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BMW Motorrad Days 2019: Boxer & Burnout, Bier & Brezn

BMW Motorrad Days 2019

Boxer & Burnout, Bier & Brezn

Passend zur Jahreszahl – 2019 – inszenierte sich BMW Motorrad heuer zum 19. Mal selbst. Garmisch-Partenkirchen war der Hotspot der bayerischen Einspur-Eisen. Mit allem was dazugehört: Hitze, Blitz, Donner, Parade, Oktoberfest-Stimmung, Konzepte, Novitäten und (Zukunfts-)Rezepte.

Text: Beatrix Keckeis-Hiller / Fotos: BMW Motorrad, Beatrix Keckeis-Hiller

Wem hier fad ist, der ist selbst schuld. Außer, man ist KEIN Motorrad-Fan. Aber wenn das so ist, macht man sowieso einen Bogen um das Umfeld von Garmisch-Partenkirchen, wenn sich dort grad die einspurigen Blau-Weißen tummeln. Das taten sie heuer von 5. bis 7. Juli in hellen Scharen. Wie immer lag das Epizentrum des Zweirad-Stelldicheins ohnehin außerhalb des Kerngebiets dieses Winter- und Sommersportzentrums am Fuß der Zugspitze. Die Wege zum Eventgelände am Hausberg allerdings waren gesäumt von Transportgerätschaften aller Größenordnungen, vom einachsigen Anhänger bis zum mehrachsigen Sattelschlepper, wartende Zeugen des wie erwartet eingetretenen lebhaften Zustroms zum Motorrad-Festival der bayerischen Art.
Das war geprägt von den üblichen Ingredienzien – Braterei, Grillerei inklusive – und von Boxern. Unverändert ist der mittlerweile auf 1250 ccm gewachsene Zweizylinder die Säule des BMW Motorrad-Portfolios. Das ungeachtet der wachsenden Schar an Parallel-Twins – unter anderem die kleine(re)n GSen -, Reihenvierer – 1000RR plus Derivate – und Reihensechsern – K 1600 GT & Co. Auch wurde die eine und andere Einzylindrige gesichtet. Nicht wenige Roller tummelten sich zwischen Enduros, Sportlerinnen, Tourerinnen, Roadstern und Klassikerinnen (Heritage- und Retro-Eisen): etliche 400er, zahlreiche 650er, Verbrenner ebenso wie die Elektrische, die C Evolution.
Die soll als Stromerin nicht mehr sehr lange ein Solo-Dasein fristen. Einer der Angelpunkte der Konzept- und Novitäten-Präsentation war die Vision DC Roadster, eine Vorstellung, wie ein großes Naked E-Bike à la BMW aussehen könnte. Konkreter war da schon der Vorgeschmack auf die Wiederkehr der Cruiser. Den legen die Bayern jetzt mit mächtigem Hubraum an, als 1.800er, gezeigt in Gestalt des Custom-Concepts R 18. Star war zweifelsohne die neue R NineT /5, ein weiteres Derivat der Klassiker-Serie, in Reminiszenz an die R 75/5 von 1969. Am Rande und doch im Zentrum des Interesses stand ein Pick-up, der eine ausgewachsene GS geschultert hatte. Gerüchte, dass diese Pritschenwagen-Version des X7 in Serie gehen werde, wurden von BMW aber nicht bestätigt, es handelt sich um ein Konzept, realisiert von angehenden Kfz-Spezialisten.
Auf und rund ums Gelände wurlte es allenthalben. Schon am Freitagvormittag, unter so gut wie ungetrübter Sonneneinstrahlung mit abschließendem lauen Abend. Entweder im großen Festzelt, das atmosphärisch wie immer in Lautstärke und Bierdunst einen Vorgeschmack aufs Münchner Oktoberfest lieferte (obwohl: man kann jetzt auch gepflegte Weine ordern) oder unter freiem Himmel, je nachdem innerhalb und rund um die Zeltstadt oder am gepflegten Lounge-Lagerfeuer.
