Drei Zacken für kein Halleluja
Maserati Ghibli
Eine Marke mit Geschichte wie wenig andere ist jene mit dem Dreizack im Logo aus Modena. Jüngster Sproß der Familia ist der Maserati Ghibli, auch schon ein paar Jährchen auf dem Markt. Er ist allerdings weniger die Fortführung der legendären Sportler-Historie, als als Angriff auf die deutsche Mittelklasse zu verstehen. Schafft er das?
Von Franz J. Sauer
Früher stand der Name Ghibli bei Maserati für Sportautos. Zuletzt trat der Titel als Namensgeber eines keilförmigen Coupés auf, sozusagen der zweitürigen Version des damaligen Quattroporte. Mit den klassischen Supersportlern vom Schlage eines Merak oder Khamsin hatte der Nineties-Ghibli nicht mehr viel gemein. Aber doch blieb er eindeutig erkennbar Sportwagen. Ein Feature, das der aktuelle Ghibli wohl nur mehr im tiefsten Inneren erfüllt. Wir sagen nur: Diesel! Das Ziel des „kleinsten“ Maserati ist klar: die mittlere Business-Class, die Welt der Fünfer-BMWs oder A6-Audis.
Ein Ghibli für ein Halleluja
Jene Autos also, die gerne vom mittleren Managment bis zur Geschäftsführerebene gefahren werden und in weitester Spreizung auch schon mal 70 bis 80.000 Euro kosten dürfen. In diese Kerbe schlägt der Ghibli und die Verfügbarkeit eines Selbstzünders ist hier – vorläufig noch – Pflicht. Mit 275 PS Leistung ist der hier freilich schon auch einer der schnelleren, stärkeren solchen. Aber die Musik spielt wie bei allen Maseratis bei den Benzinern, weil ja dann auch mit Allrad erhältlich. Und man muß sagen – da kommt der Sportler unverkennbar durch. Insgesamt gesprochen, was Haptik und Dynamik betrifft, fühlt sich der Ghibli ein wenig wie ein kleinerer Quattroporte an, was ihm nicht durchwegs zum Vorteil gereicht. So schien es bei unserem Testwagen, als wäre die Bremse etwas zu indifferent konfiguriert, das Lenkrad zu groß für das Gesamt-Gewinkel der Fahrgastzelle und die Automatik eine Spur zu nervös beim Runterschalten. Eine Schwäche, die sie mit einem etwa langsamen Wandler-Wesen beim raufschalten zwar soundmäßig interessant, aber vom Sportfaktor her zu behäbig durchführte.
Brave new World
Was die neuen Features, also Lane Assist, Totwinkel-Assi und Autonomes Fahren betrifft, verdient sich der Maserati Ghibli Bestnoten. Tatsächlich wird Autobahnfahren im mittleren Speedbereich (um die 100) zur absoluten Nebensache, aber der vertrauensvollen Art. Die Lenkung hält einen unaufgeregt in der Spur, nähert man sich der Sperrlinie zu sehr, wird fast energisch gegengelenkt – ein Feature, an dem sich manche möglicherweise stoßen.
Schafft ers?
Jein, oder doch nein, obwohl … naja. Anyway: Der Ghibli ist kein schlechtes Auto. Allemal funktioniert er besser als so ziemlich alles, was die Italiener bis, sagen wir, 2005 herausbrachten. Da fallen keine Druckknöpfe ins Innere, wenn man mit Verve draufdrückt, da falle keine Anzeien aus, nur weil sie einen schlechten Tag haben. Und es bleibt auch kein Wagen stehen und heizt nicht mehr, nur weil man den Sitz elektrisch zurückgeschoben hat und dabei einen Stecker unter dem Sitzkissen irrtümlich getrennt hat. Dennoch: Was der italophile Maserati-Kunde liebt, bringt der aktuelle Ghibli nicht. Er ist ein solides feines, Halbluxus-Auto, das durch einige Design-Highlights heraussticht, allerdings sind da die Deutschen ja auch nicht schlechte aufgestellt. Der Motor ist in Ordnung, ja, wir meinen den Diesel. Allerdings wird das Fahrzeug kaum das Herz des italienischen Botschafters hierzulande erwärmen. Dieser bleibt bei seinem Quattroporte.