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Jaguar E-Pace: Hauskatze mit Jagdtrieb

Hauskatze mit Jagdtrieb

Der Jaguar E-Pace

Bis vor nicht allzu langer Zeit gab’s bei Jaguar scharfe Sportwagen und (mehr oder weniger) dicke Premiumlimousinen (und -kombis) – und nicht viel dazwischen. Doch mit dem F-Pace, der einer Luxuslimousine zugegebenermaßen in Sachen Komfort um nichts nachsteht, haben sich die Briten der Thematik der SUVs geöffnet. Und da kompakte SUVs zurzeit eben am besten gehen, gibt’s jetzt den E-Pace. Der bricht aus der englischen Zweifaltigkeit aus und gibt sich abenteuerlustig, aber doch familienverbunden.

Text: Jakob Stantejsky
Abenteuerlustig, weil die Engländer ihre kleine Katze betont sportlich abgestimmt haben: Die Federung kommt für ein SUV ziemlich hart daher und macht von vornherein klar, dass der E-Pace einen gewissen Jagdtrieb mitbringt, den er am liebsten auf kurvigen Straßen auslebt. Klar, F-Type ist er keiner – soll er aber auch gar nicht sein. Denn wenn man das Gaspedal mit entspannter Sohle streichelt und das nächste Eck ruhiger angeht, dann schnurrt der Kompakt-Jaguar auch gern ganz bequemlich durch die Gegend und zeigt sich als gemütliche Hauskatze. Der Übergang erfolgt dabei fließend und unterwirft sich ganz dem Willen des Fahrers, man bleibt also stets der Boss (Was ja bei lebendigen Hauskatzen oft so gar nicht der Fall ist…).

Motorisch wurden alle vier Räder unserer Testkatze vom 180 PS-Diesel mit Automatik angetrieben, der sich im Alltag als ideale wohl als ideale Wahl entpuppen dürfte. Zwar reicht die Palette vom 150 PS-Diesel mit Frontantrieb und Handschaltung bis hin zum 300 PS-Benziner mit Allrad und Automat, doch die goldene Mitte ist zumindest für Familienmenschen mit sportlicher Affinität wohl tatsächlich eine gute Wahl. Der E-Pace tritt nach einer kurzen Denkpause sehr energetisch an und gibt sich auch beim Überholen überlegen, bewahrt aber doch noch eine gewisse Sparsamkeit und verschleudert Treibstoff und Emissionen nicht wie ein Wahnsinniger. Klar, mit dem 240 PS-Selbstzünder oder eben dem Topbenziner geht sicher noch deutlich mehr weiter, aber das geht dann schon ordentlich ins Geld und ist was für Junggesellen, die sich den Jaguar eher als Spielgefährten anschaffen denn als Nutztier für die Familie.
Für alle Insassen herrscht sowieso die heile Welt, denn ein Jaaag ist und bleibt ein Jaaag und deshalb findet man auch im E-Pace nur schön anzusehende Materialien, an die man sich auch gerne anschmiegt. In Richtung Luxus sind da markentypisch wenige Grenzen gesetzt, wer also ordentlich investieren möchte, kriegt dafür auch reichlich zurück. Das Cockpit ist zwar nicht ganz so digital wie etwa im I-Pace, doch die Mischung aus Tradition und Moderne funktioniert und erfolgt ebenso logisch wie die Bedienung des Infotainmenttouchscreens. Das Handy ist in Windeseile verbunden, die Zielführung in null komma nix aktiviert und auch während der Fahrt navigiert man sich mit fliegenden Fingern durch die Menüs.

Optisch bleibt der E-Pace betont nah an den diversen Jaguar-Brüdern, wirkt mit dem besonders knackigen Popsch und dem aufgeweckten Augenaufschlag allerdings einen Deut jugendlicher. Ein Blickfänger ist er offenbar definitiv, denn mir ist des Öfteren aufgefallen, dass an der Kreuzung mehr als nur ein Augenpaar an der Katze hängen geblieben sind. Ein breit grinsender Jaguar F-Type-Fahrer, der an der Ampel neben mir stehen bleibt und dann anerkennend den Daumen in die Höhe reckt, unterstreicht, dass der E-Pace als echter Teil der Jaguar-Familie gesehen wird – auch wenn er sowas wie das Nesthäkchen ist.
SUVs und Jaguar, das war vor wenigen Jahren noch undenkbar. Mittlerweile haben die Briten allerdings auch einen kompakten Klettermax im Angebot, der trotz enger Verbundenheit zur Tradition auch eine gehörige Portion frische Eigenständigkeit mitbringt. Egal ob als Einstiegsmodell in die Welt der Raubkatzen oder als Alternative zu den anderen Modellen – der Jaguar E-Pace bietet einen spannenden Kompromiss, der bisher so noch nicht auf dem Markt war. Denn ganz ohne Sportabteilungskürzel tritt er dynamisch und sportlich auf, vergisst dabei aber nicht auf die Kernkompetenz der Kompakt-SUVs: Jungen Familien ein zuverlässiger und heimeliger Begleiter zu sein. Von verschmuste bis verspielte Hauskatze kriegt man mit dem E-Pace alles, nur eine wirklich wilde Raubkatze ist er halt nicht. Aber dafür sind sowieso andere Jaguare zuständig.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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