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Jeep Wrangler Hybrid: Blechgewordene Diskrepanz

In den 1940ern kämpfte er gegen die Deutschen, heute gegen die Erderwärmung: den Jeep Wrangler gibt es als Hybrid.

Ein roter Jeep Wrangler Hybrid steht auf einer Allee

Geländewagen erster Stunde

„Süßer Jeep“ sagt sie zu mir, Wochen ist es her, als ich mit einem Citroen C5 Aircross daherkomme. „Honey“, sage ich zu ihr, selbstverständlich leicht überheblich, „das ist kein Jeep.“ Und füge hinzu: „Aber vielleicht bald.“ Dann beginne ich über die Fusion von FCA und PSA fachzusimpeln. Erzähle ihr vom ersten Willys Jeep, den die Amerikaner im zweiten Weltkrieg bauten, um den Deutschen in den Arsch zu treten, was gut funktioniert hat und auch mehr als fair war. Jedenfalls, um auf den Punkt zu kommen, kläre ich sie dann schlussendlich auf, dass oftmals Jeep als Synonym für SUV benutzt wird. Fälschlicherweise, denn bei Jeep handelt es sich ja um einen Hersteller. Abschluss der unfreiwilligen Lehrveranstaltung: „Nächste Woche zeig’ ich dir dann einen echten.“

Jeep Wrangler Hybrid: Tradition trifft Zukunft

Und ich zeigte ihr nicht nur einen echten Jeep, sondern den echtesten Jeep von allen. Der Wrangler ist der direkte Nachfahre des Willys MB. Was man optisch durchaus erkennen kann, obwohl sich die Erde seit den 1940ern weiter um die eigene Achse gedreht hat, und das gleich viele zehntausende Male. Der Kühlergrill ist immer noch in sieben vertikalen Öffnungen gegliedert, die Scheinwerfer sind immer noch kreisförmig und die massiven Radhäuser trapezförmig designt. Kurzum: Traditionelle Optik gekonnt in die Moderne übertragen. So richtig modern soll es aber unterm Blech vorgehen. Denn der Jeep Wrangler fährt in Europa nur noch als Plug-in-Hybrid vor.

Innenraum eines Jeep Wrangler
Lässig: Martialisches Innenraum-Design, hohe Sitzposition.

Plug-in-Kraxler: Passt das?

Eine groteske Mischung, die im Vorhinein auf nicht wenig Argwohn traf. Weil: Plug-in und SUV, okay, aber PHEV und Jeep, also: echter Jeep? Irgendwie schwer vorzustellen, wie sowas tut, besonders wie sowas im Gelände tut. Aus der Praxis wissen wir da jetzt auch nicht mehr, aber über Bordsteine sind wir problemlos gekommen und bei Temposchwellen streift auch nix an den Schürzen. Wäre auch komisch, bei Böschungswinkeln von 36 Grad vorn und 31,4 Grad hinten.

Ein roter Jeep Wrangler steht auf einer Wiese
Offroad-Gummis: Wo sie ihre Stärken ausspielen (ja, ja, das wäre auch mit Semi-Slicks gegangen).

Keine Abstriche

Durch tiefere Lacken wie dem Neusiedler See geht übrigens auch, oder zumindest fast: Weil der netto 13,3 kWh große Akku (40 bis 50 Kilometer Reichweite laut WLTP) wasserfest versiegelt ist, bleibt es bei einer Watttiefe von 76 Zentimetern. Gleich geblieben ist auch der Rampenwinkel von 20,8 Prozent. Die Werte gelten für die Rubicon-Ausstattungslinie, die auf Einsätze im unwegsamen Gelände ausgerichtet ist. Was unschwer zu erkennen ist, ob der fetten Offroad-Gummis.

Ein roter Jeep Wrangler steht auf einer Allee
Offroad-Gummis: Wo sie ihre Schwächen ausspielen.

Verbrauch: Zwischen nix und 20 Liter

Die haben zwar den Vorteil, dass man sich nicht übermäßig über an befestigten Straßen halten muss. Dafür rollen sie ebendort nicht ganz so geschmeidig ab. Und erhöhen den Verbrauch: Der Jeep Wrangler Hybrid schluckt in der Sahara-Version offizielle 3,5 Liter, mit den Offroad-Patschen sind es 4,1 Liter. Die für das Konzept Plug-in-Hybrid typische Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis lässt der Jeep Wrangler Hybrid eskalieren. Klar sind 4,1 Liter möglich, wenn man ihn jeden Tag an den Strom hängt und ausschließlich Kurzstrecken fährt. Wenn aber das Ladekabel wie ein wertvoller Comic originalverpackt bleibt, ist der Verbrauch nur noch im Stand einstellig.

