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Peugeot 308 GTi – Hektiker!

Motorblock fährt Peugeot 308 GTi

Mit dem Peugeot 308 GTi wagt sich die Sportabteilung des französischen Automobilkonzerns in die Gefilde der ordentlich ausgestatteten Schrägheck-Rennsemmeln. Der Trip nach Porto offenbart, dass die Franzosen (fast) alles richtig gemacht haben.

Von Karl Jereb
„Schaut aus, als hätt´ er Windeln an!“ Gemeint ist die Sonderlackierung „Coupe Franche“ (nicht zu verwechseln mit Crème fraîche), die eine Kombination aus Ultimate Rot mit Perleffekt vorne und Metalliclackierung Perla Nera Schwarz hinten aufweist. Man beachte die Internationalität in Farben: eine Mischung aus Französisch, Englisch, Deutsch und Italienisch. Wohl zur Stärkung der europäischen (Schein-)Gemeinschaft. Zurück zur Sache mit den Windeln. Einerseits verleiht die Zweifarbigkeit ein sportlich-attraktives Auftreten, was dem Peugeot 308 GTi zweifellos gebührt. Andererseits ist der Aufpreis von 1.820 Euro ein stolzer mit Blick auf den wahrscheinlich eintretenden Überdruss beim Anblick eines zweifarbigen Wagens. Auf Dauer wird ein Twinni auf Rädern einfach fad. Einfarbig Schwarz, Rot oder Blau reicht vollkommen um das Ziel des Gasslhatzers zu erreichen: Unauffälligkeit!

Unauffällig auffällig!

„Wolf im Schafspelz“ trifft das Wesen des Peugeot 308 GTi auf den Punkt. Ein breites Grinsen, rote Unterlippe und ein dezent akzentuierter Heckdiffusor mit zwei faustdicken Rohren bilden die Kennzeichen der getarnten Rennsemmel. Die Auspuffanlage gibt sich durch erwachsene Feuerspucker zu erkennen und nicht etwa durch einen, bei Branchenkollegen üblichen, rotzig-frechen Klang. Oftmals wird diese vermeintliche Musik, erinnernd an verkühlte, keuchhustenbefallene Kettenraucher ohnehin überbewertet. Verweise nicht das altbekannte Kürzel „GTi“ auf den Kotflügeln und an der Kofferraumklappe auf bewährte Rennsemmeltechnik, man wüsste nicht worauf man sich da einlässt.

Torsen lässt grüßen!

Peugeot Sport hat beim 308 GTi ganze Arbeit geleistet und den Versuch der Übertragung von rennstreckenüblicher Technik in den Straßenverkehr zu integrieren, meisterlich umgesetzt. Das Torsen-Differenzial lässt keinen Amateur im Stich, die 235er Michelin Super Sport auf den 19-Zöllern helfen ihm vorzüglich dabei. Diese picken noch so am Asphalt, so sehr man das mit 270 Pferdestärken unterstützte Gaspedal auch quält. Sogar auf der Rennstrecke macht der französische Behelfssportwagen eine wunderbare Figur, nicht zuletzt dank großzügig eingesetzter elektronischer Technik. Wobei auf der Rennstrecke, und wohl nur auf dieser, wird ein Makel präsent: zu lange Schaltwege. Eine gefühlte Ewigkeit (bei 170 km/h plus) dauert der zurückgelegte Gangwechselweg bis man seine Hand wieder ans optisch wie auch haptisch großartige Lenkrad legen kann, was unerfahrene Piloten leicht nervös macht im Anblick der nächsten 90°-Kurve. Beim Straßenbetrieb hingegen muss man durch das gute Drehmoment von maximal 330 Newtonmeter ohnehin nicht allzu oft an den Knauf grabschen.





Innere Werte

Innen führt der Gasslhatzer seine Schlichtheit fort. Der Einsatz von dezenten, roten Nähten und teilweise mit Alcantara und „Peugeot-Sport-Logo“ bestückten Sitzen (Seitenhalt der Klasse: „Zwangsjacke!“) sind die einzigen Hinweise auf sportlichen Betrieb. Die gute Verarbeitung tangiert mobil-deutsche Werte, Haptik-Fetischisten werden hocherfreut sein. Doch auch hier findet man den einen oder anderen Kritikpunkt. Der Touchscreen schreit nach Überarbeitung in Sachen „Touch“. Wer beim Händeschütteln zudrücken kann, dass dem Gegenüber der Scheitel gen Süden steht, wird kein Problem mit der Bedienung desselbigen haben. Sollte diese Fähigkeit fehlen, bricht man sich den Finger noch bevor man mithilfe der zweizonen-Klima den Beifahrer unterkühlen konnte. Ebenso unausgereift darf man die Soundqualität des Hi-Fi Pakets „Denon“ bezeichnen, welches für 624 Euro buchbar ist. Dieses stößt zumindest bei Genrevertretern des bassophilen Technos schnell an seine Grenzen. Dank des per Sport-Knopf aktivierbaren, verstärkten Motorgeräuschs vergisst man die tatsächlich kleinen Mängel aber schnell und konzentriert sich auf die Piste. Mit Panoramadach um 637 und Rückfahrkamera um 559 europäische Schilling hat man dann schließlich fast die ganze Palette an aufpreispflichtigen Utensilien an Bord und damit mehr als genug des Luxus. Wer wirklich alles geboten haben will muss 43.165 Euro über den Tisch wandern lassen, nötig ist das allerdings nicht. Der Einstiegspreis von 38.450€ für den Peugeot 308 GTi pendelt sich zwischen VW Golf R und Seat Leon Cupra ein, wobei er schon eher am Top-Golf kratzt. Bestellbar ist der schleunige Franzose bereits, ab 19. November soll er dann auch schon beim Händler des Vertrauens stehen.

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