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Nokian Northproof Winter Tyre WR A4 – Häkkinens neue Winterschuhe

Nokian Northproof Winter Tyre WR A4

Die Finnen spinnen nicht, wenn sie jetzt schon den neuen Nokian Northproof Winter Tyre WR A4 für den nächsten Winter präsentieren. Vielleicht kommt ja wieder einmal einer.

Text: Beatrix Keckeis-Hiller, Fotos: Nokian
Noch bevor der heurige Winter erst gar nicht richtig stattgefunden hat schauen die Reifenschuster schon bis zum nächsten voraus. Auf nordischen Schnee- & Eis-Tracks rund um den Polarkreis – wie in der „Weißen Hölle“ von Ivalo, Finnland – herrschte jüngst reges Test-Treiben, um für die Kälte-Saison 2016/2017 mit griffigen Gummis gerüstet zu sein. Ganz vorne dabei ist jene finnische Pneu-Marke, die sich als Erfinder des Winterreifens bezeichnet: Nokian, seit mehr als 80 Jahren Spezialist für hoch nordische Bedingungen. Und zwar seit 1934, mit den ersten sogenannten „Witterungsreifen“, anfangs für Lastwagen und Busse, nachfolgend für Pkw.

1936 wurde in letzterem Sinne der erste „Hakkapeliitta“, der „Champion of Snowy Roads“ auf den Markt gebracht. Der martialisch klingende Name bedeutet durchaus Kriegerisches. Nämlich „Haudrauf“. Er geht auf eine berittene Finnen-Truppe zurück, die im 30-jährigen Krieg (und auch in anderen Gefechten des 17. Jahrhunderts) für die Schweden kämpfte. Der neue, der erste Pkw-Winterreifen (der Welt, wie Nokian reklamiert), war damit alleine schon namentlich dafür vorbereitet, es unerbittlich mit jeglicher winterlicher Fahrbahnunbill aufzunehmen.
Jetzt ist der Winter im mittleren Europa aber ein anderer als am nördlichen Rand. Wie heuer eindrucksvoll zu erleben, beliebt Väterchen Frost bisweilen launisch zu sein und dem Frühling mehr Platz einzuräumen. Soll heißen: Einmal schneit’s wie verrückt, dann regnet’s wie nicht gescheit und zwischendurch ist es sonnig und staubtrocken. Auf diese wechselnden Bedingungen zugeschnitten hat Nokian den neuen Winterling namens WR A4. Der soll die Spreizung schaffen zwischen hoch nordischen und frühsommerlichen Bedingungen. Sprich: Es mit pickelharter Glätte und frisch gefallenem Weiß, mit aufgeweichtem Eis und matschigem Schnee, mit eingeregneter Nässe und salzigem Staubfilm, mit nebel-bedingter Feuchtigkeit und kaltem Asphalt sowie Beton gleichermaßen aufzunehmen. Und das sehr sportlich. Nämlich, um auch für Deutschland beziehungsweise Tempolimit-freie Autobahnteilstücke gerüstet zu sein, bis zum Geschwindigkeits-Index W. Das sind 270 km/h – damit auch mächtige Leistungssportler vom Zuschnitt eines Bentley Continental GT passende Winterschuhe finden. Wofür – und nicht nur für den WR A4 – neuerdings der zweifache Formel-I-Champion Mika Häkkinnen als Markenbotschafter steht.

Um – laut Marketing-Text – den „deutschen Winter zu besiegen“ hat Nokian tief in die technische Entwicklungskiste gegriffen, damit Grip auf trockenen, nassen sowie schneeigen Fahrbahnen bei hoher Stabilität, überzeugender Highspeed-Leistung sowie verdaulicher Abrollkomfort erzielt werden kann. In aller Kürze: Der asymmetrische laufrichtungsgebundene Pneu besteht aus einer sogenannten Performance-Traktion-Silica-Gummimischung. Im Vergleich zum Vorgänger, dem WR D3, wurde eine Reihe von Optimierungen gesetzt: Zusätzlich zu polierten Rillen (um Schnee und Matsch flotter aus dem Profil abzuleiten) sollen funktionelle Lamellen über die gesamte Lauffläche Haftung und Lenkgefühl verbessern. Tausendfüßler-Lamellen, Schneekrallen und Profilrillen-Verstärker erhöhen den Grip und die Handling-Präzision. Speziell geschwungene Profilblöcke wurden für schnellere Wasser-Ableitung konstruiert, um Aquaplaning zu vermeiden. Geblieben ist es beim Profiltiefen-Indikator auf der Lauffläche. Ein Informationsfeld auf der Außenschulter zeigt Reifendruck und Anzugsdrehmoment an.
Als Referenzmodelle für die Fähigkeiten des WR A4 ließ Nokian einige starke Deutsche antreten: Audi RS5 und Audi A6 quattro sowie Mercedes S-Klasse. Als Referenzstrecke dienten die gerade noch halbwegs winterlich gebliebenen Eis- & Schnee-Handlingkurse sowie die Schleuder- und Rutschbahnen des Winter-Fahrtechnikzentrums Brandlhof bei Saalfelden, Salzburg. Als Referenzpilot hatte sich zwar der neue Markenbotschafter himself nicht eingefunden, dafür stand die Top-Liga der ÖAMTC-Instruktoren mit umsetzbaren Ratschlägen und praktischen Vorführungen parat.

Ringe wie Sterne haben sich mit ihrem finnischen Schuhwerk als präzise trittsicher bewiesen und mehr als wacker geschlagen, selbst mit Flachländlern am Steuer, die echte Winterfahr-Herausforderungen bisher eher nur aus dem Fernsehen kannten und in teils recht unsensibler Haudrauf-Manier an den Volants zerrten. Was allerdings nicht auf dem Ausprobier-Programm stand, das war die schnelle Autobahn-Hatz, zum Beispiel mit jenem Bentley Continental GT, der als Hochleistungswinterreifen-Repräsentant auf der Nokian-Präsentationsbühne stand (das war aber auch gar nicht vorgesehen gewesen).

Fakt ist dennoch: Der neue Winter-Haakapeliitta entwickelt auf Schnee und Eis weitaus mehr Grip als so manches ernsthaft aussehende grobstollige Schuhsohlen-Profil. Denn das, was sich in Saalfelden zumindest optisch als Winterfahrbahn präsentierte war ob der fast frühlingshaften Temperaturen und zwischenzeitlichen Regenschauern ein Mix aus aufgeweichtem Eis und schmierigem Schneematsch. Also in Wahrheit ideale, weil realitätsnahe Bedingungen, um der Vielseitigkeit des Nokian WR A4 auf die Lamellen zu fühlen.

In den Handel kommen Häkkinens neue Winterschuhe im Herbst. In 52 Dimensionen, von 16 bis 21 Zoll, in Laufflächenbreiten von 205 bis 245 Millimetern, in den Geschwindigkeitsklassen H, V und W.

Rainer Behounek

War bis 2017 Teil der Motorblock-Redaktion.

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