DriveGREENHot

Seat Leon ST TGI: Dauertesttagebucheintrag #2

Nachdem euch Kollege Barcelli letzten Monat auf seinen Polen-Urlaub mitgenommen hat, geht es in der zweiten Edition unseres Dauertesttagebuchs nach Oberfranken, wo mein Schwiegervater in spe seinen Fünfziger gefeiert hat. Eine gute Gelegenheit, die High Speed-Kompetenzen unseres Seat Leon ST TGI zu testen.

Text: Jakob Stantejsky / Fotos: sein Handy (sorry)

Denn schließlich liegen zwischen der österreichisch-deutschen Grenze und der Kleinstadt Hof, wo die Familie der meinigen Holden zu residieren pflegt, über 300 Kilometer feinste deutsche Autobahn. Da lässt es sich auf legalste Weise überprüfen, wie gut so ein CNG-Auto für rasante Fahrten geeignet ist. Aber vor dem Vergnügen kommt immer erst die Arbeit. Die besteht bei einer Fernfahrt mit einem alternativen Antrieb wie CNG oder Strom stets darin, sich über die jeweilig passenden Tankstellen auf der Route zu informieren. Während mein Kollege ob des äußerst dürftigen CNG-Netzes in Polen letzte Woche noch bangen und bibbern musste, ob er überhaupt ein gutes Gas zu tanken kriegt, schaut die Angelegenheit auf meiner Fahrt deutlich entspannter aus.

So stau- und baustellenfrei geht es leider nur selten zu. (© Google Maps)

Denn mit rund 150 Erdgas-Restkilometern im Tank komme ich locker bis nach Melk, wo ich über den ÖAMTC-Routenplaner direkt an der Autobahnabfahrt eine schöne große 24 Stunden-OMV-Filiale samt zweier Erdgassäulen finde. Von dort sind es exakt 339 Kilometer bis ins beschauliche Burglengenfeld nahe Regensburg, wo ein paar Minuten abseits der A93 ebenfalls eine pausenlos geöffnete Tankstelle des österreichischen Konzerns steht. Von dort sind es dann noch 155 Kilometer bis nach Hof, sprich: 310 Kilometer liegen zwischen dem letzten Tankstopp auf der Hinfahrt und dem ersten auf der Retourtour. Dank des 17,3 Kilogramm fassenden CNG-Tanks sollte es sich also locker ausgehen, die 1.200 Kilometer mit vier Tankstopps zu bewältigen – der letzte eben wieder in Melk. Laut Seat schafft er nämlich rund 480 Kilometer, bevor er auf die rund 100 Benzin-Kilometer aus dem Zusatztank zurückgreifen muss. Allerdings fahren wir permanent nur Autobahn, teilweise sogar deutsche, und wollen möglichst flott unterwegs sein. Geht es sich trotzdem mit den geplanten Nachfüllungen aus, ohne am Benzintank zu knabbern?

Zuerst geht es einmal ab nach Melk, hier wird es treibstofftechnisch noch nicht spannend, es ist noch genügend Reserve da. Nach kurzem Studium der Tankanleitung an der Säule (denn oft unterscheiden sich die Systeme in einigen Details doch) wird gezapft und nach rund fünfminütigem Gezische und -quietsche sind wir wieder randvoll. 380 Kilometer Reichweite sagt der Bordcomputer, der sich mittlerweile an das Autobahntempo gewöhnt hat, an. Sollte sich also schön ausgehen.

Die Fahrt bis zur Grenze verläuft abgesehen von ein, zwei Baustellen völlig ereignislos. Dass der 130 PS-Motor unter der Haube gerade mit Erdgas arbeitet, merkt man überhaupt nicht. Das Ansprechverhalten gleicht dem eines Benziners, selbiges gilt für Laufkultur et cetera. Ich bin also genau so unterwegs, wie ich es von einem mittelstarken Ottomotor erwarten würde, nur halt viel sparsamer – was Finanzen und Schadstoffe angeht. Und das fühlt sich gerade heutzutage ziemlich gut an. Ja, die ganz große Spaßkanone für Kurvenräuberei ist das Aggregat vielleicht nicht, aber für die Langstrecke oder andere alltägliche Fahrten ist der Antrieb perfekt geeignet.

