Die Revolution bleibt aus
Der neue Porsche 911
Von Thomas Geiger
Los geht der Generationswechsel mit dem Coupé, das im Frühjahr ausschließlich als 911 S an den Start geht – wie bisher mit einem 3,0 Liter-Turbo, der nun aber 450 PS und 530 Nm entwickelt, im besten Fall in 3,4 Sekunden von 0 auf 100 beschleunigt und 306 km/h schafft. Aber wie immer bei Porsche wird die Palette breit aufgefächert: Cabrio und Targa sind schon in der Pipeline, natürlich gibt es wieder ein Basismodell, den GTS und selbstredend den Turbo und auch am Allrad führt kein Weg vorbei, genauso wenig wie an den GT- und RS-Modellen.
Außen wird das Auto natürlich neu eingekleidet, wird ein paar Millimeter größer und sieht wieder ein bisschen mehr nach Sportwagen aus. Dazu gibt es nette Details wie die bündig eingelassen Türgriffe und das obligatorische, durchgehende Leuchtenband mit dem dreidimensionalen Porsche-Schriftzug unter dem breiter gewordenen Klappspoiler im Heck. Und innen machen die Designer den Elfer ein bisschen hübsch für den Flirt mit der Generation Smartphone – nicht umsonst bekommt er nun digitale Instrumente rund um den analogen Drehzahlmesse und einen deutlich größeren Touchscreen daneben. Aber unter dem Blech bleibt auch die Baureihe 992 ein Sportwagen, der keine Kompromisse macht – und deshalb auch weiterhin mit den liebgewonnenen Sechszylinder-Boxern unterwegs ist. „Fürs erste zumindest wird es keine anderen Antriebsvarianten geben“, beruhigt Baureihenchef August Achleitner die Vollgasfraktion, lässt sich aber zumindest fürs erste Facelift eine Hintertür offen. Denn die neue Plattform sei so konstruiert, dass man auch bei den beschränkten Platzverhältnissen eines Heckmotor-Sportwagens eine E-Maschine und einen Plug-In-Akku unterbringen könnte. Nur muss dafür erstmal jemand einen Hybriden entwickeln, der Achleitners Ansprüchen genügt. „Alles, was bislang greifbar ist, hat zu viel Pfunde oder zu wenig Perfomance und im schlimmsten Falle beides,“ sagt der Baureihenleiter.
Statt den Elfer in eine neue Richtung zu pushen, hat Achleitner die alten Tugenden lieber noch einmal gestärkt: „Uns ging es darum, den Spagat der Eigenschaften noch weiter zu spreizen“, sagt Achleitner: Schärfer und präziser in den Kurven, schneller auf der Geraden und komfortabler auf der Langstrecke. Dafür hat Porsche in jeder Hinsicht nachgelegt: Die Spur ist breiter und zum ersten Mal fährt der Elfer auf Mischbereifung mit 21 Zoll hinten und 20 vorne, es gibt ein überarbeitetes Fahrwerk und eine nochmal verbesserte Lenkung und selbst bei den Assistenten rüsten die Schwaben auf. Autonomes Fahren macht in einem Sportwagen zwar in etwa so viel Sinn wie alkoholfreies Bier auf dem Oktoberfest. Aber um eine Abstandregelung und eine Spurverlassenswarnung kommt offenbar auch der Elfer nicht mehr herum. Außerdem gibt es nun sogar ein Nachtsichtsystem und Mikrofone im Radkasten erkennen, ob die Straße nass ist, und regeln dann die Stabilitätsprogramme nach.
Zwar können die Porsche-Puristen mit dem 992 vorerst noch einmal aufatmen und die Kritiker weiter toben. Doch so ganz ohne grünen Anstrich geht der Generationswechsel nicht über die Bühne. Und es sind diesmal ausgerechnet die Digitalisierer, die das Gewissen der Vollgasfraktion genau wie der Bedenkenträger beruhigen sollen. Denn sie haben eine App Namens „Impact“ programmiert, mit der man die CO2-Emissionen seiner Fahrt berechnen und über eine Spende an zertifizierte Klimaprojekte kompensieren kann.