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Mercedes G-Klasse – Update für ein Urtier

Mercedes G-Klasse

Der VW Käfer ist Geschichte, der Porsche 911 fast bis zur Unkenntlichkeit modernisiert und die Tage des Land Rover Defender sind mittlerweile auch gezählt – den automobilen Dinosauriern geht es in Zeiten verschärfter Abgasnormen und Crashvorschriften weiter an den Kragen. Nur einer trotzt der Evolution, wie er auch allem anderen Unbill die Stirn bietet: Die Mercedes G-Klasse.

Text: Thomas Geiger
In jetzt schon 36 Jahren vom Arbeitstier in Waidmanns-Grün und Nato-Oliv zum silbern strahlenden Lifestyle-Auto für Designgurus und SUV-Besserwissern aufgestiegen, kämpft sie wacker gegen das Aussterben. Mittlerweile hat Mercedes so oft das Ende definiert und dann doch wieder verschoben, dass die Schwaben jetzt einfach weiter machen und den Klassiker mit regelmäßigen Frischzellenkuren über die Zulassungshürden heben. Deshalb gibt es auch jetzt wieder ein Update für das Urtier und die G-Klasse kommt in diesen Tagen mit zwei neuen Motoren in den Handel. Ach ja, und einen größeren Navibildschirm und modernere Instrumente gibt es auch.

Mit den neuen Motoren bedient Mercedes zwei sehr gegensätzliche Pole. Denn für Knauser drückt der um 15 Prozent auf 245 PS erstarkte V6-Diesel den Verbrauch auf 9,9 Liter und macht den 350d zur sparsamsten G-Klasse aller Zeiten. Und für Genießer gibt es einen neuen V8-Benziner. Denn wer auch ohne das AMG-Logo seinen Spaß haben und gegenüber dem G 63 immerhin fast 50.000 Euro sparen will, der kann den neuen G 500 kaufen. Wobei auch in dem jede Menge Know-How aus Affalterbach steckt – schließlich basiert der 4,0 Liter große V8 auf dem Triebwerk des Supersportwagens GT, das für den Einsatz in der Großserie nur ein wenig gezügelt wurde.
Zwar ist von der Dynamik aus dem GT nicht mehr ganz so viel zu spüren, wenn sich der Koloss mit nun 422 PS und 610 Nm dem Wind entgegen wirft. Doch für einen 2,6 Tonnen schweren Stahlschrank auf Rädern sind ein Sprintwert von 5,9 Sekunden und ein Spitzentempo von 210 km/h ganz schön beeindruckend. Denn in einem Panzer fühlt sich das gleich ganz anders an als in einem Porsche. Und dass der Wagen jetzt 12,3 statt 14,9 Liter verbrauchen soll, grenzt an ein Wunder.

… Es gibt keinen, aber wirklich keinen Mercedes, der so wundervoll klingt, wie die G-Klasse …

Was dem G 500 dabei noch an Speed fehlt, macht er dafür mit Sound wett. Es gibt keinen, aber wirklich keinen Mercedes, der so wundervoll klingt, wie die G-Klasse. Was dort aus den Stummelrohren blubbert, das ist Heavy-Metall für Genießer, ein Gurgeln und Grollen, ein Donnern und Dröhnen, das jeden Tunnel zur Traumstrecke macht. Er braucht schon eine Anlage von Burmester oder Bang & Olufsen, wenn unter seiner Haube die Berliner Philharmoniker zur Jam Session mit Metallica aufspielen.

Zwar sind es solche Neuerungen, die den Dinosaurier frisch halten und vor dem Aussterben bewahren. Und es sind vor allem Änderungen, bei denen sich die G-Klasse treu bleibt. Doch für Baureihenchef Gunnar Güthenke ist das eine Gratwanderung. Denn bei allem glauben an den Fortschritt gibt es ein paar Eigenheiten, die den Charakter der G-Klasse ausmachen und die Güthenke nie preisgeben würde. Klar, braucht man ein bisschen mehr Kraft, um die Türen ins Schloss zu werfen. Natürlich klingt die Verriegelung so antiquiert wie das Scheuern eines Wählscheibentelefons.

Und selbstverständlich bricht man sich bisweilen einen Fingernagel, wenn man zum Öffnen auf das Türschloss drückt. Aber ein G wäre kein G, wenn er nicht ein paar solcher Schrullen hätte. Deshalb mögen zwar immer mal wieder neue Motoren kommen, neue Assistenzsysteme und ein paar zusätzliche Schaltkreise. Aber daran wird Güthenke genauso wenig rütteln wie am Design: „Denn bevor die G-Klasse rund wird, bekommt die Erde Ecken.“

Rainer Behounek

War bis 2017 Teil der Motorblock-Redaktion.

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