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Mazda 3: Mit Grazie und Gefühl

Mit Grazie und Gefühl

Der neue Mazda 3

Eine perfekte Sitzposition, ein gutes Gefühl für die Straße und eine ungewohnte Nähe zwischen Mensch und Maschine – wenn Chief Engineer Kota Beppu über sein jüngstes Projekt spricht, dann klingt das, als ginge es um einen leidenschaftlichen Sportwagen. Doch der Mazda-Mann verantwortet weder den MX-5, noch arbeitet er am überfälligen Nachfolger des RX-8. Sondern Beppu hat die Entwicklung des neuen Mazda3 geleitet – einem Volumenmodell, das den Massengeschmack bedienen und sich in der dicht besetzten Golf-Klasse behaupten muss. Weil die Zahl der Konkurrenten dort schier unüberschaubar ist, hat der Projektleiter einen unkonventionellen Weg für mehr Aufmerksamkeit gewählt: Wo VW & Co die Technokraten geben und mit kühler Perfektion punkten wollen, gibt es bei Mazda Grazie und tatsächlich jede Menge Gefühl, wenn die vierte Generation des Dreiers am 22. März zu Preisen ab 22.990 Euro in den Handel kommt.

Von Thomas Geiger
Diesen neuen Anspruch unterstreicht Mazda bereits mit dem Design: Ohnehin schon als asiatische Antwort auf Alfa Romeo gelobt, gehen die Japaner mit ihrem Kodo-Stil jetzt noch einen Schritt weiter und setzen gar vollends auf die verführerische Kraft perfekter Proportionen. Auf die üblichen Linien, Falze und Sicken im Blech, mit denen die Designer sonst das Licht brechen und die Blicke fangen, verzichten sie stattdessen nahezu komplett und setzen statt dessen auf ein volles Volumen und Flächen, die man förmlich streicheln will. Dass er Hatchback dabei eine Kehrseite bekommt, vor der man entweder niederknien oder wegen der breiten C-Säulen davonlaufen will, nehmen sie billigend in Kauf.
Aber es ist nicht nur das Design, das den Unterschied machen soll. Sondern Beppu hat tatsächlich so viel Energie auf die Ergonomie und die Einheit von Mensch und Maschine verwandt, als hätte er einen Sportwagen entwickelt. Das Ergebnis ist ein Fahrgefühl, wie man es in dieser Klasse allenfalls von GTI & Co kennt: Der Dreier wirkt engagiert, ist verbindlich und präzise und schneidet mit so viel Verve durch die Kurven, dass man nicht nur wegen des gleichen Namens an BMW denken muss.
In Fahrt bringen den Dreier dabei zunächst zwei alles andere als sportliche Motoren. Denn zum Start gibt es einen flüsterleisen 2,0-Liter-Benziner mit Zylinderabschaltung, den ein Riemenstarter-Generator zum Mild-Hybrid macht, sowie einen ziemlichen konventionellen Diesel, und beide haben nicht überbordend viel Kraft: Der Otto-Motor leistet gerade mal 122 und der Diesel sogar nur 116 PS, so dass keiner der beiden Motoren die 200er-Marke reißt.

Aber die Revolution steht schon in den Startlöchern und kommt zu den Sommerferien. Dann bringt Mazda als erster und auf absehbare Zeit wohl auch einziger Hersteller den so genannten Diesotto-Motor in Serie – einen Benziner, dessen Treibstoffgemisch sich wie bei einem Dieselmotor durch die Kraft der Kompression selbst entzündet und dann noch effizienter verbrennt. Unter dem Namen Skyactiv-X kommt er als 2,0-Liter mit um die 190 PS und 230 Nm.
Zwar treiben die Japaner für diese so genannte Kompressionszündung einen extrem hohen Aufwand, schalten dem Motor einen Kompressor vor, um überhaupt so einen hohen Druck zu erzeugen, und bauen als Kontrollinstanz für die Selbstzündung trotzdem noch konventionelle Kerzen ein, die den Motor in bestimmten Lastbereichen auch ganz konventionell anfeuern können. Doch versprechen die Entwickler entsprechend große Vorteile: Das Drehmoment sei immerhin 30 Prozent höher als bei den aktuellen Benzin-Motoren in der Mazda-Palette und der Verbrauch gehe um etwa ein Viertel zurück. „So vereinen wir das Beste aus zwei Welten“, sagen die Ingenieure.
Das ist vielversprechend und fühlt sich in den ersten Prototypen tatsächlich spektakulär an. Aber selbst mit seinen vergleichsweise mageren 122 PS macht der Dreier schon eine gute Figur. Er ist souverän und solide und man mag kaum glauben, dass er tatsächlich mehr als zehn Sekunden auf Tempo 100 braucht. So fühlt sich der Japan-Golf deshalb eher nach Premium an als nach Prekariat und man möchte fast den Stern auf der Haube oder die Ringe im Grill suchen, so souverän fährt der Kompakte.

Das ist ein Anspruch, den Mazda auch mit der üppigen Grundausstattung unterstreicht: Nicht umsonst sind neben den LED-Scheinwerfern und der Navigation auch die automische Abstandsregelung und sogar das Head-Up-Display Serie – Extras, die es bei vielen Konkurrenten nicht einmal für Geld und gute Worte gibt.
So sehr sich Beppu auf das Fahrvergnügen konzentriert hat, gingen dabei aber ein paar andere Tugenden verloren: Die Hinterbänkler zum Beispiel sitzen allenfalls mittelmäßig und sehen durch die schmalen Scheiben nahezu nichts. Der Blick des Fahrers nach hinten verfängt sich in der breiten C-Säule und dem weit nach unten gezogenen Dach und der Kofferraum hat eine viel zu hohe Ladekante und ist mit 358 Litern auch nicht der größte.

Aber diese Probleme kann Beppu bald lösen: Ab dem Sommer gibt’s den Mazda 3 auch als handliche Limousine – mit mehr Aussicht und größerem Kofferraum.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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