Früher musste der Postmann vielleicht noch zweimal klingeln. Doch wenn es nach der Vision von Volker Mornhinweg geht, dann kommen die Paketfahrer von Morgen flüsterleise, immer zur rechten Zeit oder schicken vielleicht nur noch einen Lieferroboter, wie den Mercedes Vision Van.
Text: Thomas Geiger
Denn um der stetig anschwellenden Lawine von Päckchen und Paketen in Zeiten des eCommerce Herr zu werden, hat der Chef der Sparte Mercedes Vans jetzt eine spektakuläre Studie auf die Räder stellen lassen, die das Geschäft von DHL & Co gravierend verändern könnte: Den VisionVan. Groß und geräumig wie ein aktueller Sprinter und glatt geschliffen wie ein riesiges Zäpfchen auf Rädern, soll er im Hannover auf der Nutzfahrzeug-IAA zum Star am Mercedes-Himmel werden.
Aber der Fahrer wird nicht nur durch Luftlieferungen entlastet, für die das Designteam in Stuttgart sogar eigene Helipads entworfen hat, die bei den Kunden im Garten liegen. Sondern die Erleichterungen beginnen bereits beim Einladen. Musste er bislang oft ein, zwei Stunden lang auf dem Posthof Päckchen stapeln, hat Mercedes für den Vision Van ein so genanntes OneShot-System entwickelt. Damit können die Kollegen in der Halle alles auf speziellen Regalen verstauen, die dann in wenigen Minuten wie Schubladen in den Van bugsiert werden.
Auch unterwegs nimmt der smarte Sprinter dem Fahrer das Pakethandling weitgehend ab: Weil die Ladung elektronisch sortiert und archiviert ist, schiebt ein Roboter immer zur richtigen zeit das richtige Paket durch Päckchenklappe ins Cockpit und der Zusteller muss es nur noch greifen und zur Haustür bringen. Den Laderaum selbst betritt er in dieser Vision während der gesamten Tour nicht mehr.
Fast schon banal ist dagegen die Antriebstechnik des Vision Vans – selbst wenn Mercedes dabei zum ersten Mal auch bei einem Kleintransporter voll auf Akku-Power setzt. Im Wagenboden ist deshalb ein Lithium-Ionen-Block montiert, die für Reichweiten zwischen 80 und 270 Kilometer skaliert werden kann. Sie liefert den Strom für einen E-Motor mit einer Dauerleistung von 75 und einer Spitzenleistung vin 150 kW, der theoretisch 120 km/h schafft, mit Rücksicht auf die Reichweite aber auf 80 Sachen gedrosselt wird.
Wenn man mit Männern wie Projektleiter Thomas Moser oder Strategiechef Stefan Maurer über den VisionVan reden hört, dann klingt das zwar ein bisschen nach Überraschungsei oder Yps-Heft. Und bei allem Glauben an den Fortschritt mögen sich die beiden selbst nicht darauf festlegen, wann ihre Vans zum Beispiel zum Mutterschiff für Drohnen oder Lieferroboter werden könnten.
Doch stecken bei aller visionärer Weitsicht auch ein paar sehr greifbare Ideen in dem Konzept. Und vor allem jede Menge gute Absichten. „Mit dem Vision Van stellen wir den intelligenten, sauberen und voll- vernetzten Transporter der Zukunft vor“, sagt Morhinweg und verspricht seinen Kunden attraktive Vorteile: „Damit ließe sich nach unseren Schätzungen die Produktivität in der Zustellung auf der letzten Meile um bis zu 50 Prozent steigern.“
Intelligente Routen- und Lieferplanung mit Daten aus der Cloud, sauber und leise durch den Elektroantrieb, effizient durch das intelligente Belade- und Sortiersystem und dank der Drohnen eine echte Entlastung für den Zusteller – so adressiert der Vision Van tatsächlich einige der brennendsten Themen bei der Lieferlogistik und übernimmt zugleich viele Trends aus der Pkw-Entwicklung. Nur einen Mega-Trend haben die Van-Ingenieure erst einmal ausgeblendet: Den Autopiloten. Denn solange die Päckchen sich nicht selbst zur Haustür tragen, können die Schwaben auf den Fahrer ohnehin nicht verzichteten. Fürs Erste wird der Postmann also künftig doch noch klingeln.