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Renault E-Tech: Mit Schwimmflügeln im Strom

Von wegen Brückentechnologie! Wo die Konkurrenz den Plug-In-Hybrid als Zwischenschritt auf dem Weg zum Elektroauto sieht, geht Renault jetzt den umgekehrten Weg. Denn nachdem die Franzosen schon seit zwei Modell-Generationen voll elektrisch unterwegs sind und mit dem Zoe sogar die europäische Elektro-Statistik anführen, reichen sie jetzt auch ein paar Modelle für Teilzeit-Ökos nach. Denn als erste von mittelfristig zwölf Hybriden kommen nun Clio, Captur und Mégane mit dem Label „E-Tech“: Im Kleinwagen bedeutet das einen Pufferakku vor allem für den schadstofffreien Stadtverkehr und bei den beiden anderen Modellen ist die Batterie groß genug für einen Steckdosen-Anschluss und alltagstaugliche E-Reichweiten von maximal 52 Kilometern. In den Handel kommen die Etappen-Stromer im September und die Preise beginnen bei 21.875 Euro für den Clio, 32.753 Euro für den Captur und 34.108 Euro (alles D) für den Mégane, der als Kombi startet und erst später auch als Fünftürer angeboten wird.

Von Thomas Geiger

Verglichen mit der Konkurrenz geht Renault bei der Elektrifizierung seiner konventionellen Bestseller einen eher aufwändigen Weg. Denn statt einfach nur einen Elektromotor ins Automatikgetriebe zu schrauben, haben die Franzosen einen komplett neuen E-Antrieb entwickelt, der je nach Bedarf mal seriell und mal parallel arbeitet. Deshalb kombinieren sie den immer gleichen 1,6-Liter-Benziner mit gleich zwei, unterschiedlich starken E-Motoren. Der stärkere der beiden übernimmt den Vortrieb und unabhängig vom Ladestand immer und auf jeden Fall das Anfahren, während der schwächere als Startergenerator arbeitet und den Verbrenner für kommode Gangwechsel und das unmerkliche Wiederanlassen nach einer Pause unter Strom auf Touren bringt.

Das klingt kompliziert, klappt aber absolut reibungslos und macht aus dem ohnehin schon guten Captur ein noch besseres SUV für die Stadt. Denn rein elektrisch ist er nicht nur leiser unterwegs, sondern obendrein etwas spritziger und lässt deshalb beim Ampelspurt so machen Konkurrenten hinter sich. Die 91 PS des Benziners und die 34 und 67 PS der beiden E-Maschinen summieren sich zu einer Systemleistung von 158, die den E-Tech zum stärksten Modell in der Palette machen und das Mehrgewicht der Elektrotechnik locker kompensieren. Und das, obwohl allein der Akku 105 Kilo wiegt.

Wer nicht gerade im Sportmodus unterwegs ist und so beide Motoren ins Teamwork zwingt, fährt überraschend lange rein elektrisch – und weit. Denn auch ohne Verbrenner schafft der Capture bis zu 135 km/h und kommt mit dem 9,8 kWh großen Akku im besten Fall 52 Kilometer weit. Rein rechnerisch drückt das den Verbrauch auf 1,5 Liter und den CO2-Ausstoß auf 3,2 g/km. Das klappt allerdings nur bei konsequentem Laden, und dafür braucht man etwas Geduld: Die Ladezeit mit 14 Ampere Ladestrom und 3,2 kW Ladeleistung beträgt 3:30 Stunden; bei 16 Ampere Ladestrom und 3,7 kW Ladeleistung sind es 3:00 Stunden.

Zwar haben die Franzosen den zweiten Antrieb geschickt integriert und ihm nur wenig Platz geopfert: Der Kofferraum schrumpft lediglich um 30 auf 379 Liter und selbst die verschiebbare Rückbank bleibt erhalten. Doch wer trotzdem mehr Stauraum braucht, der bekommt das gleiche Paket auch im Mégane Grandtour, der obendrein noch 0,2 Liter weniger verbraucht.

Dritter im Bunde der Teilzeit-Stromer ist der Clio E-Tech, der mit Rücksicht auf Preis und Platzangebot mit einer kleineren Batterie ohne Steckdosenanschluss auskommen muss. Dort hat der Pufferakku lediglich 1,2 kWh und die beiden E-Maschinen sind auf 20 und 49 PS programmiert. Zwar fährt er damit maximal 75 km/h schnell und im reinen EV-Betrieb reicht der Strom nur für wenige Kilometer. Doch der Rekuperation sei Dank, sollen im Stadtverkehr bis zu 80 Prozent der Wege ohne Sprit gefahren werden. Entsprechend weit sinkt der Verbrauch: Mit einem Normwert von 3,6 Litern ist der Clio e-Tech um bis zu 40 Prozent sparsamer als die anderen Benziner, und steht mit einer Systemleistung von 140 PS obendrein noch an der Spitze der Familie. Nicht umsonst schafft er bei Vollgas solide 180 km/h und sprintet in 9,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h.

Zwar macht Renault mit den e-Tech-Modellen den Wechsel zum neuen Fahren leichter, weil der Plug-In-Hybrid so etwas ist wie Stromern mit Schwimmflügeln. Doch zugleich zahlt man dafür einen relativ hohen Preis. Denn schon beim Clio liegen zwischen dem stärksten Benziner und dem e-tech rund 5.000 Euro und bei Captur und Mégane sind es etwa doppelt so viel. Weil es für den normalen Hybrid gar keine und für den Plug-In nur eine reduzierte Prämie gibt, ist der rein elektrische Zoe unter dem Strich womöglich das bessere Angebot. Zumindest wenn man sich darauf einlassen kann, auch ohne Hilfe mit dem Strom zu schwimmen.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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