Die Direttissima

Wundern darf einen das nicht: Wird der 2-Liter-Vierzylinder alleine gelassen, muss er immerhin 2,4 Tonnen bewegen. Mit seinen 272 PS und 400 Nm gelingt ihm das den Vortrieb betreffend gut, doch dann wird er halt so durstig wie ein Elefant im hochsommerlichen Zentralafrika. Veranschaulicht auch die Reichweite recht gut: Obwohl der Tank mit 65 Liter Volumen ordentlich ist (nur ein Liter weniger als der konventionelle Wrangler), zeigte der Bordcomputer beim ersten Volltanken nur etwas über 300 Kilometer Reichweite an. Pluspunkt für den Jeep: Du kannst die Luftlinie nehmen und brauchst nicht auf Infrastruktur zu achten.

Das Infotainmentsystem eines Jeep Wrangler zeigt Längs- und Querneigung des Fahrzeuges
Zwei Grad Querneigung: Der Jeep Wrangler Hybrid stößt im Test an seine Grenzen.

Jeep Wrangler Hybrid: 6,4 Sekunden auf 100 km/h

Wenn man ihn dann halbwegs regelmäßig lädt, wird das aber eh deutlich freundlicher. Und marschiert auch besser: Die Systemleistung von 370 PS und 637 Nm wuchten den Jeep Wrangler Hybrid in 6,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Der Vollständigkeit halber: Die Höchstgeschwindigkeit beträgt beim Rubicon 156 km/h. Elektrisch sind es 130 km/h. Ein bisserl nervig umgesetzt hat Jeep den vorgeschriebenen Elektro-Sound bei niedrigen Geschwindigkeiten, was vor allem bei offenem Mega-Schiebedach zur Geltung kommt. Die Hardtop-Version mit den abnehmbaren Dachsegmenten gibt es freilich weiterhin, nur genügt da kein Knopfdruck, um es in ein halbes Cabrio umzufunktionieren.

Safari in der Begegnungszone

Rein vom Fahrgefühl her ist so ein Wrangler einfach: geil. Die hohe Sitzposition mit Blick auf die mehrfarbige Motorhaube. Der martialische Innenraum mit den vielen Knöpfen (digital: alles was man braucht, aber nichts darüberhinaus). Der Wählhebel für Allrad und Untersetzung. Coolstes Safari-Feeling – mitten in der Begegnungszone. Und trotzdem. Ganz glücklich sind wir mit dem Antriebsstrang nicht. Also: schon. Er geht gut, KANN sparsam sein und IST sparsam was Steuern betrifft. Außerdem schränkt einen das Plug-in-System weder beim Tankvolumen noch beim Offroad-Einsatz sonderlich ein und das Kofferraumvolumen sinkt auch nur um 15 Liter auf 533 Liter.

Jeep Wrangler Hybrid Rubicon: Hardfacts

  • Motor: 2-Liter-Vierzylinder + 2 Elektromotoren
  • Getriebe: Achtgang-Automatik
  • Leistung: 380 PS
  • Verbrauch: „4,1“ Liter pro 100 Kilometer
  • elektrische Reichweite: 40 bis 50 Kilometer
  • Preis: ab 81.790 Euro

Jeep Wrangler Hybrid: ein „cooles SUV“

Dennoch blutet das Herz, und zwar besonders jenes, das Benzin durch die Adern pumpt. Denn während wir dem synthetischen Elektro-Gesurre bei offenen Dach lauschen, massiert in Amerika ein 6,4 Liter dicker V8-Hemi-Brocken das Trommelfell der Wrangler-Kunden. Im Gegenzug haben überm großen Teich Sturmgewehre mehr Rechte als Schwangere. Sehr viel wichtiger ist aber ohnehin das Urteil der wesentlich besseren Hälfte – und die mag keine allzu lauten Autos. Fazit also? „Ur cooler SUV.“ Na dann …

Maximilian Barcelli

Bei 7.000 Touren beginnt der Spaß für den mehr begeisterten denn begnadeten Autofahrer.

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