Bislang war Golf zwar ein vornehmer und hoch angesehener Sport, aber so richtig viel Sexappeal haben die Spieler nicht ausgestrahlt. Doch wenn in ein paar Wochen zu Preisen ab etwa 20.000 Euro (D) die vierte Generation des Seat Leon auf den Golf-Platz stürmt, dann sieht die Sache ein wenig anders aus. Denn mit viel Lust und Leidenschaft beweisen die Spanier einmal mehr, dass man aus dem Modularen Querbaukasten nicht nur ein zurückhaltendes Vehikel wie den Wolfsburger Bestseller konstruieren kann, sondern auch einen feurigen Verführer, der uns nördlich der Alpen den Kopf verdreht wie ein Tango-Pärchen beim nächtlichen Tanz auf den Ramblas.
Von Thomas Geiger
Aber so fesch der Leon mit seinem aufreizenden Gesicht, den muskulösem Flanken und der knackigen Kehrseite gezeichnet ist und so feurig er schon mit dem 150 PS-Benziner fährt, so lustvoll er mit direkter Lenkung um die Kurve schnürt und so schnell er, dem adaptiven Fahrwerk im Sport-Modus sei dank, das Blut bei einer Landpartie zum Kochen bringt. Er hat er nicht nur Sex-Appeal, sondern auch Substanz. Schließlich wollen die Spanier mit uns Nordlichtern keinen heißen Flirt, sie zielen auf einen Bund fürs Leben.
Deshalb gibt es zum leidenschaftlichen Design viel schlaue Technik: Das beginnt bei den Antrieben, die mit Drei- und Vierzylindern ein Spektrum von 90 bis 204 PS abdecken und mit Benzinern und Dieseln, Mild- und Plug-In-Hybriden mit bis zu 60 Kilometern elektrischer Reichweite sowie einer Erdgas-Umrüstung mehr Vielfalt bieten als die meisten Konkurrenten, das führt über die Assistenten bis hin zum nahezu autonomen Autobahnfahren und das endet beim Ambiente, das ähnlich wie beim Golf einen großen Schritt hin zur Digitalisierung macht. Denn auch der Leon bekommt ein komplett neues und entsprechend aufgeräumtes Cockpit mit virtuellem Instrumenten, einem großen Touchscreen und den Sensorfeldern drum herum, die so viele Tasten ersetzen. Und natürlich ist der Leon „always on“, verbindet sich nahtlos mit dem Smartphone, navigiert online und lässt sich mit allerlei Apps anreichern.
Und falls die Sache mit dem Bund fürs Leben nicht nur mit dem Auto, sondern auch unter den Mitfahrern klappt, bietet der Leon obendrein mehr Platz als bisher: Um neun Zentimeter auf 4,37 Meter gewachsen und im Radstand um fünf Zentimeter gestreckt, reicht der Platz auf der Rückbank nun deutlich über das Vorschulalter hinaus. Und wem das nicht genügt, der bekommt den Leon für rund 1.000 Euro Aufpreis auch wieder als Kombi mit einem nochmals gewachsenen Kofferraum. Denn während es für den Fünftürer bei einem Fassungsvermögen von 380 Litern bleibt, legt das Ladevolumen des ST-Modells schon bei aufrechter Rückbank um 30 Liter zu und misst nun 620 Liter.
Zwar wissen die Spanier um ihre Verführungskünste. Doch sie kennen auch die Eigenheit ihrer wichtigsten Export-Kunden. Weil man die Deutschen nicht allein mit dem Herzen ködern kann, bieten sie mit dem Leon auch Futter fürs Hirn und haben nicht nur scharf gezeichnet, sondern auch spitz gerechnet: Bei identischer Motorisierung ist der Leon deshalb immer etwas günstiger als ein Golf.