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Mercedes EQ: Luxus an der Ladesäule

Sie kommen spät, aber gewaltig: Denn nachdem der erste rund um den Elektronantrieb herum entwickelte Mercedes lange auf sich warten ließ, wollen die Schwaben nun im Windschatten dieses EQ S gleich eine ganze Armada von Akku-Autos auf den Markt bringen und sich dabei nach der neuen Maxime von Konzernchef Olla Källenius vor allem auf die Oberklasse konzentrieren. Für 2021 kündigt der Schwede in Schwaben deshalb eine Luxus-Offensive an der Ladesäule an und stellt gleich vier Premium-Stromer in Aussicht: Neben dem EQ S wird es bald auch einen EQ E geben und zu beiden im Onebow-Design gezeichneten Limousinen sollen sich schnellstmöglich die entsprechenden SUV gesellen. Auch GLE und GLS bekommen dann elektrische Alternativen.

Von Thomas Geiger

Sie alle nutzen einen neuen, modularen Systembaukasten, der in Radstand, Spurweite und Batteriekapazität variabel genug ist, um alle Fahrzeugkonzepte jenseits der Kompaktklasse abzudecken. Und natürlich nutzen sie das viel gelobte MB UX-System, das stetig weiterentwickelt wird und im EQ S den nächsten Meilenstein markieren soll.

Wenn der im nächsten Frühjahr die Luxus-Offensive einleitet, wird der Luxusliner aller Tarnfolie zum Trotz nur noch wenige Überraschungen bieten. Denn niemand bei Mercedes lässt Zweifel daran, dass sich die viel beachtete Studie von der letzten IAA und das Serienmodell zumindest außen ziemlich nahe sind: Auch der finale EQ S wird deshalb mehr als fünf Meter lang und ist in Bausch und Bogen gezeichnet: Der klassische Stufenschnitt der Limousinen wird aufgelöst und die S-Klasse sieht plötzlich ziemlich altbacken aus. Und selbst wenn es wohl weder die Hologramm-Scheinwerfer noch einen digitalen Kühlergrill mit LED-Matrix und wohl auch kein Heckleuchtenband mit 229 illuminierten Mercedes-Sternen geben wird, dürfte der EQS eine hübsche Lightshow abziehen.

Die Technik unter dem neuen Hut ist für Mercedes fast noch wichtiger: Denn nachdem Mercedes bislang nur konventionelle Plattformen umgerüstet hat, leisten sich die Schwaben zum ersten Mal eine dezidierte Elektroarchitektur und können alle Packaging-Vorteile nutzen: Die Überhänge werden kürzer und der Innenraum bietet entsprechend mehr Platz und anders als der EQ C hat der Vision EQ S auch keinen Hängebauch mehr, sondern der Akku verschwindet tatsächlich komplett im Wagenboden. Dabei ist er größer denn je. Denn um adäquate Fahrleistungen zu bieten, wird bei Mercedes mal wieder geklotzt statt gekleckert. 100 kWh soll die Batterie mindestens haben, stellen die Entwickler in Aussicht und versprechen eine Reichweite von über 700 Kilometern. Und weil theoretisch mit 350 kW geladen wird, sind die Zellen binnen weniger als 20 Minuten zu 80 Prozent voll. So schnell wie beim Laden ist die Vision EQ S auch beim Fahren: Mit knapp 500 PS und bald 800 Nm beschleunigt der voll variable Allradantrieb in weniger als 4,5 Sekunden auf Tempo 100 und erlaubt mehr als 200 km/h.

Zwar ruhen viele Hoffnungen der Schwaben auf der neuen Architektur und Källenius will den Weg zurück in die Gewinnzone mehr denn je durchs Oberhaus finden. Doch nur mit Luxus ist die Mobilitätswende auch für Mercedes nicht zu schaffen, und eine zweite Akku-Architektur wird wohl noch ein wenig dauern. Deshalb geht auch die Umrüstung weiter: So, wie die Schwaben aus dem GLC bereits den EQ C gemacht haben, wollen sie deshalb Anfang nächsten Jahres den EQ A auf Basis des GLA bringen und ein paar Monate später noch einen elektrischen GLB nachschieben. Schließlich muss Källenius nicht nur den Kurs wieder nach oben bringen, sondern auch die CO2-Kurve drücken. Und wenn er Wort halten und Daimler bis 2039 tatsächlich CO2-neutral machen will, dann gilt ein ambitioniertes Zwischenziel: Bis 2030 sollen die Hälfte aller Autos mit Stecker fahren.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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