Wenn ein Schneemobil-Gigant damit beginnt, Motorräder herzustellen, kann das, was dabei herauskommt durchaus leidenschaftlich werden.
Text: Martin Swoboda Fotos: Homolka
Es gibt da diese unheimlich beeindruckenden Motorräder aus Millwaukee, die zum überwiegenden Teil von Freiberuflern gekauft werden, wohl nicht zuletzt wegen des Status, den die Geräte deutlich zur Schau stellen helfen. Das Fahren an sich ist meist nicht das vordergründige Anliegen, eher schon das Vorfahren. Egal, jedem Tierchen sein Plaisierchen, und jedes Motorrad mehr, das bei Sonnenschein unterwegs ist mindert für die Gesammtheit der Biker die Wahrscheinlichkeit wegen allfälliger Auffälligkeiten im Fahrstil von der Exekutive zur Rede gestellt zu werden.
Und dann gibt´s da noch jene gutsituierten Herren mittleren Alters, die oft scheinbar aus heiterem Himmel vom Zweiradvirus befallen werden. Und dann gleich richtig, gravierende Infektion, die sich anfangs unauffällig entwickelt, eine 125er Vespa, spontan erstanden und dank Zusatzstempel im B-Führerschein auch legal bewegt hat nicht selten den Ausbruch der Erkrankung verursacht. Ich denke da an einen lieben Freund, der, nachdem er aus dem von ihm mitaufgebauten Unternehmen ausgestiegen ist, die neue Freiheit erst mal auf dem Roller genossen hat. Nur um noch im ersten Sommer gleich mal auf Triumph umzusatteln. Als Gentleman mit dem Hang zur Extravaganz ist er dann rasch auf eine Marke gestossen, die ihm zum passenden Stil auch die erwünschte Exclusivität versprach: Indian!
Doch dann kam der Schneemobilgigant Polaris aus Medina, Minnesota, die hatten schon mit Victory ihre Hausaufgaben gemacht, nun waren Nägel mit Köpfen angesagt, mit einem Jahresumsatz von über 3 Miliarden Dollari kann man sich das leisten. Und weiss auch, wen man womit beauftragen muss. Den ersten Kopf, nämlich den der Zylinder, liess man wie den ganzen Motor in der Schweiz bei Swissauto entwickeln, die kennen sich sowohl mit Amis als auch mit Leistung aus, seit sie 1989 für das Brabham Formel 1 Team den Judd V8 auf Vordermann brachten. Was aber gleich auf den ersten Blick des Benzinbruders Herz höher schlagen lässt: diese Zylinderköpfe sind wahrscheinlich die schönsten Gussteile, die jeh unter einem Tank hervorschauen durften.
Na ja, fast. Immerhin wiegt die Fuhre doch fast eine halbe Tonne, vor dem Lunch, nacher vielleicht sogar knapp mehr. Beim Ausparken verschafft sich die Indian so gleich mal den nötigen Respekt, in Fahrt gekommen stellen sich rasch Kapitänsgefühle ein. Einer großen Yacht gleich schippert man durch die Landschaft, das 1800 Kubikcentimeter große Triebwerk liefert allzeit reichlich Schub, das dicke Drehmoment handelt ein völlig unproblematisch und geräuscharm zu bedienendes Getriebe. Wobei Ihr Autor rasch Gefallen daran fand, ehebaldigst in den höchstmöglichen Gang zu schalten, so wird das Tullnerfeld zum Meer, durch die verschlafenen Ortschaften tuckert man dann wie ein griechisches Fischerkaiki, köstliche Entspannung der dezenten Art. Und natürlich auch bestens geeignet, um beim Distinguished Gentlemans Ride gute Figur zu machen.
Oben genannter Freund hat sich übrigens als Erste die kleine Scout zugelegt. Nur um sie beim ersten Service gegen die Chieftain einzutauschen, er hat als Ersatzmotorrad während des Werksattaufenthalts eine Chieftain bekommen. Und nicht mehr retourniert. Mit der Scout, behauptet er, war er immer zu schnell unterwegs, vor Allem in der Stadt. Mit der Chieftain ist er nun glücklich, hat im ersten Sommer schon seine zehntausend Meilen gesammelt, da muss was dran sein. Wir werden uns das noch genauer anschauen müssen, die Erfahrungen mit beiden Modellen lesen Sie wieder hier im MOTORBLOCK!
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