Während die größten Konkurrenten von BMW sich eher mit Ankündigungen großer Elektromobile brüsten, machen die Bayern Nägel mit Köpfe. Und das schon seit 2013.
Text: Maximilian Barcelli
Klar, es gibt die vollelektrische B-Klasse und in Ingolstadt wärmt man sich mit Plug-in-Hybriden auch langsam auf. Aber ein eigenständiges E-Auto? Fehlanzeige. Die lassen sich (daweil) nur im Studien- und Konzept-Repertoire von Audi und Mercedes finden. Anders die Situation bei BMW: Die Münchner laufen mit dem i3 elektrotechnisch der Konkurrenz schon lange den Rang ab. Und damit sich an diesem Zustand nichts ändert, kriegt der Stromer jetzt ein Facelift verpasst. Vorläufiges Urteil: Themenverfehlung.
0,3 Sekunden spurtet der neue BMW i3s nun flotter von 0 auf 100 km/h. Und er hat dickere Reifen, liegt also satter in der Kurve. Nur gehören Sportlichkeit und Dynamik nicht unbedingt zu den Attributen, die der i3 gebraucht hat. In München sieht man den Elektro-Flitzer offensichtlich nicht als das, was er ist: Ein feines Zweitwagerl zum Pendeln und für Samstagseinkäufe. Er ist wirklich gut in dieser Rolle, versteht sein Handwerk. Optisch gibt er sich zum Beispiel klar als E-Auto zu erkennen – und sein wir doch einmal ehrlich, das ist es, was wir wollen. Als Weltverbesserer dastehen – und das geht wiederum mit einer B-Klasse, der man die emissionsfreie Fortbewegung nur auf den zweiten Blick ansieht, nicht.
Wir wollen auch nicht nur, dass andere uns als Al Gores Halbbruder sehen, wir wollen uns auch wie Al Gores Halbbruder fühlen. Und auch da treffen die Bayern mit einem Interieur, welches stark vom eigentlichen BMW-Innenraum-Gsicht abweicht und aus allen Poren und Luftdüsen Elektromobilität schreit, ins Schwarze. Der BMW i3 ist also ein wirklich feines E-Auto.
Ein E-Auto, das allerdings noch viel feiner hätte werden können. Mit höherer Reichweite, damit das Pendlerauto der Familie eventuell für Sonntagsausflüge in Radien von über 100 Kilometer geeignet wäre – allzu viel Platz brauchen die Kiddies ja dann auch wieder nicht. Aber nein, sportlicher soll er werden. Die Intention dahinter: Elektromobilität schmackhaft machen. Und natürlich hat BMW ja auch einen bestimmten Ruf zu vertreten, immerhin halten die Münchner Freude am Fahren als oberstes Gut. Dieses eine Mal hätte BMW seine Prinzipien über Bord werfen sollen. Dem i3 Leistung wegnehmen, ihm eine dickere Batterie einpflanzen – das wäre sinnvoll gewesen.
Doch stattdessen: Mit 184 PS in 6,9 Sekunden von 0 auf 100. Und 280 Kilometer Reichweite nach NEFZ. 200 realistische Kilometer können es durchaus werden – nicht nur nach BMW, sondern auch nach uns. Weniger sinnvoll also, dafür aber umso kraftvoller. Und die Kraft, daran haben wir uns in den zwei Testwochen noch immer nicht gewöhnt, kommt so unglaublich plötzlich. Sie überrascht. Und gibt einem das Gefühl, mehr Beifahrer denn Fahrer zu sein.
Fazit: Vom unvernünftigen Standpunkt also darf sich der BMW i3s mehr als nur sehen lassen – und vom vernünftigen Standpunkt eigentlich eh auch. Immerhin ist das bisschen Sudern vorhin alles auf sehr hohem Niveau. Man hätte den frischen i3 einfach sinnvoller gestalten können – natürlich, das darf man nicht leugnen, zum Schaden der Fahrfreude. Und außerdem schläft die Konkurrenz ja sowieso noch: Wo ist denn der Sternen-i3? Und welchen voll-elektrischen Stadtflitzer haben denn die Herren der Ringe in petto? Auf der anderen Seite: Lange wird das Nickerchen nicht mehr dauern.