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MASH – Freiheit auf französisch

Motorblock fährt MASH

Zwei Dinge freuen den Motorradfahrer: wenn sein Bike auf der Hausstrecke mithalten kann, und wenn beim Wirten neugierige Blicke anerkennend das Eisen mustern. Für Ersteres braucht man Leistung, Fahrwerk und Fahrkönnen, Letzteres ist Aussehen, Seltenheit und Exotik des Fahrzeugs geschuldet. Zur Performance der MASH kommen wir später, vorerst wollen wir uns mal dem ersten Eindruck widmen.

Text: Martin Swoboda. Fotos: Homolka
MASH? Genau, und zwar so betont, wie man´s spricht, nicht Mäsch, weil entgegen der vordergründigen Optik das Gerät nicht englischen Ursprungs ist, sondern wir es einer Gruppe französischer Enthusisten verdanken. Die beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit dem Import und Vertrieb teils exotischer Vehikel der Species Quad und Scooter sowie koreanischer Massenware, andrerseits hat man sich dem Endurosport verschrieben. Und nun eben eine eigene Marke kreiert.
Und innerhalb eines Jahres eine beeindruckende Modellpalette hingelegt, von der 125er in 7 wahrlich ansprechenden Varianten über 2 Versionen der 250er bis hinauf zur FIVEHUNDRED, natürlich serviert man auch die in verschiedenen Geschamcksrichtungen. Allen gemeinsam ist die recht radikale Retro-Ausrichtung, mit Ausnahme der Enduro, aber das ist eben eine andere Geschichte. Die FIVEHUNDRED etwa ist klar an der Yamaha SR selig angelehnt die sich wiederum die 120er Bonnie zum Vorbild genommen hatte, womit wir tief in der britischen Bike Historie angekommen wären.

Die SR ist immer noch am Markt, als 400Kubik Version halt, was auch erklärt, warum oben erwähnte Neugierige gerne argwöhnen es würde sich um eine solche oder gar eine schön renovierte alte Yamaha handeln. Und wieso das volle Krügel verbauen, wenn offensichtlich ein reichlich eingeschenktes Seidl auch reicht, haben sich die Franzosen scheinbar gedacht und der FIVEHUNDRED einen Motor mit genau threehundredninetyseven Kubikcentimeter spendiert. Der bringt halt nur 27 Pferde auf´s Hinterrad, dafür wiegt die ganze Fuhre auch keine Hundertfünfzig Kilo.

… erster Vorteil gegenüber der Yamaha-Cousine: man kann, muss aber nicht kicken. Selbst für den orthodoxesten Konservativling auf zwei Rädern ist das ein Argument, schließlich muss man nicht so auf´s Schuhwerk achten …

Was erstaunt. Denn im Gegensatz zu der ebenfalls historisierenden Konkurrenz, zumal jener aus Millwaukee ist hier alles Stahl was glänzt, verchromt, poliert oder lackiert, aber jedenfalls massives Metall, bis hinunter zu Kettenschützer und einem kunstvoll aus einem langen Stück Formstahl gebogenen Bremspedal, gab ja eigentlich nie etwas auszusetzen an den Dingern. Und den Herstellungskosten tut es auch gut, wahrscheinlich gibt es halt auch mehr Chinesen die noch Blech biegen können als solche, die produktive Plastikpressen zu bauen gewillt sind.

Ja, die MASHs werden in China gefertigt und ich muss gestehen: das ist ihr Schaden nicht! Die Fertigungsqualität ist durchwegs überzeugend, Schweissnähte, Schrauben, Steckverbindungen, alles tadellos, dem Vernehmen nach sind die Franzosen echt streng gewesen, strenger als sie es bei den Koreanern je hatten sein können würd´ ich sagen.

Eigentlich alles nebensächlich, werden Sie sagen, wie fährt sie sich? Erster Vorteil gegenüber der Yamaha Cousine: man kann, muss aber nicht kicken. Selbst für den orthodoxesten Konservativling auf zwei Rädern ist das ein Argument, man muss nicht so auf´s Schuhwerk achten, einen verstauchten Daumen habe ich mir jedenfalls beim Starten noch nie geholt. Der Eintopf blubbert sonor im Lehrlauf vor sich hin, kernig aber sozial.

Das Anfahren gestaltet sich so unkompliziert, wie man es von einem modernen Motorrad erwarten darf, von einem Veteranen ähnlichen Aussehens aber nie würde. Nur Drehmoment ganz unten darf man sich halt nicht zu viel erwarten, das kommt, immer noch nicht überfordernd aber doch noch weiter oben im Drehzahlbereich. Den erreicht man ganz behende, willig dreht die MASH hoch, die etwa von der SR bekannten Vibrationen bleiben aus, nähert man sich dem roten Bereich am Drehzahlmesser lässt der Drang nach, aber da hat man ohnehin schon den nächste der fünf Gänge drin.

Mit der höchsten Übersetzungsstufe darf man sich zwar durchaus auch auf die Autobahn trauen, hundertdreissig Sachen am Tacho sind drin, wenn auch nur im Windschatten einer hohen Familienkutsche. Wird man aber ohnehin nur versuchen, wenn man wieder mal zu viel Freude im Voralpenland gehabt hat, dort kann sie nämlich auftrumpfen. Spielerisch zirkelt man sie durch die typischen Kurvenradien zwischen Dopplerhütte und Kalter Kuchl, dank der schmalen, übrigens erstaunlich griffigen Pneus von Yuanxing, hält man noch aufrecht sitzend mit den Ledernacken mit, wenn die schon ihre Knie abwinkeln. Zumindest so lange es nicht allzu steil bergauf geht.

Man kann sich nämlich ganz auf die schwungvoll Linie konzentrieren, weder High- noch Lowsider drohen, geringe Motorleistung hat halt doch auch Vorteile. Geringes Gewicht sowieso, da überfordert man auch nicht die Bremsen, die zwar durchaus angemessen verzögern, nur das Feedback vom Hebel ist halt recht elastisch. Wie auch die Gabel bei heftiger Verzögerung interessante einseitige Impulse liefert, allerdings erst im gehobenen Angriffsmodus, den ohnehin nur erwachsene Biker einlegen, und denen macht das schon wieder Spass.

Zurück in der Stadt ist die MASH dann wieder beinahe unschlagbar, da kann dann auch der etwas schmale Lenker überzeugen, Durchschlängeln und Hakenschlagen liegt ihr im Blut. Daß die Reaktionen der eingeschweissten Autolenker meist freundlich oder wenigstens gleichgültig ausfallen dürfte ihren Gentleman haften Auftritt geschuldet sein, ein klarer Vorteil gegenüber den mit agressivem Neid begegneten Rollern. Welchen die FIVEHUNDRED, wie auch alle anderen MASHs, noch ein weiteres starkes Argument entgegenhalten kann: den Preis! Die beste Nachricht haben wir uns nämlich bis zum Schluss aufgehoben. Exakt 4.799 Euro kostet der Spass, den dieses Bike sogar dem verwöhnten Fahrer bereitet, und so das Label Damenfahrzeug rasch abschüttelt. Wobei, vielleicht bringt man ja mit der MASH die beste Sozia von Allen sogar selbst ans Steuer?!

Rainer Behounek

War bis 2017 Teil der Motorblock-Redaktion.

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