Pikantes Essen ist nicht jedermanns Sache
Kia Picanto: Erkenntnisse der Woche
Während sich einige Kollegen momentan mit dem neuen Flaggschiff aus Korea, dem Stinger, beschäftigen, fanden wir uns in der letzten Woche am anderen Ende des Preisspektrums wieder. Der Kia Picanto in der Top-Ausstattung „Gold“ geleitete uns durch den Alltag.
Drei Erkenntnisse erlang ich während der Zeit mit dem kleinen Koreaner. Die erste: Auch kleine Autos müssen ein gewisses Minimum an Kraft aufbringen. Dann noch: Manchmal ist weniger mehr und die dritte: Umso kleiner, umso böser muss es ausschauen. Und bei der dritten Lektion hacken wir gleich einmal ein. Die hat uns der Picanto nämlich auch relativ schnell erteilt, genauer gesagt bei der ersten Besichtigung. Er will erwachsen sein, der kleine Koreaner. Das vermittelt primär die Front mit ihrem aggressiven Kühlergrill. Diesen umranden Chromelemente, die die Leuchten des Kia verbinden, das Auto dabei in die Breite ziehen und an die neue Designsprache VW’s (Stichwort Arteon und Polo) erinnern. Tatsächlich ist der Kia Picanto keine 1,6 Meter breit. Die Front bleibt allerdings der einzige optische Oho-Moment: Nicht, das Seiten- und Heckansicht einem langweilen, richtig mutig wurde aber nur vorne gearbeitet.
Das Heck wiederlegt dann die These, dass vor allem kleine Fahrzeuge grantig aussehen müssen. Die umgedrehten C-Leuchten ziehen das Auto in die Höhe, durch die Form verliert der Picanto aber auch nicht an Breite. Fazit zur Optik: Eine lange Limousine ist schnell mal schön, in der Kleinstwagenklasse ist es schon schwer genug, dass ein Wagen nicht hässlich wird. Und der Kia Picanto ist vom hässlich sein weit entfernt!
Innen drin tauchen wir dann in ein Meer aus Plastik ein. „9.890 Euro Einstiegspreis“, sagen wir uns selbst und blenden die (Un-) Wertigkeit der Materialien aus. Dann die erste positive Überraschung: Der Griff ans Lenkrad, ein haptisches Feuerwerk. Leder. Und generell: Es fühlt sich gut an und schaut auch so aus. Zwar gibt’s viele Knöpfe, allerdings sind diese alle logisch angeordnet und stiften nur selten Verwirrung. Mit der Lenkradheizung ist man für die kalte Jahreszeit gewappnet. Der nächste haptische Höhepunkt ist dann die Armlehne mittig der Sitze. Diese ist ebenfalls mit Leder überzogen. Außerdem versteckt sich darunter noch ein Hohlraum für Handy, Schlüssel, oder was auch immer. Es ist überraschend, wie viel Ablageflächen ein so kleines Auto wie der Picanto bieten kann. Da darf sich so mancher Konkurrent was abschauen. Nachdem losfahren vergisst man fast, dass man in einem Fahrzeug sitzt, welches unter 10.000 Euro kosten KANN und einen Radstand von genau 2,4 Meter aufweist. Zugegeben, die hinteren Mitreisenden vergessen das mit dem Radstand nicht, der Fahrer hat’s aber gemütlich.
Trotzdem, bei all seinen Macken, konnte der Kia Picanto unterm Strich überzeugen. Das viele Plastik drückt den Preis, trotzdem sind die richtigen Materialen an den richtigen Stellen zu finden. Der dezent dosierte Einsatz von Klavierlack sieht nicht peinlich aus und hebt das Wertigkeitsgefühl empor. Und dass die Koreaner Oberklasse können, wissen wir. Auch an der Bedienbarkeit des Infotainments gibt es nichts zu bekritteln. Der Touchscreen ist sensibel und die wichtigsten Knöpfe logisch angeordnet. Zwar schwächelt der Picanto etwas bei den Leistungen, die der Motor erbringt, doch auch dem können wir etwas Gutes abgewinnen: Nämlich einen tatsächlichen Verbrauch von nur 5,9 Litern in der Stadt, während dieser laut Kia 5,8 Liter auf 100 Kilometer betragen soll. Kombiniert sollen’s dann überhaupt nur noch 4,5 Liter sein. Manchmal ist weniger (Motorleistung), eben mehr (Geld im Börserl).