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Trio Electrical

Renault E-Tech-Modelle: Clio, Captur & Mégane Grandtour

Die Vollstromer-Expertise hat Renault schon längst. Mit dem Zoe. Jetzt schieben die Rhombus-Franzosen Teilzeit-Elektriker nach. Vorerst sind das: Clio E-Tech 140, Captur E-Tech Plug-In 160 und Mégane Grandtour E-Tech Plug-In 160. Zum Auftakt stromerten sie durchs Waldviertel.

Text: Beatrix Keckeis-Hiller / Fotos: Renault

Die Grenzen überschritten hat Renault. Zwischen den Antriebsarten. Waren bisher auf der einen Seite reine Verbrenner – Benziner, Diesel – und auf der anderen Seite reine Stromer – Zoe und Twizy (neuerdings auch Twingo, ebenso Nützlings-Versionen von Kangoo und Master) – so kommen jetzt Zwitter. Konkret, wie bereits berichtet: Hybride, also Teilzeit-Elektriker. Markiert als „E-Tech“. Davon soll es bis 2022 zwölf geben. An die Startlinie stromern – denn gestartet wird stets mit dem Saft aus der Batterie – vorerst drei. Demnächst ist das ein Trio Electrical, bestehens aus Clio E-Tech 140, Captur E-Tech Plug-In 160 und Mégane Grandtour E-Tech Plug-In 160 (der Fünftürer kommt 2021). Ersterer ist ein Voll-, Zweitere sind Plug-In-Hybride.

Zur Rekapitulation die Technik: Dem multipel konfigurierbaren Antriebsstrang zugrunde liegt eine Neu- und Eigenentwicklung von Renault, die einen 1,6-Liter-Saugbenziner mit zwei E-Aggregaten zusammenspannt, einem in antreibender, einem in startender und hilfsschiebender Funktion. In der Vollhybrid-Version ergibt das samt einer 1,2-kWh-Batterie 140 PS. Die Variante als wiederaufladbares System bringt es mit einem 9,8-kWh-Akku auf 160 PS. Die Fahrstufen werden hier wie dort automatisch, ohne Kupplung und Wandler, via sogenanntem Multimodus-Getriebe sortiert. Stufenlos. Funktioniert gefühlt ähnlich wie ein direkt und spontan ansprechendes CVT-Getriebe. Nur ohne Heulen.

Rein elektrisches Fahren können alle drei. Der Clio allerdings nur ein paar Kilometer. Dafür kann hier der Stromer-Schub für den Verbrenner dafür sorgen, dass er – etwa im Stadtverkehr – dank hoher Rekuperationsleistung bis zu achtzig Prozent der Strecken ohne Sprit-Konsum absolvieren kann. Hingegen gibt man für den Captur die maximale E-Reichweite mit 52 Kilometern an. Der bauartgemäß strömungs-günstigere Mégane Grandtour soll bis zu 54 Kilometer schaffen können.

Nachdem’s in den aktuellen Corona-Zeiten trotz Lockerungen noch nicht so einfach ist, Landesgrenzen zu überschreiten und an die Produktions-Stätten neuer Modelle zu reisen, haben die Renault-Leute ihre Neulinge auf Auto-Transporter gestellt, das gesamte Handling-Team mit eingepackt und sind auf Europa-Tour gegangen. Die Österreich-Station: Niederösterreich. Genauer: das Waldviertel. Ausgangspunkt: Langenlois. Diese Location addiert zur Qual der Wahl, welcher der drei Neo-Hybriden als Erster antreten soll, die Frage, über welche der zahllosen Routen es gehen soll. Das launische Wetter mit allen Spielarten von Gluthitze bis Donnerschlag und Schüttregen spielte eine abwechslungsreiche Nebenrolle. So ist es halt, im Sommer, an der Donau und nördlich davon.

Beim Pokern, welcher und wohin damit hatte fürs erste der jüngste in der Modellpalette gewonnen: der Captur. In seiner zweiten Generation sehr erwachsen geworden, nicht nur hübsch, auch grundsolide auf allen Linien, gewann er zum Einstand eine der Königsetappen des Waldviertels: den Seiberer. Im Stau durch Krems – Baustellen! – ließen wir seine elektrischen Muskeln arbeiten, entspannt und gelassen. Auf der Wachaustraße herrschte in erster Linie gemütliche Gangart vor, es verirren sich tatsächlich schon recht viele schaulustig bummelnde Touristen auf die Panoramastraßen entlang der Donau. Ab der Abzweigung in Weißenkirchen jedoch: gähnende Leere am späten Vormittag. Also: Sport-Modus eingespannt und forciert durchs Winkelwerk.

