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Mercedes GLB Abnahmefahrt: Einer G-eht noch

Einer G-eht noch

Mercedes GLB Abnahmefahrt

Die Studie aus Shanghai war nur das Vorspiel: Während sich das Concept GLB in China auf der Messebühne im Rampenlicht aalt, dreht Jochen Eck bereits seine Runden mit den Serienmodellen. Oder zumindest mit dem, was mal die Serienmodelle werden sollen. Denn Eck leitet die kleinen Baureihen auf der MFA-Architektur bei Mercedes und hat nur noch ein paar Wochen Zeit für den Feinschliff, bevor der jüngste Zuwachs in der kompakten Mercedes-Familie zur IAA in Frankfurt seinen Einstand gibt.

Von Thomas Geiger
Deshalb war er im Winter Woche für Woche auf den Eisseen und den tief verschneiten Landstraßen am Polarkreis unterwegs und kurvt jetzt immer und immer wieder über die Dörfer rund um Sindelfingen, feilt an der Lenkung und an der Kraftverteilung des Allradantriebs und vor allem am Setup für Federn und Dämpfer.
Einerseits ist das eine leichte Übung. Schließlich nutzt der GLB die Technik von A-Klasse & Co, die Eck nach bislang sechs Karosserievarianten in der zweiten Generation hinlänglich vertraut sein dürfte. Und anderseits hat es der Baureihenleiter hier mit einem völlig neuen Auto zu tun und muss neue Ansprüche erfüllen. Schließlich ist der GLB nicht nur der größte Vertreter der Familie, ist entsprechend gewichtiger und hat einen anderen Schwerpunkt. Als erster Siebensitzer der Familie bietet er auch ein weiteres Einsatzspektrum als alle anderen Mercedes-Kompakten. Und ganz nebenbei hat er das Zeug zum meistverkauften Modell der Marke, so dass Eck durchaus einen gewissen Druck spürt.
Den hatten auch die Designer, die deshalb kurz vor der finalen Freigabe noch einmal einen Kurswechsel hingelegt haben: War der GLB lange als kleine Ausgabe der G-Klasse gehandelt worden und entsprechend rustikal gezeichnet, verbirgt sich unter der Tarnfolie jetzt ein zu heiß gewaschener GLS und die Abenteuerausstattung aus Shanghai war nur Show. Zwar gibt es damit statt Ecken, Kanten und Charakter nun ein schnörkelloses Allerweltsdesign im typisch cleanen Mercedes-Stil mit viel Kontur und wenig Linien. Doch ist das erstens sicher kompatibler mit dem globalen Geschmack und zweitens allemal aufregender als bei Pampersbombern wie dem Gran Tourer aus der BMW Zweier-Reihe oder dem VW Touran, mit denen der GLB vor allem konkurrieren wird.
So vertraut die Form ist, so neu ist das Format: Schließlich hat Mercedes seien MFA-Plattform dafür in der Länge auf 4,63 Meter und im Radstand auf 2,83 Meter gestreckt. Das schafft zum ersten Mal in der Kompaktklasse bei Mercedes Platz für eine dritte Sitzreihe, deren beide Sessel man mit einem Handgriff aus dem Wagenboden klappen kann. Und damit man diese beiden Plätze auch halbwegs komfortabel erreichen und zudem seine individuelle Balance zwischen Kniefreiheit und Kofferraum findet, lässt sich in der zweiten Reihe nicht nur die Lehne in acht Stufen neigen, sondern man kann die gesamte Bank zudem um 14 Zentimeter verschieben.
Unter dem Blech birgt der GLB dagegen keine großen Überraschungen. Sondern als jüngstes Kind der MFA-Familie übernimmt auch er das flimmernd bunte Cinemascope-Cockpit samt dem wegweisenden Bediensystem MB UX, es gibt die Wellness-Funktionen des Energizing Comfort Systems, ein vielfältiges Heer von Assistenten – und die bekannten Motoren. Auf der Messe in Shanghai steckt hinter dem wuchtigen Grill der 2,0 Liter große Vierzylinder aus dem A 250, der es auf 225 PS und 350 Nm bringt und mit etwas Glück an den 250 km/h kratzt. Aber wenn er beim Händler steht, wird es den GLB auch als 200er oder 220er geben und natürlich auch mit Diesel.
Und das ist nur der Anfang. Denn natürlich wird es sich auch AMG nicht nehmen lassen, daraus einen 35er oder gar einen 45er zu machen. Und allen Kritikern, die auf ein baldiges Aussterben der SUV hoffen, wollen die Schwaben in zwei Jahren eine lange Nase drehen: Dann bekommt der GLB einen Elektroantrieb und wird zum EQ B – und für Jochen Eck stehen noch ein paar Entwicklungsfahrten mehr auf dem Plan.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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