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Skoda Octavia: Das bessere Handicap?

Vier Jahrzehnte war der VW Golf das meistverkaufte Auto Österreichs – bis der Skoda Octavia ihn 2019 entthronte. Auch dieses Jahr scheint an den Tschechen zu gehen.

2019 und 2020 sind die Kompakten aus der Volkswagen-Gruppe, also neben Skoda Octavia und VW Golf auch Seat Leon sowie Audi A3, in neue Generationen gestartet. Was dem Duell eine Extra-Brise Brisanz verleiht, obwohl natürlich nicht jeder neuzugelassene Golf oder Octavia einer der frischen Generation ist. Wo wir aktuell stehen?

Von Jänner bis Oktober wurden 6.958 Skoda Octavia neuzugelassen. Dagegen stemmen sich 5.548 VW Golf. Das ist zwar jeweils ein starker Einbruch verglichen mit dem gleichen Zeitraum im noch nicht von einer Pandemie geplagten Vorjahr. Doch die relativen Zahlen zeigen, dass der Octavia seinen Anteil an den Neuzulassungen um 0,2 Prozent ausbauen konnte – während der Golf 0,2 Prozent verloren hat. Eine Spurensuche am neuen Modell, warum der tschechische Golf mittlerweile über ein besseres Handicap verfügt, als das deutsche Original.

Klar, die einfache Antwort wäre jene, dass der Octavia günstiger ist. Das wollen wir so nicht stehen lassen. Können wir auch gar nicht: Der Tscheche ist nämlich nicht wirklich günstiger. Allerdings bekommt man für sein Geld deutlich mehr Auto. In der neuen Generation erst recht.

Die misst inzwischen 4,69 Meter – und ist somit länger als der BMW 3er Touring F31. Kompaktklasse ist das nicht mehr. Schon gar nicht den Kofferraum betreffend: Der fasst 640 Liter – exakt so viel wie der eines Mercedes E-Klasse T-Modells, zumindest bei stehenden Rückenlehnen.

Apropos E-Klasse: Dem alten Octavia wird ja gerne nachgesagt, dass er sich seine Front ein bisserl von dieser abgeschaut hat. Der neue sieht hingegen mehr wie ein BMW 5er aus, insbesondere die Lichtsignatur der optionalen LED-Matrix-Scheinwerfer ähneln sich. Oder sieht der 5er aus wie der Octavia? Immerhin wurde der Münchner später präsentiert. Auch das Heck erinnert uns irgendwie an BMW (oder den Fiat Tipo), nämlich an einen 3er mit auf den Kopf gestellten Leuchten.

So sportlich wie ein 3er fährt sich der Octavia freilich nicht: Überhaupt ist neben der Größe eines der markantesten Unterscheidungsmerkmale mit dem Golf, dass der Skoda komfortabler abgestimmt scheint. Zugegeben: Unser letztes Golf-Spiel ist schon wieder ein Zeiterl her, der unmittelbare Vergleich fehlt also.

Weniger gemütlich als gedacht: Der 2-Liter-Turbodiesel mit lediglich 115 PS. Und zwar positiv gemeint: Trotz der wenig versprechenden Leistungsdaten und einem Paradesprint von 10,4 Sekunden überzeugt das Triebwerk mit ausreichend Elastizität – und einem hervorragenden Verbrauch.

4,5 bis 5,1 Liter gibt Skoda offiziell an – und das ist durchaus realistisch. Selbst auf der deutschen Autobahn bei Reisetempo 180 nuckelt der TDI nicht mehr als sieben Liter auf 100 Kilometer. Der teuflische Diesel halt …

Für die Kraftübertragung verantwortlich ist ein manuelles Sechsgang-Getriebe. Daran gibt’s zwar nichts auszusetzen, aber mal unter uns: Ja, selbst die Gänge sortieren ist pur, macht Spaß, ist natürlich das einzig Wahre, und so weiter. Allerdings dringt aus jeder Pore des Octavia „Dienstwagen“, ein DSG würde einfach gut zum Charakter passen. Wer allerdings eine Automatik will, muss zum 150 PS starken TDI greifen.

Mit diesem Antriebsstrang wäre die 40.000 Euro-Grenze dann auch gesprengt. Mit 115 PS und einer Ausstattung, die keine Wünsche übrig lässt, werden rund 38.000 Euro fällig. Fast 40 Brocken für einen Skoda? Klar, klingt erstmal wild.

Tatsache ist aber: Das Interieur ist volldigital, sehr modern, hat immerhin noch ein paar analoge Knöpfe, die das Leben vereinfachen. Außerdem ist es hübsch gemacht, man fühlt sich wohl, nicht zuletzt aufgrund der hervorragenden Verarbeitung und der hochwertigen Materialien.

Dann wären da noch die ausgezeichneten Langstrecken-Qualitäten: Neben dem Verbrauch ist auch das Komfort-Niveau spitze, gleichzeitig ist das Fahrverhalten aber nicht schwammig. Mag sein, dass Individualisten so ein MQB-Fahrzeug fad finden. Dem Ottonormalkunden schmeichelt es aber mit tadellosem Fahrverhalten.

Und letztendlich sind da noch die voluminösen Raumangebot: Klar, der Kofferraum mit seinen 640 Litern. Aber auch für die Insassen herrschen königliche Platzverhältnisse – unabhängig davon, wo sie sitzen. Nein, ein Schnäppchen ist der neue Skoda Octavia nicht. Ein überaus faires Angebot aber schon.

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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