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Hyundai Ioniq 5 N: Vollgas im Elektroauto

Eigentlich dreht sich bei diesem Auto alles um die ultimative Dynamik. Doch wenn es um die mediale Begleitung geht, lässt sich Hyundai beim Ioniq 5 N Zeit, viel Zeit – und zieht die Premiere entsprechend in die Länge. Erst ein paar Einblicke in die Entwicklung im Eis, danach die erste Spritztour im Prototypen und jetzt dann endlich die Jungfernfahrt beim Festival of Speed in Goodwood – seit mehr als einem halben Jahr halten die Koreaner den Kraftmeier in den Schlagzeilen. 

Doch das muss man verstehen. Schließlich ist das gedopte Designerstück nicht nur das erste N-Modell mit Akkuantrieb und als solches viel konsequenter gemacht als alles, was AMG & Co bislang an der Ladesäule zu bieten haben. Sondern der Ioniq 5 N will nicht weniger sein als das erste Elektroauto diesseits der Hypercars vom Schlage eines Rimac Nevera, das tatsächlich auch für die Rennstrecke taugt und das vor allem selbst eingefleischten Petrolheads Lust auf Elektromobilität macht. Deshalb ist die Bühne für die Premiere mit dem Festival of Speed natürlich mehr als passend gewählt.

Und der Ioniq 5 N kann sich dort in seinem babyblauen Lack wahrlich gut sehen lassen – selbst wenn die Designmodifikationen bis auf Schweller und Spoiler und natürlich die 21 Zoll-Räder überschaubar sind. Dafür haben die Koreaner schließlich bei der Technik um so mehr nachgelegt: Statt bislang bestenfalls 325 leisten die beiden Motoren hier nun dank eines neuen, zweistufigen Wechselrichters zusammen bis zu 650 PS und stechen damit auch den EV6 GT der Schwestermarke Kia aus. Das reicht für einen Sprint von 0 auf 100 km/h in 3,4 Sekunden und mit Bleifuß sind bis zu 260 km/h drin. Im Serienmodell dagegen zieht die Elektronik schon bei 185 km/h den Stecker. 

Doch Fakten sind für Biermann bei diesem Auto ohnehin nur nebensächlich. Sondern ihm geht es ums Fahren und ums Fühlen – und da bietet der elektrische N das ganz große Kino. Dafür hat die N-Truppe nicht nur einen überraschend authentischen Motorsound komponiert, der einen durch zehn Lautsprecher vom zu Ende gegeben Benzin-Zeitalter träumen lässt – zumindest solange man nicht auf Albernheiten wie Evolution oder Supersonic wechselt. Sondern das N-Modell simuliert sogar ein achtstufiges Doppelkupplungsgetriebe – Drehzahlmesser, Schaltpaddel, Zugkraftunterbrechung, Schubbrabbeln und Begrenzer inklusive. 

Damit gibt Hyundai dem Fahrer nicht nur das Gefühl für Geschwindigkeit zurück und ein bisschen mehr Kontrolle über sein Auto. Sondern so kitzeln die Koreaner auch mehr Sinne als die meisten andren Stromer, weil es im Bauch plötzlich wieder kribbelt und sich am Trommelfell die feinen Härchen aufstellen. Selbst wenn sich weder die 2,5 Tonnen noch die hohe Sitzposition wegdiskutieren lassen, fühlt sich der Ioniq 5 damit mehr nach einem N-Modell an als der hochbeinige Kona. Und dass er dabei ums Eck geht wie ein Wiesel auf der Jagd, ist natürlich auch kein Schaden.

Aber natürlich beschränkt sich das Bodybuilding nicht nur auf eine besonders kräftige Konfiguration des Antriebs, ein paar fingierte Finessen aus den Tiefen der Software und einer ausgesprochen straffen Fahrwerksabstimmung sowie einer messerscharfen Lenkung. Sondern im Gegenteil hat Hyundai viel dafür getan, dass sich das N-Modell tatsächlich auf der Rennstrecke behauptet – und dort mehr als eine Hotlap schafft. Deshalb hat der Ioniq 5 die größten Bremsen, die Hyundai je verbaut, die immer dann erbarmungslos zupacken, wenn die deutlich verstärkte Rekuperationsleistung von 0,6 statt 0,4 g nicht mehr ausreicht. Es gibt eine besondere Kühlung für den auf 84 kWh aufgebohrten Akku, der sich nicht nur zum Laden mit bis zu 350 kW konditionieren lässt, sondern auch für besonders flotte Runden, und es gibt ein paar neue Fahrprogramme für schnelles Qualifying mit maximalem Tempo oder für Langstreckenrennen mit entsprechend Leistungsreserven. Und selbst wenn in diesem Betrieb die Kraft um zehn Prozent zurückgenommen und das Tempo gedeckelt wir, schafft der Ioniq 5 damit noch 240 km/h und fährt so fast allen europäischen E-Modellen munter davon. 

Natürlich wird all das auch seinen Preis haben. Doch das ist neben der Reichweite die zweite Zahl, die sich Biermann & Co auch jetzt noch nicht entlocken lassen. Aber wenn schon der bislang teuerste Ioniq 5 mit 69.990 Euro in der Liste steht, dürfte der Sportler kaum unter 80.000 Euro zu haben sein. Das macht ihn zwar nicht nur zu dem mit Abstand teuersten N-Modell in der Palette, sondern katapultiert ihn auch aus dem Kreis vieler Konkurrenten. Doch in einem Punkt soll der Ioniq 5 N auf jeden Fall konkurrenzlos bleiben, verspricht Biermann: „Kein anderes Elektroauto wird so viel Emotionen pro Euro bieten wie dieses.“ 

Dumm nur, dass es noch ein wenig dauern wird, bis die Kunden diese Emotionen auch empfinden können. Denn sein Bummeltempo durch die Medien- und Marketing-Maschine behält der eilige Batterie-Bollide noch ein bisschen bei: In den Handel kommt er frühestens Anfang nächsten Jahres. 

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