Da beginnt sogar die stiff upperlip zu schmunzeln. Der neue Jaguar XF ist eine unerwartet starke Antwort auf die etablierten Riesen BMW 5er, Audi A6 und Mercedes E-Klasse. Der neue Engländer unter Röngtenstrahlen…
Text: Rainer Behounek
Steigen wir gleich voll ein: Der neue Jaguar XF ist 4.954 Millimeter lang oder sieben Millimeter kürzer als der Vorgänger. Dem steht ein um 51 Millimeter angewachsener Radstand von 2.960 Millimeter gegenüber, was nicht nur das Handling verbessert, sondern auch den Komfort im Innenraum, speziell im Fond. Im Prospekt steht, dass der XF im Fond 24 Millimeter mehr Bein- und 24 Millimeter mehr Kopffreiheit bietet, glauben wir mal so – der Komfort ist jedenfalls gegeben.
Heckleuchten, Frontpartie – die Mittelklasselimousine bettet sich perfekt in die aktuelle Jaguar-Formsprache ein. Die Designer erzählen von Ecken und Kanten – direkt werden die wahrscheinlich den Wenigsten auffallen, unterbewusst tragen sie aber zum gespannten Bild bei, besonders markant ist die Schulterlinie, die ihren Anfang im Lufteinlass unter den Frontscheinwerfern hat und sich nahtlos unter den Seitenfenstern bis nach hinten zum kleinen Heckspoiler durchzieht. Ein gelungenes Fahrzeug, dass seinen Hauptcharakter den scharf gezeichneten Frontleuchten verdankt.
Der Innenraum
Der Innenraum des neuen Jaguar XF erklärt sich mit drei Begriffen – edel, hochwertig, unschnörkselhaft. Ab der Prestige-Ausstattung sind die langstreckentauglichen Sitze mit echtem Leder überzogen. Mir persönlich ist der Materialmix aus Holz-, Kunststoffchrom- und Aluminium-paneelen zu viel. Geschmackssache. Das Touchscreendisplay vereinnahmt nicht alle Einstellmöglichkeiten – Regler für Lautstärke und Klimaanlage liegen nach wie vor schnell erreichbar in der Mittelkonsole.
Das Fahrverhalten
Auf den Punkt gebracht: herrlich. Gegenüber der Vorgängerversion verliert der neue XF bis zu 190 Kilogramm, was dem großzügigen Einsatz von Aluminium zu verdanken ist. Trotzdem oder gerade deshalb wurde die Torsionssteifigkeit um 28 Prozent verbessert. Eine Aluminium-Doppelquerlenker-Vorderachse und eine Aluminium-Integral-Hinterachse sowie eine neue Generation an Stoßdämpfern sorgen für übertrieben gute Handlingeigenschaften. Kein Witz: So sportlich fährt derzeit keine viertürige Limousine. Der XF lenkt so präzise ein, dass es eine Freud ist und man gern den Umweg über den Großglockner zum Büro gleich um die Ecke nimmt.
Die Motoren
Für jeden was dabei. 163, 180 und 300 PS Diesel, 240, 340 und 380 PS Benziner. Alle Motoren erfüllen natürlich die Euro-6-Norm wobei der Ingenium Diesel mit zwei Litern Hubraum der sparsamste ist. Als 163 PS-Variante (stellt auch 180 PS zur Verfügung) verbraucht er nur vier Liter auf 100 Kilometer. Der 3,0 Liter V6 aus dem Vorgänger wurde gründlich überarbeitet und posaunt nun statt 275 PS und 600 Nm satte 300 PS und 700 Nm raus. Resultat: 6,2 Sekunden auf 100 stehen einem Datenblattverbrauch von 5,5 Litern auf 100 Kilometer gegenüber. Der starke Selbstzünder ist sehr zu empfehlen, er reißt spitzenmäßig an, hat von unten raus viel Power und soll auch noch wenig verbrauchen (darauf haben wir leider nicht geschaut). Ganz oben, auf der Benziner-Seite, arbeitet der 3,0 Liter V6 Kompressor aus dem F-Type, der entweder 340 PS oder 380 PS an zwei oder vier Räder schickt. Ein Sechsgang-Schaltgetriebe blitzt in der Ausstattungsliste selten auf, lediglich der 163 PS und der 180 PS Diesel verfügen auch über Handschalter, alle anderen lassen acht Gänge automatisch selektieren. Vom Allradantrieb profitieren (derzeit) nur die starken 340 und 380 PS Benzinversionen, sonst wird die Kraft zu den hinteren Rädern geleitet.
Die Preise
Der Basis XF mit 163 PS und 6-Gang-Schaltgetriebe beginnt bei 42.100 Euro, der Benziner mit 240 PS startet bei 55.300 Euro. Allradantrieb gibt’ ab 73.850 Euro (340 PS) Was Kombi oder Plug-In-Hybrid betreffen, halten sich die Damen und Herren aus England von zurück.
Das Fazit
Jaguar stellt mit dem XF einen ernsten Gegner in der oberen Mittelklasse auf, der agiles Handling mit üppigem Raumgefühl verbindet. Wer sich am derzeitigen Angebot satt sieht, der sollte einen Blick nach England werfen.