Die Stromer-Mitarbeit resultiert in lustfördender, im subkompakten Franzosen-Crossover bisher noch nicht dagewesener Spritzigkeit. Auch wickelt er sich souverän um die Ecken. Wobei sich sein doch recht stolzes Gewicht – 1.625 Kilo (gut 200 Kilo mehr als der Diesel) – spürbar macht, bergauf weniger, aber erst recht in scharf angebremsten Bergab-Ecken. Doch hat die Strecke bis Ottenschlag wohl noch selten einen flotteren Captur erlebt.

Einen der auch als Teilzeit-Elektriker seine neuen Eigenschaften präsentiert, wie präzise Lenkung und penible Geräuschdämmung. Der zuweilen, wenn gefordert, brummig werdende Benziner drängt sich akustisch nicht in den Vordergrund. Die Klimaanlage pfeift nicht, nur der Fahrtwind ein bissl um die Außenspiegel. Verbrauchs-Fazit: Der Captur kann durchaus mit knapp zwei Litern Benzin (Technik-Daten: 1,4 bis 1,7 Liter pro hundert Kilometer mit Norm-Mix) über die Runden kommen. Nach der Seiberer-Runde waren’s unterm Gesamt-Strich nicht ganz vier.

Mit dem Clio ging’s hernach zuerst auf die Schnellstraße nach Horn. Hier mussten etliche Lokalmatadore zur Kenntnis nehmen, dass mit den kleinen Franzosen zwar durchaus zu Spaßen ist, dass man sie aber trotzdem ernst nehmen muss. Der kleine Pariser ist als Hybrid sowieso der Leistungskönig seiner Baureihe, dabei trotz Hybrid-Antriebsstrang mit 1.323 Kilo nicht überbordend schwer (er hat 75 Kilo mehr als der Diesel) und richtig flott. Schon aus dem Stand, besonders überzeugend unter Ausnutzung der Schwungnutz-Automatik: Immer am Gas bleiben und laufen lassen.

Da entpuppt er sich selbst streng bergauf als spontan-leichtfüßiger Flitzer mit knackig-kommoder Fahrwerksabstimmung und feiner Spurstabilität. Hin und wieder wird auch hier der Benziner ein wenig brummig, doch hält ihn der Elektriker gehörig auf Trab. Und trägt dazu bei, dass er rechnerisch im Durchschnitt kaum mehr als fünf Liter auf hundert getrunken hat (Werkswerte: 3,7 bis 4,5 Liter pro hundert Kilometer).

Sehr souverän wirkt der Mégane Grandtour mit dem teilelektrischen Antriebsstrang. Es beschert ihm das Batterie-Zusatzgewicht keinerlei Behäbigkeit, vielmehr noch feiner austarierte Ausgewogenheit. Ob er nun via Gars das Kamptal in Richtung Norden auf trockener, feuchter, nasser oder teilüberfluteter Fahrbahn dahinpfeilt oder über die Schnellstraße. Den finalen Rückweg haben wir über anspruchsvollere Umwege genommen, unter anderem über die schmale und verwinkelte Verbindung von Sandl übers Heimliche Gericht nach Ostra.

Auch der Langrücken-Mégane, ab 1.603 Kilo schwer (fast 300 Kilo mehr als der Diesel, was aber auch aus der höheren Ausstattungsstufe resultiert, der Kompakt-Lader startet im Mitgift-Niveau „Zen“), verleugnet nicht sein Gewicht. Was nicht bedeutet, dass die Gangart gemessen sein muss. Doch es ist schlussendlich nicht alleine dem strömenden Regen zuzuschreiben, dass der Bordcomputer am Ende der Runde einen Verbrauch von zwei Litern Sprit verzeichnete (technische Normmix-Angaben: 1,3 bis 1,6 Liter). Auf der Bergab-Etappe der Kamptaltraße war die Antriebsarbeit ausschließlich dem Strom-Motor überlassen.

Die Marktstarts und die Preise: Captur E-Tech Plug-In 160 ab 33.790 Euro, im September, Clio E-Tech 140, ab 21.640 Euro, und Mégane Grandtour E-Tech Plug-In 160, ab 34.190 Euro, im Oktober.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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