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Ford Mach-E: Akku statt Achtzylinder

Er ist ein Mythos unter den Muscle Cars und die Ikone der V8-Fraktion: Kaum ein Auto steht bei den Petrolheads höher im Kurs als der Mustang. Und ausgerechnet einer der meistverkauften Sportwagen der Welt soll Ford jetzt ins Elektro-Zeitalter beamen und als Mach-E zum ersten ernsthaften Tesla-Jäger aus Detroit werden. Zwar dauert es noch ein gutes Jahr, bis der Stromer zu Preisen ab 46.900 Euro auf die Straße rollt, doch weil Spannung bei Elektroautos zum Handwerk gehört, haben die Amerikaner schon jetzt das Tuch gelüftet – und zwar nicht daheim in Detroit, sondern buchstäblich vor Elon Musks Büro auf dem Hawthorne Airfield in Los Angeles.

Von Thomas Geiger

Was der Tesla-Chef da beim Blick von seinem Schreibtisch aus zu sehen bekam, hat mit dem bisherigen Mustang allerdings auf den ersten Blick nicht mehr viel gemein. Denn um den Mustang fit for Future zu machen, musste nicht nur der Achtzylinder den Akkus weichen. Sondern aus dem Sportwagen ist auch ein SUV geworden, das aber zumindest in vielen Details die traditionelle Linie des Fastbacks zitiert: Die Haube ist deshalb länger als bei den meisten Konkurrenten und stärker konturiert, die hinteren Kotflügel sind weiter ausgestellt und natürlich glühen am Heck wie schon beim allerersten Mustang von 1964 drei fette Balken rot als Rückleuchten. Neu sind dagegen der hohe Bug mit dem geschlossenen Kühlergrill und die Türen, denen die konventionellen Griffe fehlen, weil sie jetzt mit Sensoren öffnen und den Passagieren entgegenspringen. Das sieht cool aus, ist aber nicht wirklich praktisch. Denn vorne gibt es dazu zumindest noch einen kleinen Haken, an dem man sie aufziehen kann, hinten muss man mühsam ums Blech greifen.

Auch das Fahrgefühl ist typisch Mustang: „Fun and Fast“, sagt Ted Cannis, der die elf Milliarden Dollar verwaltet, mit denen Ford zu einer zukunftsfesten Marke mit einem dicken elektrischen Standbein werden soll – und die erste Mitfahrt im Prototypen rund um Elon Musks Firmensitz gibt ihm recht: Wenn der Entwicklungsingenieur auf der Jack Northrop Avenue das Pedal durchtritt, galoppiert der elektrische Erstling schneller davon, als etwa ein Porsche Macan Turbo S und die riesigen Space-X-Logos am Straßenrand verwischen im Augenwinkel. Und dabei handelt es sich bei dem Prototypen noch nicht mal um den GT, der den elektrischen Mustang mit einem Sprintwert von deutlich weniger als vier Sekunden gar vollends zum Muscle Car machen soll.

Wie alle dezidierten Elektroautos auf einer so genannten Skateboard-Architektur aufgebaut, gibt es den Mach-E mit zunächst zwei Batteriepaketen mit wahlweise 76 oder 99 kWh und WLTP-Reichweiten zwischen 420 und 600 Kilometern in der Basis mit Heckantrieb und je nach Batterie 190 oder 210 kW. Als Dual-Motor kommt er mit Allrad und 190 oder 248 kW und dann ist da noch der GT, der immer mit Allrad und XL-Akku antritt und auf eine Systemleistung von 342 kW kommt. Allerdings ist der Spaß ein bisschen früher vorbei als üblich: 185 km/h schaffen die Standard-Versionen und selbst dem performanten GT drehen die Amis bei 200 Sachen den Saft ab. Das ist für die Mutter aller Muscle Cars vielleicht ein bisschen wenig.

Während die Mustang-Gemeinde dem Tempo hinterherweinen wird, kann sie sich über eine andere Umstellung freuen – zum ersten Mal bietet der Mustang richtig Platz: Bei 4,71 Metern Länge und knapp drei Metern Radstand ist der Mach-E natürlich viel geräumiger und damit der erste Mustang, in dem man auch hinten bequem sitzen kann. Vom großen Kofferraum und den 100 Litern „Frunk“ im Bug ganz zu schweigen.

Dazu gibt es ein Interieur, das einen riesigen Sprung nach vorne macht. Selbst wenn Fit und Finish ein Jahr vor dem Serienstart noch zu wünschen übrig lassen und der Mach-E eben anderes als Mercedes, Audi oder Jaguar keinen Premium-Anspruch hat, fühlen sich schon die Prototypen solider an als jeder Tesla. Und vor allem sieht der Mach-E innen endlich mal modern aus und bringt ein bisschen frischen Wind in die Ford-Welt. Was so ein 15-Zoll-Display, das aufrecht vor dem ansonsten gähnend leeren Cockpit thront und nur von einem kleinen Bildschirm hinter dem Lenkrad flankiert wird, so alles ausmacht.

Neuer Aufbau, neues Ambiente, neuer Antrieb – so will Ford nicht nur den Mustang, sondern die ganze Motor Company fit für die Zukunft machen und wirft dabei viele Traditionen über Bord. Nur an einem Wert wollen die Amerikaner auch in der Ära der Akku-Autos festhalten: Dem Sound. An dem haben sie beim Mach-E so lange komponiert, dass selbst die E-Motoren verdächtig nach V8 klingen.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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