Was bringt die Zukunft?
Messerundgang auf der Tokyo Motor Show
Wie passend: Im Wetterbericht warnen sie vor einem Jahrhunderttaifun und auf den Wirtschaftsseiten bringen sie stürmische Kampfansagen. Die in der letzten Zeit arg verschlafenen Autohersteller aus Japan, so war da zu lesen, wollten zum Heimspiel bei der Motorshow in Tokio eine Attacke reiten und sich endlich auch bei den Zukunftsthemen wieder richtig ins Gespräch bringen.Von Thomas Geiger
Doch so, wie sich der zum Wochenende vor der Show erwartete Taifun als laues Lüftchen entpuppte, herrschte auch auf der Messe überraschenderweise eher Flaute. Denn so viele Premieren die vielen Japaner und die wenigen Importeure auch aus dem Hut gezaubert haben, so wenig Weltbewegendes war am Ende darunter, und nach Autos mit europäischer Relevanz musste man noch länger suchen.
So hat zwar Marktführer Toyota bald ein Dutzend neuer Studien und Vorserienmodelle ins Rampenlicht gerückt. Doch außer dem sehr fernen Appetitanreger für den Supra als geschlossene Variante des nächsten BMW Z4 sind alle Messemodelle allenfalls von lokaler Bedeutung. Und während die bei der Neuauflage des barocken Flaggschiffs Century, der Mittelklasse-Limousine Crown, einem neuen Einheitstaxi im Look von London und einem Brennstoffzellen-Bus für die olympischen Spiele im Jahr 2020 noch relativ groß ist, haben selbst die Japaner für Konzepte wie den TJ Cruiser als hartgesottenen Offroad-Van oder eine elektrische Luxuslounge auf Rädern im Stil des Mercedes F-125 nur ein höfliches Lächeln übrig.
Nissan nutzt das allerdings nicht zum großen Gegenschlag: Weil der Leaf in Japan erstens nur eine Nebenrolle spielt und zweitens schon vor ein paar Wochen enthüllt wurde, darf jetzt der Haustuner Nismo ein paar Emotionen ins erfolgreichste Elektroauto der Welt zaubern und die Forscher dürfen – mal wieder – eine Studie für den Übergang zum autonomen Fahren ins Rampenlicht rücken. Dumm nur, dass weder die Crossover-Form, noch das automatisch einfahrende Lenkrad oder die variable Sitzlandschaft und schon gar nicht der Elektroantrieb etwas wirklich Neues sind.
Die größeren Überraschungen findet man deshalb bei den zumindest in der Wahrnehmung kleineren Herstellern. So hat Honda einen schnuckeligen Elektro-Roadster mit halbwegs realistischen Serienchancen enthüllt. Und Mitsubishi nutzt den Schwung durch den Einstieg von Renault und Nissan zwar nur für eine weitere haltlose Studie, verkündet aber einen engagierten Plan, wie die Marke endlich wieder mehr Marktbedeutung bekommen soll. Und die beiden schönsten Autos der Messe stehen mal wieder bei Mazda. Nur sind selbst die wirklich spektakulären Studien, die relativ konkret den nächsten Dreier und etwas abstrakter den neuen Sechser vorwegnehmen, so recht keine Überraschung. Denn wenn man von einem japanischen Hersteller mittlerweile stilsicheres Design für den globalen Geschmack erwartet, dann ist es Mazda.
Die Großen kleiner als erwartet, die Kleinen mit wachsender Bedeutung und alle zusammen ziemlich lau – von Sturm kann da keine Rede sein. Sondern mit so einer Flaute segelt die Motorshow so langsam ins Abseits. Umso unverständlicher, dass die bei den Japaner besonders angesehenen Hersteller aus Deutschland diese Chance nicht nutzen und nur alte Kamellen wie den VW ID Buzz, die BMW Z4-Studie oder den Mercedes EQ A auf die Bühnen rollen. Denn leichter als in Tokio hätten sie einen Sturm nirgends sonst entfachen können. Und Wind machen können sie sonst ja ganz gut.