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Schlammcatchen extreme im Ford F-150 Raptor

450 PS im Pickup?

Schlammcatchen extreme im Ford F-150 Raptor

Der Schlamm spritzt meterhoch, der Schneematsch gefriert am Kühlergrill und das ganze Auto starrt vor Dreck. In jedem anderen Sportwagen wäre das ein Alptraum. Aber nicht im Ford F-150 Raptor! Der Raptor ist der kraftstrotzende Ableger des F-150 und genau für solch eine Sauerei gemacht. Wo schon das Grundmodell des Pick-Ups zu den hartgesottenen Jungs zählt, wird er als Raptor aus der Ford Performace Division zur Power-Pritsche für verhinderte Rennfahrer.

Von Thomas Geiger

Möglich macht das nicht allein der drei Liter große V6-Turbo aus dem Supersportwagen Ford GT, der im Pick-Up immer noch auf 450 PS und vor allem auf 691 Nm kommt. Sondern zum mächtigen Motor mit dem gewaltigen Sound gibt es vor allem ein stark modifiziertes Fahrwerk mit größerer Bodenfreiheit und längeren Federwegen sowie einen zuschaltbaren Allradantrieb, der vor allem den Spieltrieb am Steuer befriedigen will. Denn neben der üblichen Untersetzung und einem ernsthaften Offroad-Programm bietet der F-150 Raptor deshalb auch spezielle Set-Ups für Schlamm, Schnee oder Sand, bei denen die Elektronik jeden noch so wilden Spaß unterstützt. Und wer einmal ein Trumm von 5,90 Metern allein mit dem Gasfuß gelenkt und den Raptor zum Schneewalzer gebeten hat, der weiß, wie heiß einem dabei selbst im tiefsten Winter werden kann. Denn wo der F-150 sonst ein eher gemütlicher Kerl ist, der weite Bögen liebt und seine Abenteuer bevorzugt im Bummeltempo absolviert, fühlt er sich unter Dampf plötzlich umso agiler und aggressiver an.
Das Fahrgefühl ist dabei schier unbeschreiblich. Man thront über der Straße wie auf einem Hochsitz. Die Rennfedern mit ihren langen Wegen geben trotz der sportlichen Härte so großzügig nach, dass man wie ein Wellenreiter durch die Pampa wogt. Wenn die 691 Nm die gut zwei Tonnen in kaum mehr fünf Sekunden auf Tempo 100 wuchten, beginnt man an der Trägheit der Masse zu zweifeln. Und wenn bei 170 km/h die Elektronik mit Rücksicht auf die grobstolligen Spezialreifen die Reißleine zieht, fühlt sich das schneller an als die 266 km/h im Focus RS.
Es gibt aber neben der Wucht dieser Eindrücke noch etwas, das den Raptor grundlegend von jedem anderen Sportwagen unterscheidet: Das Platzangebot:  Wo man sich in einem Porsche schon hinter dem Lenkrad klein machen und mit filigranen Bedienelementen arrangieren muss, schwelgt man im Power-Pick-Up in einem großzügigen Fauteuil aus Lack und Leder, das Lenkrad ist dick und griffig und der Wählhebel für die konkurrenzlose Zehngang-Automatik wirkt schwer wie der Kopf eines Baseballschlagers. Statt einer winzigen Rückbank, die schon bei zwei Winterjacken überfordert ist, bietet der Raptor hinter den Fond-Türen der XXL-Kabine ein wohnzimmertaugliches Sofa für Freunde und Familie. Und wenn andere Sportwagenfahrer kaum mehr als den Kulturbeutel in den Kofferraum kriegen, reicht die Ladefläche des Raptor für den halben Hausstand.
Das beste an der Power-Pritsche ist aber ihr Preis: In Amerika ist schon der zivile F-150 ein Schnäppchen. Und selbst die gerade mal 49.520 Dollar für den Raptor sind kaum mehr als Spielgeld, wenn man den Heidenspaß gegenrechnet, den man mit diesem Rennwagen in der Pampa haben kann. Zumal selbst mit allen Extras nicht mehr als 70 000 Dollar zusammen kommen. Dumm nur, dass dieser Spaß den Europäern offiziell nicht vergönnt ist. Erstens, weil man hier fast nirgends mehr ins Gelände darf. Und zweitens, weil Ford die Power-Pritsche offiziell nicht nach Deutschland exportiert. Doch fürs eine gibt es Kiesgruben oder Truppenübungsplätze und für das andere die freien Importeure, die bereitwillig in die Bresche springen und den US-Giganten ins Land holen. Zwar steigt der Preis dann schnell mal auf das Doppelte und knackt bei guter Ausstattung die 100.000er-Grenze. Doch schindet man dafür mit diesem Ford auch mehr Aufmerksamkeit als mit jedem Ferrari – selbst wenn das Eis im Kühlergrill wieder geschmolzen ist und man den Schlamm abgewaschen hat.
Deshalb würde so ein Auto auch bei uns ein bisschen Leben in die fade Ford-Palette bringen. Doch offiziell denkt Detroit leider nicht mal im Traum daran, den Raptor nach Europa zu exportieren. Schon weil die Amerikaner mit der Produktion kaum den eigenen Bedarf decken können. Doch je mehr Power-Pritschen die freien Importeure ins Land holen, desto größer wird die Versuchung, er vielleicht doch einmal zu probieren. Mit dem Mustang hat es schließlich auch geklappt. Und so schlecht, wie bei uns die Straßen mittlerweile sind, ist es bis zur Baja California nicht mehr weit.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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