DriveHot

Opel Corsa: Fliegengewicht unter Druck

Fliegengewicht unter Druck

Der neue Opel Corsa

Das Opel-Management ist guter Laune. Zwar läuft die Produktion auf Sparflamme und seit Monaten bauen die Hessen Personal ab. Doch im ersten vollen Jahr nach der Übernahme durch den PSA-Konzern hat das von den Fesseln des GM-Imperiums befreite Krisenkind gleich wieder schwarze Zahlen geschrieben und damit eine schier ewige Serie von Verlustjahren beendet. Doch mit dem Gewinn wächst auch der Druck. Denn nun müssen sie in Rüsselsheim beweisen, dass sie kein Strohfeuer angezündet haben und unter dem Dach der Franzosen nachhaltig wachsen können. Diese schwere Aufgabe muss vor allem der nächste Corsa leisten. Schließlich ist der Kleinwagen nicht nur das meistverkaufte Modell der Marke. Sondern wenn Opel im Herbst auf der IAA das Tuch von der sechsten Generation zieht, dann ist das auch das erste Auto, das in der neuen Familie entwickelt wurde und sich zu weiten Teilen aus dem französischen Konzernregal bedient.

Von Thomas Geiger
Für diesen schweren Job rüstet sich Opel vor allem mit Leichtbau. Denn der neuen PSA-Plattform sei dank, speckt der Corsa im besten Fall um über 100 Kilo ab und wird damit zum Fliegengewicht in seiner Klasse: Ein Leergewicht von 980 Kilo machen ihn zum leichtesten Kleinwagen am Markt, sagt Projektleiter Thomas Wanke und schiebt still aber nicht ohne Stolz hinterher, dass auch die Konzerngeschwister mehr auf die Waage bringen.
Verzichten muss man dafür aber auf nichts, verspricht der Chefingenieur. Im Gegenteil: Selbst wenn der Corsa nicht mitmacht beim üblichen Wachstumsschub und mit 4,06 Metern Länge sein Format hält, bietet er innen dank drei Zentimetern mehr Radstand ein bisschen mehr Platz und obendrein einen von 285 auf 309 Liter gesteigerten Kofferraum. Und besser aussehen wird er – so viel kann man trotz der Tarnfolie schon erkennen – mit den kürzeren Überhängen und dem um fünf Zentimeter abgesenkten Dach natürlich auch.
Fast mehr noch als die Platzverhältnissen profitiert die Performance von der neuen Plattform. Denn jedes Kilo weniger auf der Waage hilft dem Corsa in den Kurven, so dass sich die Prototypen bei der ersten Ausfahrt spürbar lebendiger anfühlen als der Vorgänger und die meisten Konkurrenten – erst recht, weil man auch noch drei Zentimeter näher an der Straße sitzt als bisher. Fast ein bisschen zu stramm gefedert und mit einer angenehm direkten Lenkung versehen, kommt der Corsa zwar nicht an den Ford Fiesta als Dynamikchampion unter den Kleinwagen heran. Doch der Polo wird so gar vollends zum Langweiler und was man so aus Frankreich kennt, wirkt brav und bieder.
Und der Opel fährt sich nicht nur sportlicher und dank 1,5 Metern weniger Wendekreis sehr viel handlicher, sondern er soll auch sparsamer werden. Genaue Zahlen will Wanke zwar ein halbes Jahr vor der Markteinführung noch nicht verraten. „Aber selbst die stärkste Variante der neuen Generation wird weniger verbrauchen als das sparsamste Modell des Vorgängers“, stellt der Projektmanager in Aussicht und zieht gleich noch einen zweiten Trumpf aus der Tasche: Als erstes Modell unter neuer Konzernregie wird der Corsa zum Elektroauto und fährt dann ganz ohne Emissionen.
Für die Freunde der Verbrenner wird es zunächst drei Benziner und einen Diesel geben, die allesamt aus Frankreich stammen. Die Otto-Fraktion fährt mit einem 1,2-Liter, der als Sauger 75 und als Turbo 100 oder 130 PS leistet und in der stärksten Version mit einer Achtgang-Automatik kombiniert werden kann. Und beim Diesel setzt Opel auf einen 1,5 Liter großen Vierzylinder, der es auf 100 PS bringen wird.
So lebendig und lebenslustig die Prototypen bei der ersten Testfahrt wirken, bleibt sich Opel in seiner durch und durch deutschen und damit etwas konservativeren Rolle treu: Wer zwischendurch mal die Tarnmatten im Innenraum lupft, erkennt deshalb ein vergleichsweise konventionelles Cockpit, das sich mit klassischem Layout und zumindest fürs erste auch mit analogen Anzeigen deutlich abgrenzt vom verspielten Konzernbruder 208. Dafür wollen die Hessen lieber an anderer Stelle zum buchstäblich leuchtenden Vorbild werden – und rüsten den Corsa deshalb als ersten Kleinwagen auf Wunsch auch mit LED-Matrix-Scheinwerfern aus.

Jakob Stantejsky

Freut sich immer, wenn ein Auto ein bisserl anders ist. Lieber zu viel Pfeffer als geschmacklos.

Weitere Beiträge

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"