Besonders heiß ging’s am Samstag her. Vom angekündigten Gewitter ließ sich vorerst niemand erschüttern. Das fegte am späteren Nachmittag mit Blitz, Donner und Starkregen übers Gelände. Dauerte aber nur knapp eine Dreiviertelstunde. Die Zufluchtsstätten unter Vordächern und Zelten wurde im dichten Gedränge zur Vertiefung von Sozialkontakten genutzt. Dabei wurde dem rauschenden Regen den Genuss der einen oder anderen Maß entgegengesetzt. Danach war zwar draußen alles nass aber wieder zum entspannten Freiluft-Aufenthalt gut. Alles in allem gab’s somit keinen Grund für nervös bedingten Burnout. Den erledigten – Gummi-mäßig – die Stunt- und Driftshow-Meister solange es trocken war. Was am Sonntagmorgen übrigens ganz und gar nicht der Fall war. Doch quittierten das die auf Achse Angereisten mit einem Schulter-zuckenden „was soll’s, Motorradfahren ist ein Freiluft-Sport“.
Die Besucherbilanz: rund 40.000. Die Provenienzen: Nebst Österreich, Deutschland und der Schweiz waren Frankreich, Italien und Spanien stark vertreten. Von wirklich weit her kamen Gäste aus Übersee: Argentinien, Brasilien, Mexiko, USA, Kanada, Südkorea, Indien und von den Philippinen. Verdrückt haben alle miteinander 5.000 Portionen Eis, 2,8 Tonnen Pommes Frites, getrunken haben sie insgesamt etwa 20.000 Liter Bier. Für die Brezn – die verspeisten, nicht die gerissenen – liegt keine finale Zählung vor. Es werden wohl mehrere hunderttausend verzehrt worden sein, man knabbert üblicherweise nebenher an weit mehr als nur einer pro Tag – mit oder ohne Weißwurst.
Das Action-Programm war ja durchaus fordernd, auch vom Zuschauen kann man hungrig werden: Drift Show, made by Alex Le Marseillais aus Frankreich, Freestyle Show, made by Mattie Griffin aus Irland, Wall of Death Show (Steilwand-Kugel „Motodrom“), made by Donald Ganslmeier aus Deutschland. Nicht zu vergessen die Autogrammstunden mit Helmut Dähne, seines Zeichens Tourist Trophy-Racer und jahrelanger Motorrad-Rekordhalter auf der Nürburgring-Nordschleife. Appetit entwickelt haben vor allem die Aktivisten. Entweder schwärmten sie auf Tourenfahrten aus oder partizipierten an der obligaten Parade. Dazu kamen mehr als tausend Asphalt- und nochmals rund 600 Offroad-Probefahrer.
Regen Geschäftsgang verzeichnete man auch in der Merchandising- und Zubehör-Abteilung. Mehr als 15.000 Artikel sind über den Ladentisch gegangen. Als Rahmenprogramm-Hit bewährt sind Gewinnspiele. Hier gab’s zwei Glückspilze. Einen am Freitag, einen am Samstag: Ersterer fuhr mit einer nagelneuen R NineT heim, der andere mit einer produktionsfrischen F 850 GS.
Was sonst noch aufgefallen ist: Nach wie vor steht das Gros der BMW-Treiber in gesetzterem Alter, aber langsam setzt ein Verjüngungsprozess ein. Zumindest tagsüber geht’s zunehmend familiär zu, die jüngsten Nachkömmlinge bestaunen das Treiben – mit Kopfhörern ausgestattet – gewöhnlich aus der elterlichen Schulterperspektive, die größeren Kleinen schnuppern auf Laufrädern in die Zweirad-Bewegung hinein oder setzen sich auf eine – Verbrenner-motorisierte – Trial. Besonders gut an kommt bei weiblichem Klientel die R NineT. Die großen GSen werden eher selten von Frauen dirigiert, und wenn, dann schauen die oft recht männlich aus.
2020 wird das Jahr der 20. Motorrad Days. Zum 19. Mal in Garmisch-Partenkirchen, nachdem ja die Premiere, 2001, in Seefeld, Tirol, gewesen war. Der Termin steht bereits fest: 3. bis 5. Juli.




Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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