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Nissan Juke: Probieren vor studieren

Mal sehen, was passiert“: Als Nissan den Juke vor rund einer Dekade präsentierte, wussten die Japaner wohl selbst nicht so genau, wohin die Reise gehen wird. Doch das Probieren hat sich ausgezahlt. Die zweite Generation setzt jetzt das Erlernte der letzten Jahre um – und wird optisch massentauglicher.

Man muss den ersten Nissan Juke nicht mögen. Es gibt Gründe, warum wir ihn in unserer Liste der zehn hässlichsten Autos aufgenommen haben. Was man den Japanern allerdings nicht vorwerfen kann: dass sie ein langweiliges Auto auf den Markt gebracht haben. Der erste Juke war unkonventionell designt und als Crossover im Jahr 2010 noch relativ allein auf weiter Flur – zumindest im Vergleich zur Gegenwart.

In der vermehren sich SUVs wie Infizierte während einer Pandemie. Der Nissan Juke, er hat mittlerweile viel Konkurrenz. Wie also aus der Masse hervorstechen? So, wie man es schon damals tat? Mit einem unorthodoxen Design?

Nissan verneint das, offensichtlich. Gut, der Juke sieht auch in der zweiten Generation nicht gerade konventionell aus. Aber so stark polarisierend ist er sicher nicht mehr. Daran beteiligt sind nicht zuletzt die Maße: Der Juke ist gewachsen, was die Proportionen allgemein verbessert. In erster Linie machen aber die Scheinwerfer den Unterschied, die jetzt noch schmaler gezeichnet sind und quasi von der Motorhaube auf die Seite gerutscht sind.

Das Ergebnis: Statt etwas dämlich dreinzuschauen, ist der Blick des neuen Nissan Juke aggressiver, angriffslustiger. Das trifft aber nur aufs Design zu, das Fahrverhalten selbst ist eher defensiv. Aber gut, Beschleunigungsorgien erwartet sich wohl niemand, der zum Nissan Juke greift. Und für nur einen Liter Hubraum macht der Dreizylinder seine Sache schon ganz gut, hievt den Crossover in 10,4 Sekunden auf 100 km/h und dann weiter bis 180 Stundenkilometer. Was aber vor allem gefällt, ist, dass er verhältnismäßig laufruhig ist und auch akustisch nicht allzu unangenehm auffällt.

Ein guter Kompromiss ist Nissan da beim Fahrwerk gelungen: Trotz des relativ hohen Aufbaus wankt er nicht allzu sehr in Kurven, gleichzeitig hat man ihn aber, um dieses Ergebnis zu erreichen, nicht hart dämpfen müssen. Wobei: Der Dank gebührt da vor allem Renault, die ihre CMF-B-Plattform (Clio, Captur) zur Verfügung stellen.

Interessant ist die große Diskrepanz zwischen Exterieur und Interieur. Während ersteres, wie bereits erwähnt, zwar etwas an Kanten reduziert hat, aber noch lange nicht aalglatt ist, wirkt der Innenraum etwas uninspiriert und nicht am neusten Stand: Auch, wenn wir analoge Knöpfe grundsätzlich zu schätzen wissen, könnten diese durchaus einen etwas moderneren Eindruck machen. Immerhin ist der Materialienmix voll okay, zumindest in den höheren Ausstattungslinien. Nichtsdestotrotz: Innenraum können Renault und Co. schon besser.

Was absolut in Ordnung geht: Der Preis. Der startet bei unter 20.000 Euro, wer beim Kreuzerlmachen komplett eskaliert, schafft es auch kaum über 35.000 Euro hinaus. Der gut ausgestattete Testwagen kostet keine 28.000 Euro.

Das ist schon überaus fair. Besonders, weil man bei dem unkonventionellen Design schnell mal vergisst, dass der Juke ein ernstzunehmendes Auto mit 422 Litern Kofferraumvolumen und durchaus akzeptablen Platzverhältnissen ist.

Ob das reicht, um im hart umkämpften SUV-Segment eine übergeordnete Rolle zu spielen? Einfach wird der Juke es jedenfalls nicht haben. VW T-Roc bzw. T-Cross, Toyota C-HR, Citroen C3/C4 Aircross – die Konkurrenz schläft nicht. Immerhin: Sie sieht wenigstens nicht so auffällig aus, wie der Nissan. Auch in der entschärften Generation 2 bleibt das der USP.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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