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Fiat Tipo: Ein Geheimtipp

Ein Geheimtipp

Der Fiat Tipo überzeugt

Kompaktwagen gibt es wirklich aus aller Herren Länder jeweils zuhauf und als Autojournalist nimmt man daher fast dauernd in einem Exemplar Platz. Da muss ich zugeben, dass ich in den zweiwöchigen Fiat Tipo-Test nicht mit der ganz großen Spannung erwartet habe – schließlich wird wohl auch das nur einer von Vielen sein, oder? Falsch gedacht, denn der Tipo überrascht und überzeugt!

Text: Jakob Stantejsky
Schauen wir uns erst einmal die Zutaten unseres Testwagens an: ein 1,6 Liter-Vierzylinder-Diesel mit Sechsgangschaltgetriebe und 120 PS steckt unter der Haube. Innendrin und außendran finden sich fast alle Extras, die man auf die Top-Ausstattungsvariante S-Design nur draufpacken kann – adaptiver Tempomat, Notbremsassistent, Rückfahrkamera, Navi, Regensensor, Sitzheizung, Android Auto, Apple Car Play, 18-Zöller und Metalliclackierung stellen hier nur einen kleinen Auszug dar. Das ergibt schlussendlich ein fertiges Menü, dessen äußerst stimmiges Gesamtpaket mit unfassbaren 25.437,40 Euro in der Speisekarte steht – unfassbar günstig nämlich!
Jetzt stellt sich die Frage, wie der Tipo sich diesen Preis denn leisten kann? Die Verarbeitung im Innenraum sitzt, passt und hat Luft. Das Außendesign gehört meiner Meinung nach zum elegantesten, was der Kompaktwagenmarkt zurzeit hergibt. Der Motor und auch alle Systeme funktionieren bestens, also auch hier gibt es keinen Grund zum Motzen. Fiat nimmt die Einsparungen vor allem bei der Materialauswahl im Interieur vor: Da strotzen sowohl das Armaturenbrett als auch die Türen nur so vor Hartplastik und leider hat nicht mal jenes der etwas edleren Sorte Verwendung gefunden. Das lässt sich auch über die Extras-Liste nicht ändern, aber für mich bleibt das der einzige echte Kritikpunkt des Fiat Tipo. Außerdem – wer davon absehen kann, ständig die Innenverkleidung seines Untersatzes zu befummeln, bekommt davon eigentlich nicht allzu viel mit.

Funktionell ist der Tipo auf höchstem Niveau unterwegs. Der Infotainmenttouchscreen wirkt beim ersten Einsteigen etwas überladen, doch nach zwei, drei Fahrten finde ich mich problemlos zurecht und weiß bald sehr zu schätzen, dass ich aus jedem Untermenü in jedes Menümit nur einem Touch wechseln kann. So Kleinigkeiten, wie dass auch im Navi-Bildschirm dezent in der Bildschirmecke der aktuelle Songtitel eingeblendet wird, mögen zwar die Experience nicht wesentlich verändern, fallen aber dennoch positiv auf und sind wahrlich nicht bei jedem Konkurrenten gegeben. Die Tasten für Lautstärke, Stummschaltung, Lied-/Sender- und Quellenwechsel befinden sich auf der Rückseite des Lenkrads. Bedienen kann man sie dort genauso gut und die Vorderseite wird dennoch nicht überladen. Apropos Steuer – das Lenkrad fühlt sich dank Lederbezug sehr fein an und liegt angenehm in der Hand. Den Teil im Cockpit, den man also tatsächlich dauernd begrabbelt, hat Fiat also sehr wohl ansprechend gestaltet. Die Italiener ermöglichen im Tipo mit gescheiten und gezielten Einsparungen den Tiefpreis und müssen so dem Kunden keine Komfortfeatures verwehren. Da kann so mancher Mitbewerber mitschreiben!
Auch der ebenso in Leder gehüllte Schalthebel fühlt sich wertig an und liegt dank seiner Größe satt in der Hand. Die Gänge lassen sich präzise ordnen und die Gassen sind deutlich definiert. Eine Sportschaltung ist es nicht, aber wozu auch? Denn bei 120 PS ist im Tipo leider Schluss, da hat man sowohl bei Benzin als auch bei Diesel schon die Topmotorisierung unter der Haube. Gebraucht hätte unser selbstzündender Testwagen definitiv nicht mehr. Der Tipo zieht an und erlaubt flotte Sprints und entspanntes Gleiten gleichermaßen problemlos. Auch dank der geschmeidigen Kupplung startet man jederzeit flott durch. Also er passt wunderbar, der Motor! Aber probieren würde ich das Auto halt gerne mit ein paar Pferden mehr – einfach so. Sinn macht es keinen rechten, aber wo der Tipo jetzt schon Vergnügen bereitet, könnte er mit der entsprechenden Aufrüstung durchaus zur Spaßgranate werden. Andererseits verstehe ich, wieso es die Option nicht gibt. Denn Fiat bleibt der Linie treu und macht, wie im Interieur, aus dem Tipo ein Auto, das das Maximum bieten will, ohne viel zu kosten. Irgendwo müssen da eben Grenzen sein.
Wer in seinem Auto so ziemlich alles will, was die Technik zurzeit hergibt, aber auf Opulenz verzichten kann, wird mit dem Fiat Tipo absolut glücklich. In jeder Hinsicht steht der Italiener intelligent da, erscheint aber niemals kalt oder gefühllos. Ganz im Gegenteil, es handelt sich um ein durchwegs sympathisches und charmantes Auto. Für junge Leute eignet er sich auch optimal als erster oder zweiter eigener Wagen, dank der herrlichen Mischung aus leistbarem Preis, aktueller Technologie und coolem Design. Für besondere Gelüste und Bedürfnisse gibt es ja auch noch den langen Kombi und die Limousine. Ein Bonus: Allzu oft sieht man ihn nicht im heimischen Straßenbild, was an der Qualität gemessen eigentlich eine Schande ist – aber so ist das eben mit Geheimtipps.

Ach ja, das Amore Rot des Fiat Tipo ist übrigens so ziemlich die geilste Farbe, die es momentan für ein Volumenmodell gibt. Bei aller Durchdachtheit bekennt er sich eben doch zur italienischen Leidenschaft, der coole Typ Tipo.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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