Beim Audi S8 plus haben die Entwickler ordentlich draufgepackt – 605 PS und 700 Nm schieben den Nobelhobel nun an und machen ihn zum neuen King of the Rings!
Text: Thomas Geiger
Wenn diese Luxuslimousine im Rückspiegel auftaucht, sollte man besser den Blinker setzen und schnell die linke Spur räumen. Denn wo für den Audi A8 bislang selbst in der schärfsten Variante bei 250 km/h Schuss war, legen die Bayern jetzt noch einmal nach und lassen ihrem Flaggschiff als Audi S8 plus Freilauf bis 305 km/h. Da wird die Luft für die anderen Luxusliner auf der Überholspur schon ganz schön dünn und am Steuer bekommt man buchstäblich Fracksausen.
Dafür hat Audi kurz vor dem Karriere-Ende von A8 und S8 noch einmal in die Trickkiste gegriffen und aus dem von RS6 und RS7 bekannten V8-Turbo mal eben weitere 15 Prozent Leistung heraus gezaubert: Statt 520 leistet das 4,0-Liter-Triebwerk jetzt imposante 605 PS und das maximale Drehmoment klettert von 650 auf 700 Nm. Für ein paar Sekunden erlaubt der Overboost sogar 750 Nm und boxt dem Fahrer so mit einem Samthandschuh über der Eisenfaust ziemlich vehement ins Kreuz.
Der Nachschlag hilft dem S8-Fahrer nicht nur auf der Überholspur, weil der Luxusliner jetzt noch mehr Druck macht und manch einem Sportwagen seine Kehrseite zeigt. Sondern er hilft vor allem in der Hackordnung beim Benzingespräch. Zwar war BMW in Ermangelung eines M7 mit den 450 PS des 750i im Quartett der deutsche Oberklässler bereits als Verlierer gesetzt. Doch darf man sich im Audi jetzt sogar mal als Sieger fühlen und ein wenig herabschauen auf all jene, die einen Mercedes S 63 AMG mit 585 PS oder einen Porsche Panamera Turbo S mit 570 PS fahren. Solange man nicht nach Zwölfzylindern schaut, macht den Herren der Ringe jetzt keiner mehr was vor.
Es braucht allerdings einen mitteilsamen Fahrer oder viel Kenntnis der Details, wenn man den S8 als „plus“ erkennen möchte. Weil der Leistungssportler zu allererst mal ein Luxusliner ist, hat Audi bewusst auf dicke Backen verzichtet und auch das neue Spitzenmodell nur in Nuancen geschärft. Außen sind es deshalb vor allem die feine Spoilerlippe auf dem Heckdeckel, die exklusiven 21-Zoll-Räder und silber-matte Lacke, die den Unterschied machen. Und wenn sie innen keinen roten Faden in das Karbongewebe der Zierkonsolen geschossen oder in die Ledernähte gewirkt hätten, könnte man S und S plus wohl gar nicht unterscheiden.… Für ein paar Sekunden erlaubt der Overboost sogar 750 Nm und boxt dem Fahrer so mit einem Samthandschuh über der Eisenfaust ziemlich vehement ins Kreuz …
Auch beim Fahrgefühl tun sich die beiden nichts – zumindest, solange man im Komfortmodus bleibt. Mit jedem Dreh am Drive-Select-Regler allerdings werden die Unterschiede deutlicher und spätestens im Dynamic-Mode spürt man sehr wohl die Muskeln unter dem Smoking.
Obwohl dem S8 Plus das entscheidende R im Typenkürzel fehlt, wurde der Wagen übrigens nicht von der Serienmannschaft entwickelt, sondern von der Quattro GmbH, die schließlich den selben Motor in RS6 und RS7 einbaut und auch sonst immer dann gefragt wird, wenn es darum geht, aus einem S-Modell noch etwas mehr heraus zu kitzeln. Dass dem S8 das R versagt bleibt, führt Quattro-Chef Stephan Reil vor allem auf den dezenten Auftritt und den zurückhaltenden Klang zurück, der dem ideal einer luxuriösem Limousine geschuldet sei. „An den Fahrleistungen jedenfalls“, sagt der Chef der Scharfmacher mit einem schelmischen Grinsen, „liegt es ganz sicher nicht.“