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Infiniti Q60: Herrenfahrer unterwegs!

Außergewöhnlich: Infiniti Q60

Herrenfahrer unterwegs

Der Infiniti Q60 ist ein großes Coupé für solvente Herren ohne Anspruch auf Rundenrekorde, das auch in Europa mit eigenständigem Design, kompletter Ausstattung und – last but not least – mit einem standesgemäß potenten Dreiliter-V6 gegen die deutsche Premium-Konkurrenz punkten will. Wie stehen die Chancen? 

Text: Bernhard Katzinger

Fotos: Infiniti
Gut, sooo solvent muss man gar nicht sein, um in den Club der Q6-Besitzer aufgenommen zu werden. Theoretisch kriegt man den in der oberen Mittelklasse angesiedelten Zweitürer ab 47.490 Euro – als 2.0-Liter mit 211 PS, 7 Gang-Automatik und Heckantrieb in der Basis-Ausstattung, die standesmemäß „Premium“ heißt.

Sechs Töpfe für ein Halleluja

Theoretisch deshalb, weil: Wenn Sie nach einem großen Coupé Ausschau halten, also auf den praktischen Nutzen von vornherein nicht (mehr) schauen müssen; wenn Sie die Wahl haben zwischen einem 2,0-Reihenvierer und einem Dreilitersechszylinder, der 400 PS freisetzt und Sie in glatten fünf anstatt siebenkommadrei Sekunden auf 100 km/h von der Kreuzung abfeuert; was werden Sie schon nehmen?

Eben, und wegen der knapp 20.000 Euro mehr… Vernünftiger Einstieg ist somit der doppelt aufgeladene Dreiliter-Sechszylinder mit Allradantrieb in der Ausstattung Sport um 65.990 Euro. Das ist nicht wenig Geld, damit spielt man auch schon im Club der mittelgroßen Coupés aus Deutschland mit, die allerdings preislich in noch lichtere Höhen aufrüstbar sind als der Q60. Aaaaber: Im Gegensatz zum Infiniti Q60 sind diese Autos geradezu Massenware auf unseren Straßen.

Der Exote

Was den Wagen im Vergleich zu seinen Mitbewerbern exotisch gut aussehen lässt, sind nicht nur seine High-Tech Ambitionen mit „digitalem Fahrwerk“ und Drive-by-Wire-Lenkung, sondern eben auch seine paar Extravaganzen designerischer Natur. Abgesehen davon, dass die Karosserieform keinerlei Alleinstellungsmerkmale bedarf – nur fünf Prozent der Käufer im Segment greifen zum, nüchtern betrachtet, unpraktischen Coupé, das trotz üppiger Motorisierung, ausladender Abmessungen und dem Auftritt eines Oberklasse-Zweitürers lediglich für zwei Personen bequem – und für vier nur im Notfall – Platz bietet.

Nutzen zweitrangig

Dieses Auto sagt: Ich bin nur zum Spaß da. Der Nutzen kommt eindeutig an zweiter Stelle. Der Fahrer kommt zwar stilecht zum Golf, aber für den zehntägigen Golfurlaub mit Partner wird der Platz schon knapp. Wirtschaftlichkeit wäre dann besser auch eher weit unten auf der Checkliste des Q60-Interessenten angesiedelt. Da kann der Hersteller sich noch so brüsten mit der Effizienz des aus Alu gefertigten V6 mit Direkteinspritzung: Abgerechnet wird an der Zapfsäule, mit zweistelligen Verbräuchen ist zu rechnen.

Der Durst des zwischen 1,7 und 2 Tonnen schweren großen Coupés wird allerdings gemildert durch die Attitüde, die es verbreitet: Es lädt zum Gleiten statt Hetzen ein mit seinem alles wegbügelnden Fahrwerk, seinen Komfortfeatures und umfassender Automated Drive-Funktionen wie Active Lane Control, Abstandsassistent oder intelligente Cruise Control. Im Labor schafft der 3.0t den Limbo unter der 10 Liter-Latte. Soviel sei den Sparmeistern als Herausforderung angetragen.

Doch ist kleinliche Pfennigfuchserei nicht sowieso unter der Würde unserer solventen Herrenfahrer-Zielgruppe? Das bissl Benzin, was kauft man sich nicht alles um die paar Extra-Netsch ein? Individualität, so manch interessierten Seitenblick an der Kreuzung, das Gefühl, sich abheben zu können von der Masse.

Hm?!

Bernhard Katzinger

War bis 2017 Teil der Motorblock-Redaktion.

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