Es ist nur eine einfache Verkleidung, doch sie verfehlt ihre Wirkung nicht. Denn wer zum ersten Mal im überarbeiteten VW ID.3 den Ellbogen auf die Türbrüstung legt, der spürt den Unterschied noch vor dem Losfahren: Wo der Arm früher hart und unbequem zu liegen kam, ruht er jetzt weich auf einer unterschäumten Kunststoff-Konsole. Natürlich ist das lediglich eine Kleinigkeit – aber sie signalisiert spürbar, dass VW verstanden, auf die verärgerten Kunden gehört und aus der Kritik gelernt hat mit dem Facelift für den elektrischen Erstling, das jetzt zu Preisen ab 40.990 Euro bestellt werden kann.
Das war auch bitter nötig: Denn auf die große Euphorie bei der Premiere jenes Autos, das VW als den Golf der Generation E gefeiert und zum Leuchtturm einer neuen Zeit hochgejubelt hatten, folge eine noch größere Ernüchterung: Ja, mittlerweile hat allein die Marke VW über 600 000 MEB-Modelle verkauft, die Geschwister bei Audi, Skoda und der Seat-Tochter Cupra sowie bald sogar bei Ford nicht mitgerechnet. Rund die Hälfte davon waren ID.3, sagt Produktmanager Claas-Lennard Stöhr. Doch nach wie vor fährt der gute, alte Golf in der Statistik meilenweit vor dem ID.3. Und auch ID.4 und ID.5 haben die Nase knapp vorn.
Natürlich hat auch Corona den Niedersachsen die Parade verhagelt und die Chipkrise ebenfalls. Doch viele Probleme waren hausgemacht: Von außen war der ID.3 viel zu kindlich und verspielt, und was innen schlicht und modern sein wollte, wurde als zu billig wahrgenommen. Dazu kommen die Probleme mit der elektronischen Steuerung und dem Infotainment-System: Von Beginn an drängte sich angesichts eingefrorener Bildschirme, kruder Interpretationen der Spracherkennung und Hängern in der Navigation der Eindruck auf, dass Hard- und Software nicht so recht zusammenspielen wollten. Zwar hat VW mittlerweile mehrfach nachgebessert und in stundenlangen Werkstattsitzungen neue Software aufgespielt. Doch längst ist das Update noch nicht flächendeckend ausgerollt. Ja doch, es ist nicht alles glatt gelaufen, räumen sie auch in Wolfsburg ein: „Wir wollten ganz vorne dabei sein und haben den ID.3 deshalb in aller Eile fertiggemacht“, gibt Produktmanager Stöhr zu.
Aber dafür wird jetzt ja alles gut – oder zumindest deutlich besser. Denn die weiche Armauflage unter dem Seitenfenster ist ja nur ein Beispiel für das vorgezogene und dafür umso gründlichere Facelift, das ein knappes Jahr früher kam als eigentlich üblich: Wenn die Finger übers Armaturenbrett streifen, fühlt sich das nicht mehr nach Hornhauthobel an, sondern nach Pflegelotion und auch die Sitzbezüge haben ihren Stadtbus-Charme verloren. Außerdem gibt es außen für ein seriöseres und ein wenig sportlicheres Design neue Blechteile wie die Motorhaube, obwohl die neuen Pressformen besonders ins Geld gehen. Aber VW lässt sich das Facelift ja auch gut bezahlen: Rund 2 000 Euro liegen zwischen dem bislang niedrigsten Listenpreis und dem aktuellen Einstiegsmodell. Wobei man den Wolfsburgern zur Ehrenrettung zugutehalten muss, dass sie die Ausstattung noch einmal erweitert haben: Unter anderem sind Abstandstempomat, Navigationssystem mit größerem Display oder der herausnehmbare Ladeboden jetzt häufiger Serie, was sich mit ein paar anderen Kleinigkeiten alleine auf bestenfalls etwa 3 000 Euro Mehrwert summiert.
Ambiente, Auftritt und Ausstattung – das alles ist neu. Nur am Antrieb ändert sich erst einmal nichts, zumindest nicht an der Hardware. Die Akkus haben wie bislang 58 oder 77 kWh und reichen im Normzyklus für bis zu 546 Kilometer. Und bis irgendwann in diesem Jahr die Sportvariante GTX mit zwei Motoren und Allrad kommt, ist die 150 kW-Maschine an der Hinterachse der einzige Motor. Von den 210 kW, die es im ID.7 und im großen ID Buzz gibt, ist erstmal keine Rede.
Aber warum auch. Am Fahren mit dem ID.3 gab und gibt es schließlich am wenigsten auszusetzen. Der winzige Wendekreis ist schlicht sensationell, die Ruhe ist begeisternd, das Fahrwerk gut ausbalanciert, und dass er nur eingeschränkt mit einem Pedal zu fahren ist und man auch im B-Modus noch auf die Bremse treten muss zum Stehenbleiben, ist eher eine Frage der Philosophie denn der Fähigkeiten.
Dafür hat VW die Software auf Vordermann gebracht: Dank Plug & Charge entfällt die aufwändige Autorisierung an der Ladesäule, die Routenplanung wird smarter und macht lieber ein paar kurze Stopps an schnellen Ladern als lange an langsamen, der Strom fließt bald in beide Richtungen und für Updates muss jetzt keiner mehr in die Werkstatt, sondern nur ins Mobilfunknetz. Außerdem verbessert sich merklich die Ladeperformance und die Stopps am Stecker werden spürbar kürzer.
Die Lieferzeiten für den überarbeiteten Stromer, gibt VW mit zehn bis zwölf Wochen an. Nur auf ein weiteres, lang ersehntes Update müssen sich Kunden gedulden. Den großen Bildschirm aus dem ID.7 und mit ihm die Beleuchtung für die leidige Sliderleiste sind erst ab Mitte 2024 verfügbar.