Aber der Dynamiktest folgt ja nun eh auf dem Fuße. Denn ab der Grenze gibt es standardmäßig kein Tempolimit mehr und da teste ich den CNG-Leon natürlich ausgiebig. Gleich als erstes fällt positiv auf, dass ich den Abstandstempomaten bis auf 210 km/h einstellen kann. Oft drehen Hersteller den Hahn hier bei 160 oder 170 Stundenkilometern zu und man muss erst wieder den Gasfuß bemühen. Ich und der Leon hingegen düsen ganz entspannt mit rund 200 Richtung Norden. Schert ein Verkehrsteilnehmer vor uns aus, bremst der Assistent zwar recht scharf, aber verlässlich ab. Das hohe Tempo stört weder akustisch noch komforttechnisch, denn unser Dauertester gibt sich auch in dieser Hinsicht perfekt abgestimmt. Meine Raserei fordert jedoch ihren Tribut und ganz kurz vor Burglengenfeld genehmigt sich der Leon einen Schluck aus dem Benzintank. Die Benzin-Anzeige steht bei der Ankunft an der Tankstelle zwar noch auf voll, doch nur mit dem Erdgastank hätten wir es nicht ganz geschafft. Macht aber nix, genau dafür haben wir ja neun Liter Super mit dabei. Nach einer raschen Tränkung geht es wieder ab auf die Autobahn zur letzten Etappe.

Auch die wird cool und easy zurückgelegt, bis wir endlich in Hof aufschlagen und einem Wochenende voller Jubiläumsfeier nichts mehr im Wege steht. Aus dem Auto ausgestiegen plagen uns keinerlei Wehwehchen oder ähnliches, man sitzt im Leon wirklich bequem und auch das angenehme Interieur samt verlässlichem Infotainment trägt sein Übriges dazu bei. Platz gibt es sowieso im Überfluss, vor allem wenn man nur zu zweit unterwegs ist, so wie die bessere Hälfte und meine Wenigkeit. Als ST bietet unser Leon natürlich auch einen monströsen Kofferraum, auch an dieser Front steht also kein Wölkchen am Himmel.

Auch bei der Rückfahrt Richtung Burglengenfelder Tankstelle nippt der Spanier einmal kurz am Benzin, bevor es wieder an den Futtertrog geht. Der Rest der Heimfahrt verläuft flott, problemlos und mit grünem Gewissen. Denn nicht nur bin ich mir meiner, im Vergleich zu herkömmlichen Verbrennern, Umweltfreundlichkeit bestens bewusst, sondern auch das Börserl dankt. Die ganze Aktion schlägt nämlich nur mit rund 65 Euro zu Buche, was für 1.200 Kilometer Fahrt ein echter Witz ist. Benzin habe ich keines nachgefüllt, da auch in Wien die Nadel noch auf voll steht, auch wenn die Leitungen zweimal kurz bemüht worden sind.

Meine erste große Ausfahrt mit unserem Seat Leon ST TGI-Dauertester war jedenfalls ein voller Erfolg. Stressfrei, zügig und umweltfreundlich waren wir unterwegs. Abgesehen von zehn Minuten Recherche zuvor war die Tour eine Fahrt wie jede andere mit einem Otto oder Selbstzünder, echte Nachteile suche ich bisher vergebens. Aber vielleicht finden wir die ja noch im Laufe der kommenden zehn Monate. Denn eines ist sicher: Nach unserem Dauertest wissen wir alles über dieses Auto. Und ihr natürlich auch.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

Weitere Beiträge

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"