er sieht auch auf Bildern klasse aus. Die Front: Messerscharf. Die Seite: Wie von Coupés gewohnt ein Traum. Das Heck: Elegant. Und wer jetzt meint, die Auspuffblenden und die dahinter liegenden Endrohre seien peinlich, dem sei Geduld angeraten. Denn wie eingangs erwähnt, ist die Fahnenstange noch nicht erreicht. Der M8 wird kommen – und wie martialisch die Endrohre bei reinen M-Fahrzeugen sind, ist bekannt.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

Weitere Beiträge

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"