Lohner Comeback mit Elektrobikes
Lohner re-loaded
Selbst uns Alten, in den neunzehnhundertsechziger Jahren geborenen, ist die Erinnerung an den legendären Lohner Roller nur mehr eine reichlich blasse, vergleichbar jener an österreichische Politiker mit Ethos, Charisma und Stil. Die babyblaue Sissi als Statussymbol jener Arbeiter, die es zu etwas gebracht hatten findet man gerade noch auf der Langzeitfestplatte, den luxuriösen L 125 mit seinem prägnanten Rundmaul gar nur mehr auf Schwarzweissphotos vom extravaganten Onkel auf Sonntagsbesuch. Das soll sich wieder ändern.
Von Martin Swoboda/homolkafaehrt.com
Höchste Zeit also, diesen Nachkriegsmythos wieder zum Leben zu erwecken, bevor der Glanz völlig verblasst ist! Andreas Lohner hat sich dies zum hehren Ziel gemacht, lässt wieder Zweiräder bauen, natürlich in Österreich, doch dem Zug der Zeit entsprechend werden die keine Zweitaktfahnen hinter sich herziehen, sondern lautlos durch die Stadt strohmen.
Den Anfang macht der, seit kurzem erhältliche, Stroler, ein Pedelec mit Doppelsitzbank, ganz im Stile historischer Reitwagen. Geplant war das Fahrrad mit elektrischem Hilfsantrieb eigentlich als zweites Standbein, nachvollziehbare Sachzwänge machen das erste, die Neuauflage des L 125 ebenfalls elektrisch laufende Lea nun zum Nachschlag.
Kein Grund zur Traurigkeit, der Stroler ist wahrlich kein Lückenbüsser, selbstbewusst zieht er sehnsuchtsvolle Blicke auf sich, elegant, popig, unerwartet anders bereichert er das Strassenbild. Wir haben uns gleich mal einen der Ersten im PopUp Store am Neuen Markt unter den Nagel gerissen, um ihm gründlich auf den Zahn zu fühlen.
Die ersten Meter sind dabei die schwierigsten, Versagensängste angesichts der dutzenden neugierigen Augenpaare unvermeidlich, wenn auch unnötig. Zwar lässt sich der Stroler prinzipiell wie ein Fahrrad anfahren, allerdings nicht im siebenten Gang, den die Vorfahrer meist eingelegt lassen. Und rein über den „Gas“griff zu beschleunigen stellt den Motor angesichts meiner und des Strolers Masse auf eine harte Probe. Doch nach ein paar unsichern Metern inmitten der torkelnden Touristenmassen vor der Kapuzinerhruft hat man den Dreh heraus.
Das grösste Hindernis stellen die Pasanten dar, die ob der beinahe geräuschlosen Fortbewegungsart den Stroler schlicht und einfach nicht bemerken, sobald aber doch wie angewurzelt sthenbleiben. Pedelecs kennt man ja, aber so ein, ja was denn, Moped ohne Knatterton verblüfft. Und genau das ist die Stärke des stylischen Flitzers, motorisiert und doch legal stehen einem Radstreifen und -wege aber auch die Fahrbahnen offen, in der Stadt weiss ich mir derzeit keine praktischere, elegantere und umweltverträglichere Art des Nahtransports.
Wir wollten es aber genau wissen, die Reichweitenangaben der Hersteller -im Fall des Strolers mindestens 40km- entsprechen ja in ihrem Wahrheitsgehalt meist den Emissionszahlen der Dieselflotte von VW. Also raus aus Wien, Wochenendtrip nach Klosterneuburg, vorher noch die Photoausrüstung aus Neubau abholen und, damit es ja nicht zu leicht wird, das Model. Volle Zuladung also, 150 Kilo sind geatttet, so viel waren es jedenfalls!
Bis zum Donaukanal Radweg geht es gnädig bergab, doch dann beginnt der Härtetest, stetig bergan gegen den Strom, immer fleissig mittretend, nicht wegen dem Verbrauch, nein, weil man sich einfach schlecht fühlt, strampelnde Kollegen zu zweit bergauf ruhigen Fusses zu überholen. Bei der Nussdorfer Schleuse unterbricht ein Photostop die stete Fahrt, circa vierzig Runden, auf und ab, jedesmal von neuem anfahren, ich schätze, das zuzelt den Akku zusätzlich aus. Das Display zeigt zwei drittel, nein halbe, in der Kuchelau dann nur noch ein Drittel Reserve.
Kurz vor dem Strandbad beginnt sie dann zu blinken, der Versuch, die Pinonierbrücke zu erklimmen scheitert am endgültig schlappen Stromlieferanten. Doch der kluge Mann baut vor, der Ersatzakku wartet im Rucksack auf seinen Einsatz, das Model das ihn trug meinte: gar nicht so schwer. Der Tausch ist rasch erledigt, der frische Kraftblock schnell eingeschoben, allerdings nicht ganz so frisch wie erwartet, wahrscheinlich nicht korrekt eingschult, man kennt das ja vom Handy, wenn man die Anweisungen zur Erstladung nicht korrekt befolgt. Jedenfalls muss die Sozia den, zugegebenermassen steilen, Schlusshang per pedes bezwingen, der Stroler war da nicht Gentle-Manns genug.
Montag Morgen wieder in die Stadt, Kolonnen auf der Schnellstrasse, Stau in der Spittelau, die Sonne scheint, der Stroler rollt am Treppelweg. So kann die Arbeitswoche beginnen, frische Luft, leichte Körperertüchtigung und ein reines Gewissen sind die erwünschten Nebenwirkungen des kleinen Lohners. Selbst die Ladekontrolle ist zufrieden, obwohl mangels Zeugen die Kurbel heute ruhen darf und gut zwei Drittel der Strecke allein elektrisch bewältigt werden sind am Stephansplatz noch immer vier der sechs Balken aktiv, bis ans Ziel verschwindet dann doch noch einer.
Ergibt in Summe für die gesammte Wegstrecke von 18 Kilometern einen halben Akku Verbrauch, Lohner hat also nicht wirklich zu viel versprochen, sollten Sie unter neunzig Kilo wiegen dürfte es mit den Vierzig Kilometern sogar ziemlich genau hinkommen. Bleiben zweiundzwanzig für den Tag in der Stadt, das schaffen Sie nie, aber Spass wird es trotzdem machen!