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Lexus LC500 Cabrio: Herzerwärmend

Totgesagte leben länger: Während die europäischen Autohersteller immer öfter die Klappe halten und sogar Mercedes das ebenso exklusive wie elitäre Cabrio der S-Klasse einstellt, gibt sich ausgerechnet Lexus jetzt ungewöhnlich offen und stellt dem ohnehin schon provozierend unvernünftigen LC500 ein herzerwärmendes Cabrio zur Seite. Zugeschnitten auf Konkurrenten wie den BMW 8 und den Porsche 911 dürfte der Zweitürer den Kunden allerdings nicht nur mit seinem kraftstrotzenden und verführerischen Design den Atem rauben, sondern auch mit dem Preis: Denn bei mindestens 117.950 Euro (D) wird selbst die Schickeria bisweilen nach Luft schnappen.

Von Thomas Geiger

Nur gut, dass es davon reichlich gibt. Denn wenn man erst einmal den unter einer Klappe auf dem Mitteltunnel verborgenen Verdeck-Schalter gefunden hat, dauert es nur 15 Sekunden, bis sich das erste Stoffverdeck in der jungen Lexus-Geschichte elegant in den Kofferraum faltet – natürlich bis Tempo 50 auch während der Fahrt. Dass der nur 149 Liter fasst, ist bei diesem Auto kein Schaden. Denn erstens schluckt das Coupé gerade mal 25 Prozent mehr, und zweitens sind die Rücksitze im Cabrio so eng, dass sie ohnehin nur als Alibi taugen. Oder eben als erweiterte Gepäckablage.

Vorne dagegen genießt man den Luxus in aller Offenheit und kann den Fahrtwind fein dosieren. Denn solange die Fenster und das Windschott geschlossen sind, zupft allenfalls ein feiner Hauch an den Haarspitzen. Erst wenn man einen Knopfdruck später ganz ungeschützt in der luftigen Lounge aus Lack und Leder lümmelt, bricht der Orkan los.

Entfacht wird der nicht wie bei Lexus üblich und beim LC-Coupé mit 364 PS durchaus verfügbaren Hybrid-Antrieb, der am Ende wohl doch nur ein laues Lüftchen erzeugt hätte. Sondern für so ein hoffnungslos vergnügungssüchtiges Autos gibt es auch für die Väter von Prius & Co nur eine Wahl: Den wunderbar sündigen und sinnfreien V8, der seine Kraft nach alter Väter Sitte noch allein aus dem Hubraum schöpft und dafür keine lästigen Lader braucht: Fünf Liter fassen die acht Brennkammern – genug für einen beindruckend bollernden Bariton und vor allem für 464 PS und bis zu 530 Nm, die mit dem stolze zwei Tonnen schweren Luxusliner leichtes Spiel haben: Feinfühlig im Zaum gehalten von einer zehnstufigen Automatik, beschleunigt er den Lexus in glatten fünf Sekunden auf Tempo 100 und gibt sich erst bei 270 km/h geschlagen. Zwar ist das ein imposantes Tempo und Konkurrenten wie dem Achter BMW ist der Lexus damit voraus. Doch hat nicht das Rasen in diesem Auto den größten Reiz, sondern das Reisen. Denn wenn das Cabrio wie eine Motoryacht beim Landgang über kurvige Uferstraßen carvt, auf Serpentinen surft und weite Bögen im großen Schwung nimmt, dann kann die Fahrt gar nicht lange genug dauern. Erst recht nicht, wenn man sich für knapp 5.000 Euro noch das Performance-Package geleistet hat. Nein, natürlich nicht wegen der Einstiegsleisten aus Karbon oder der geschmiedeten 21-Zöller. Aber das Sperrdifferential hilft bei der Kurvenhatz genau wie die besseren Querdämpfer im Heck.

Natürlich könnte das Timing für die Premiere des Cabrios ein wenig besser sein. Doch erstens hat sicher auch dieser Herbst ein paar goldene Tage und zweitens gibt es ja den Klima-Concierge: Der orchestriert Sitzheizung, Klimaanlage und Nackenföhn so feinfühlig, dass einem auch bei kaltem Wetter mollig warm ist. Und für den Rest reicht ein Tritt aufs Gaspedal. Denn wenn der V8 aufheult, dann wird selbst der größten Frostbeule warm ums Herz.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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