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Audi A3 35 TFSI: Volksnah auf Ingolstädterisch

Wer ein Automobil erstehen will, dass der deutschen Premium-Dreifaltigkeit entspringt, muss zahlen. Länge mal Breite mal Höhe. Logisch, schließlich locken zahllose luxuriöse Extras und kraftvolle Motoren, denen man kaum widerstehen kann. Doch wenn man seinen Geist stählt und nicht jede Option ankreuzt? Kann man dann etwa einen Audi A3 zum volksnahen Preis haben?

Kommt darauf an, wie man sein finanzielles Verständnis definiert. Verglichen mit einem S3, der die komplette Aufpreisliste zum Frühstück verspeist hat, präsentiert sich unser Testwagen beinahe asketisch. Doch verglichen mit den Konzernbrüdern aus Spanien und Tschechien bleibt einem der Preis des A3 35 TFSI doch im Halse stecken. 49.301 Euro und 90 Cent stehen auf dem Datenblatt unseres Kompakten. Zum Vergleich: Damit liegt man nur ein paar Hundert Euro unter dem billigsten 5er BMW. Der wäre dann natürlich völlig nackt, eh klar. Das ist unser A3 bei Weitem nicht.

Denn mit feinen Dingelchen wie der Navigation, der zwei Zonen-Klimaautomatik, den LED-Scheinwerfern, der Sitzheizung, dem Abstandstempomat et cetera et cetera ist nicht nur alles an Bord, was man braucht, sondern auch manches, was man nicht unbedingt braucht. Wie etwa das S Line-Interieur, 19-Zöller, ein Lederlenkrad und einiges an Alcantara. Mager ausgestattet ist er keinesfalls, der A3.

Und doch: Es handelt sich am Ende des Tages doch „nur“ um den 150 PS-Benziner mit 1,5 Litern Hubraum, der ohne Automatik auskommen muss. Die Verriegelung öffnet nicht wie von Geisterhand bei Annäherung und quetscht man sich in eine enge Parklücke, muss man sich auf die Spiegel und seine Ohren verlassen, denn Kamerbild flimmert keines über den Infotainmentscreen. All das tut eigentlich nicht weh, aber zeigt doch, das selbst bei knapp 50.000 Euro im A3 noch ordentlich Luft nach oben ist. Und schon das ist bei einem Kompaktwagen kein Betrag, den man ohne nachzudenken einfach hinklatscht.

Also gut, selbst ein mehr oder weniger volksnaher A3 ist kein Billigsdorfer Vehikel. Das soll aber auch so sein. Schließlich baut sich jede Marke ihr Image mühsam auf, und jenes von Audi ist eben durch und durch Premium. Für Armani zahlt man ja auch mehr als für H&M. Und keiner wird deinen Anzug von der Kette bewundern, wenn der Typ neben dir im italienischen Designersakko gute Figur macht. Ein Vergleich, der allerdings nicht zu hundert Prozent zutrifft. Denn in einem Audi findet man diverse Einzelteile, die es auch in einem Seat oder einem Skoda genau so gibt. Das ist jetzt kein Merkmal mangelnder Qualität, keineswegs! Aber es stößt halt ein wenig sauer auf, wenn bei dem Preis nicht nur das feinste Kaschmir, sondern auch die Kunstfaser aus dem Kaufhaus Verwendung findet.

Aber gut, genug der Zahlenjongliererei. Denn ob man sich den Audi A3 35 TFSI leistet oder nicht, muss eh jeder selbst entscheiden. Und diese Entscheidung trifft man bei den Ingolstädtern vor allem über das Fahren. Denn als Marke mit großer Motorsport-Tradition zieht man auch eine dynamisch veranlagte Zielgruppe an. Die wird auch beim neuen A3 nicht enttäuscht. Das (Sport-)Fahrwerk ist straff abgestimmt, aber nicht zu hart. Der Vierzylinder macht bei entsprechender Pedalbehandlung ordentlich Dampf, im Rahmen seiner Möglichkeiten. Die Lenkung ist schön knackig und macht Lust aufs Rotieren. Kurz gesagt – der Audi A3 fährt sich genau, wie man es von einem Audi erwartet: Hochpräzise, flott und auf gewisse Weise eiskalt. Denn hier passt alles perfekt, was natürlich ein großes Kompliment ist. Aber eine feurige Persönlichkeit hat er auch wieder nicht. Wo etwa ein Italiener oft seinen eigenen Kopf hat, seziert der A3 jede Kurve genau nach Wunsch des Fahrers. Das ist nicht besser oder schlechter, nur eine andere Herangehensweise. Souverän fühlt man sich im Audi definitiv. Vielleicht wähnt man seine Künste am Steuer sogar deutlich besser, als man eigentlich fahren kann. Das ist schon große Kunst, die den Ingolstädtern da auf alltäglichem Niveau gelingt. Es handelt sich halt eher um einen Mondrian als einen Monet.

Schlussendlich ist der Audi A3 35 TFSI also ein hervorragendes Auto. Nicht das emotionalste, aber gerade deshalb passt er auch zu jedem (der ihn sich leisten kann). Designtechnisch machen die Bayern derzeit mit ihrem Mix aus cool und aggressiv sowieso vieles richtig, der A3 gehört definitiv zu den schnittigsten Kompaktwagen der Welt. Und dass er schlussendlich preislich nicht ganz volksnah ist, passt irgendwie auch zu ihm. Und solange Audi-Enthusiasten weltweit gewillt sind, entsprechend tief in die Tasche zu greifen, hat der Preis seine Berechtigung. Dass wir ihn lieber günstiger hätten, liegt in unserer Natur. Denn am liebsten könnten wir uns jedes Auto einfach so anschaffen. Auch das ist ja ein Kompliment, denn wenn uns der Audi A3 nicht taugen würde, wäre uns der Preis ja auch wurscht.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

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