Mini ist keine Frage der Größe – zumindest nicht bei BMW. Denn wenn der britische Ableger der Bayern im Herbst den überfälligen Neustart wagt und dafür auf der IAA in München neben der nächsten Generation des künftig Cooper genannten Dreitürers auch die dritte Generation des Countryman zeigt, geht der gehörig als dem Leim: Zusätzliche 13 Zentimeter strecken ihn auf 4,43 Meter und machen ihn zum bislang größten Mini in der Geschichte. Weil er künftig ein echtes SUV sein will, ragt er auch sechs Zentimeter höher auf und steht entsprechend bullig auf der Straße. Und damit das Wachstum auch den Insassen zugutekommt, legt der Radstand ebenfalls zu und misst nun solide 2,67 Meter.
Mehr Mini denn je, das gilt nicht nur fürs Format, sondern auch für die Form. Denn selbst unter der kunterbunten Tarnfolie der Prototypen lässt sich das typische Mini-Design bereits bestens erkennen: Vorne glubschige Kulleraugen und ein glattes Schild als Kühlergrill und hinten LED-Leuchten mit dem Union Jack – so sind Verwechslungen ausgeschlossen.
Auch innen bleiben keine Zweifel – selbst wenn sich die Mini-Gemeinde etwas umstellen muss: Weniger Zierrat, dafür mehr Wertigkeit – so lautet das Motto für ein radikal reduziertes Cockpit, in dem es künftig nicht einmal mehr einen klassischen Tacho mehr geben wird und auch kein Lack und Leder. Sondern Mini wird vegan und digital, bezieht die Konsolen mit einem Stoff, der verdächtig an die Tarnmatten im Prototypen erinnert, schmeißt alles Chrom raus und bündelt sämtliche Informationen auf dem schallplattengroßen Zentraldisplay, das jetzt zum ersten Runden Touchscreen der Autowelt wird. Nur die Toggle-Switches darunter sind noch vertraut, selbst, wenn die sich natürlich ebenfalls ein wenig weiterentwickelt haben.
Technisch hat der Countryman mit dem Rest der Familie dagegen nicht viel gemein. Während BMW beim Cooper die Chinesen ins Boot geholt und E-Version ursprünglich mit Great Wall entwickeln wollte, sie dort jetzt aber zumindest produziert und sich deshalb gegen das Stigma vom China-Mini wehren muss, nutzt der Countryman den so genannten UKL-Baukasten von X1 und Active Tourer und wird in Leipzig produziert.
Das verschafft ihm Zugriff auf die größte Antriebsausahl in der künftigen Mini-Familie. Denn während es den Dreitürer nur noch als Benziner und Stromer geben wird und alle kommenden Derivate ausschließlich elektrisch fahren, gibt es für ihn – da ist sie wieder, die Idee von mehr Mini denn je – Benziner, Diesel und zwei Elektroantriebe. Nur der Plug-in wird mangels ausländischer Nachfrage und inländischer Förderung ausgemustert.
Während Mini um die Verbrenner noch ein Geheimnis macht, liefert der iX1 die Blaupause für sie Akku-Version: Wie den bayerischen Benjamin gibt es auch den Maxi Mini in zwei Varianten mit 190 PS und Frontantrieb oder mit 313 PS aus erstmals bei einem elektrischen Mini zwei Motoren und damit mit Allradantrieb. Der Akku allerdings ist immer gleich, hat knapp 65 kWh und reicht für etwa 450 Kilometer. Danach muss der Countryman an die Ladesäule und beweist auch dort eine gewisse Größe: Während der künftige Cooper mit allenfalls 130 kW geladen wird, zieht der Countryman den Strom mit bis zu 170 kW.
Dass sich der Mini bei gleicher Technik sich trotzdem anders anfühlt als X1 und Active Tourer, liegt an den neuen „Experiences“ die Männer wie Simon Krüger gerade programmieren. Er leitet die Entwicklung für das Fahrerlebnis und stimmt dafür nicht nur Lenkung und Federung ein wenig direkter und engagierter ab als bei BMW, sondern spielt dafür auch mit Licht und Sound und schafft so ein ganzheitliches Fahrerlebnis. Das ist für ihn zwar eine ziemlich ernste Angelegenheit, die ihn nun schon zwei Winter in Eis und Schnee beschäftigt und bis kurz vor dem Produktionsstart im Herbst auf Trab halten wird. Auch hier bei bei den Testfahrten in den österreichischen Alpen ist der Popometer deshalb auf maximale Empfindlichkeit getrimmt. Doch für die Kunden wird das wie üblich bei Mini mit viel Augenzwinkern zu erleben sein – bis hin zum passenden Jingle beim Wechsel der Experience.
Ja, selbst in der kunterbunten Tarnfolie ist der Countryman auf Anhieb als Mini zu erkennen, innen ist die Verwechslungsgefahr dank der digitale Palatschinke ohnehin ausgeschlossen und wenn man mit den Ingenieuren durch die Alpentäler fährt, wirkt der Countryman schon ein bisschen lebendiger als seine BMW-Geschwister. Doch wem der Maxi nicht mehr Mini genug ist und wer trotzdem nicht beim Cooper bleiben kann, für den haben die Briten einen Trost. Nächste Jahr schließt – dann allerdings nur elektrisch – der Aceman die durch die neue Größe entstandene Lücke im Portfolio und besetzt den Platz, aus dem der Countryman heraus gewachsen ist.